Die Zukunft
des „Eine grünere Wahl“-Labels

Mit ihrer so genannten Green Claims Directive strebt die Europäische Union zur Zeit nichts Geringeres an als maximale Transparenz in puncto Nachhaltigkeit. Für Unternehmen heißt das: Schlagwörter wie klimafreundlich, umweltbewusst oder nachhaltig müssen zukünftig mit handfesten Belegen versehen werden. Und auch die Anforderungen an Unternehmen, Verbraucher mit sogenannten „Öko-Labels“ zu nachhaltigeren Produkten zu führen, werden strenger.

Auch wenn der endgültige Zeitplan noch nicht feststeht, wird mit einer Einigung über die EU-Richtlinie zu umweltbezogenen Angaben bis Frühjahr 2025 gerechnet. Anschließend haben die Mitgliedstaaten 18 Monate Zeit, die Vorgaben in nationales Recht zu überführen. Unternehmen müssen die Anforderungen dann bis Anfang 2028 erfüllen.

Sowohl Globetrotter in Deutschland als auch die skandinavischen Einzelhändler der Frilufts Retail-Gruppe nutzen seit vielen Jahren ihr eigenes Nachhaltigkeitslabel “Eine grünere Wahl” bzw. “A Greener Choice”. Ein Gespräch mit Fabian Nendza, Senior Sustainability Manager der Gruppe, über die Weiterentwicklung des Labels.

Bei Frilufts Retail werden jährlich Tausende Produkte anhand von zehn Kriterien bewertet. Zusätzlich gibt es zehn definierte „No-Gos“. Warum ist das aus deiner Sicht wichtig?

Die Balance zwischen Transparenz und Orientierung war von Anfang an ein zentraler Bestandteil unserer Einzelhandelsphilosophie. Wir haben früh erkannt, wie wichtig es ist, detaillierte Daten zu sammeln, zu strukturieren und in eine nachvollziehbare Bewertung zu überführen – eine Bewertung, die für Kund*innen leicht verständlich ist. Dabei bleiben wir aber nicht stehen. Wer tiefer einsteigen möchte, kann sich bis zu den Rohdaten vorarbeiten. So bieten wir Informationen, die dem jeweiligen Nachhaltigkeitsbewusstsein unserer Kundschaft entsprechen. Unser Ziel ist es, auch künftig Wege zu finden, diesen Anspruch zu erfüllen.

Erfüllt „A Greener Choice“ die kommenden EU-Gesetze oder sind Anpassungen nötig? Was sind dabei die wichtigsten Aspekte für euch?

Wir verfolgen den Gesetzgebungsprozess sehr aufmerksam. Sollte sich in den kommenden Jahren nichts Unvorhergesehenes ändern, sehen wir einige zentrale Punkte, die wir adressieren müssen – einer davon ist die mögliche Notwendigkeit einer externen Akkreditierung. Die Einführung eines solchen Standards wird zweifellos ein langwieriger und bürokratischer Prozess sein. Deshalb sehen wir den Bedarf für einen „A Greener Choice“-Beirat: ein unabhängiges Expertengremium, das die Weiterentwicklung des Standards begleitet. Unser derzeitiger Fokus liegt auf der Erstellung eines umfassenden Handbuchs. Es soll sämtliche Prozesse, Richtlinien und Verantwortlichkeiten abbilden, die nötig sind, um „Eine grünere Wahl“ zu einem akkreditierten Standard weiterzuentwickeln. Dazu zählen unter anderem die Kriterