FAQ – Recycling, Upcycling, Downcycling

Viele Outdoor-Unternehmen verwenden recycelte Materialien, um ihren ökologischen Fußabdruck zu verbessern. Was steckt hinter dieser Strategie und wie nachhaltig ist sie? Die wichtigsten Fragen.

Was bedeutet Recycling und welche Formen gibt es?

Im wörtlichen Sinne bedeutet “Re”-”cycling”, etwas “zurück” in den “Kreislauf” zu bringen. Die natürliche Form des Recyclings ist die Kompostierung, also der biologische Abbau organischer Materialien und ihre Wiederverwertung in neuen organischen Stoffen. Beim technischen Recycling geht es darum, Abfallmaterialien zu sammeln, aufzubereiten und in neuen Produkten zu verarbeiten. Die recycelten Stoffe können Abfälle aus der Industrie sein (Pre-Consumer-Abfälle) oder Abfälle, die durch den privaten Endverbrauch entstehen (Post-Consumer-Abfälle). 

Das konkreteste und alltäglichste Beispiel ist wohl das Recycling von alten PET-Flaschen, Pfanddosen und Glasflaschen zu neuen PET-Flaschen, Pfanddosen und Glasflaschen mit gleicher Qualität. Hier ist der Materialkreislauf geschlossen, weshalb man auch von Closed-Loop-Recycling (Primärrecycling) spricht. Davon unterscheidet man das Downcycling (Sekundärrecycling), bei dem Abfallmaterialien zwar wiederverwendet werden, das neue Material jedoch eine schlechtere Qualität hat. Zum Beispiel, wenn Baumwolle aus T-Shirts zu Isolierungsmaterial wird. Häufiger taucht heute auch der Begriff “Upcycling” auf, um zu beschreiben, dass ein Material durch Wiederverwendung aufgewertet wird. Beispiele dafür sind Rucksäcke aus alten LKW-Planen oder recyceltes Nylon, das aus alten Fischernetzen oder Teppichen gewonnen wird.

Wie viel Closed-Loop-Recycling gibt es bei Outdoor-Produkten?

Leider noch zu wenig. Zwar setzen viele führende Outdoor-Unternehmen in ihrem Materialmix zunehmend auf Recyclingmaterialien. Diese werden jedoch nicht aus alten Outdoorprodukten gewonnen, sondern stammen fast ausschließlich aus anderen Quellen. Das absolut dominierende Material ist recyceltes Polyester aus dem PET-Pfandsystem (rPET). Dieses wird in der Outdoorbranche meist mit anderen Materialien kombiniert und kann danach nur schwer wiedergewonnen werden. Hier handelt es sich deshalb um Downcycling.

Von einem Closed-Loop-Recycling kann man erst dann sprechen, wenn alte Outdoorprodukte tatsächlich zu neuen Outdoorprodukten wiederverwertet werden, sprich der Kreis geschlossen ist. Die Voraussetzung dafür ist, dass Kleidung und Hardware nicht nur aus recycelten Materialien bestehen, sondern eben auch recycelbar sind. Und dass es eine entsprechende Sammel-Infrastruktur sowie effiziente Aufbereitungsprozesse gibt.

Davon ist die Outdoorbranche aber noch weit entfernt. Fortschritte gibt es vor allem beim chemischen Recycling von Polyester-Mischtextilien. Hier sind derzeit mehrere Anlagen in der Entwicklung, die Materialmischungen chemisch in ihre Bestandteile zersetzen und so das Polyester zurückgewinnen. Bislang ist dies allerdings noch ein sehr aufwendiger und energieintensiver Prozess, der erst mit größeren Kapazitäten sowie einer umfassenden kommerziellen Umsetzung und Infrastruktur (wie beim PET-Pfandsystem) zur realistischen Recycling-Alternative für die Branche werden kann. Mehr dazu auch hier.

Ist Upcycling eine Alternative für die Outdoor-Branche?

Grundsätzlich ist jede Art der Materialgewinnung, die Ressourcen schont, Abfall vermeidet und das Klima und die Umwelt nicht belastet, eine gute Alternative. Und das kann beim Upcycling der Fall sein.
Zum einen gibt es das kreative Wiederverwerten von Materialien aus nicht mehr genutzten Dingen. Die französische Marke La Virgule stellt zum Beispiel Taschen und Rucksäcke aus ausrangierten Rettungsbooten her. Das Material an sich bleibt dabei im Grunde unverändert (anders als z.B. PET, das beim Recycling zerkleinert, eingeschmolzen und neu geformt wird); es behält seine Qualität und bekommt einfach einen neuen “höheren” Zweck.

Zum anderen ist die Verwertung von Pre-Consumer-Abfällen zu Outdoor-Materialien eine wichtige Form des Upcyclings. Die schwedische Schuhmarke Icebug nutzt etwa Wollreste aus der Produktion der Kleidermarke Woolpower als Isolierungs-, teilweise sogar Außenmaterial für ihre Stiefel. Auch Fjällräven macht Rucksäcke aus überschüssiger Wolle. In den finnischen Kupilka-Tassen steckt Naturfaser-Verbundmaterial, das aus Resten der Holzindustrie gewonnen wird. Und das hochwertige Leder in Handschuhen oder Wanderstiefeln stammt aus Tierhäuten, die einst ein Abfallprodukt der Fleischindustrie waren.

Für die Nachhaltigkeitsbilanz des Upcycling ist es letztlich entscheidend, wie sich dadurch die Lebenszeit eines Materials verlängern lässt und ob es am Ende auch wieder recycelt werden kann. Ein anderer wichtiger Aspekt ist der Energieverbrauch für das Sammeln und Aufbereiten des Materials im Vergleich zur konventionellen Gewinnung/Herstellung.

Wie nachhaltig ist Upcycling aus “Ocean Plastic”?

Oft stößt man heute Outdoorprodukte, in denen laut Aussage der Marken “Ocean Plastic” (Plastik aus den Meeren), “Geisternetze” (alte geborgene Fischernetze) oder anderer in der Natur gesammelter Müll verarbeitet wurden. Im Grunde ein guter Gedanke, in der Realität jedoch bislang keine echte Alternative. Denn die chemische Aufbereitung des Plastikmülls zu qualitativ akzeptablem sowie gesundheitsverträglichem Nylon- oder Polyester-Material ist noch zu aufwändig und unwirtschaftlich.

Meist ist der Anteil an Abfällen, die tatsächlich aus der Umwelt stammen, sehr gering, weshalb Kritiker oft von Greenwashing sprechen. Befürworter argumentieren dagegen, dass das Upcycling von Ocean Plastic zur Abfallreduktion und zur Bewusstseinsbildung beiträgt. Wie bei anderen chemischen Recycling-Verfahren stehe man erst am Anfang der Entwicklung – größere Kapazitäten und effektivere Prozesse könnten auch hier für mehr Wirtschaftlichkeit sorgen.

Beim Seaqual Yarn, einem der bekanntesten Nylonmaterialien aus recyceltem Plastikmüll, soll der Anteil an Meeresplastik bei mindestens 10 Prozent liegen, die anderen 90 Prozent sind aus Post-Consumer-Abfall. Das Recycling-Nylon Econyl vom italienischen Hersteller Aquafil besteht ebenfalls nur zu einem kleinen Teil aus alten Fischernetzen und allem aus Teppichresten (Pre/Post-Consumer).

Was ist der Global Recycled Standard (GRS)?

Der Global Recycled Standard (GRS) wurde 2008 entwickelt, um den genauen Anteil an recycelten Materialien in Produkten zu erfassen und Transparenz über deren Zusammensetzung zu schaffen. Er soll gleichzeitig eine Rückverfolgbarkeit des recycelten Materials möglich machen und sicherstellen, dass es aus ökologisch und sozial verantwortungsvollen Quellen stammt. 

Seit 2011 trägt die Non-Profit-Organisation Textile Exchange die Verantwortung für den GRS, zusammen mit anderen Nachhaltigkeitsstandards wie dem Organic Content Standard (OCS), Responsible Down Standard (RDS) oder dem Responsible Wool Standard (RWS). Die Zertifizierung erfolgt durch unabhängige Drittanbieter. 

Das GRS-Siegel wird vergeben, wenn Recyclingmaterialien als Rohstoffe oder Grundmaterial dienen und die ökologischen und sozialen Kriterien erfüllt sind. Es kann dann etwa auf Produktetiketten, Verpackungen oder in Online-Shop-Informationen kommuniziert werden.

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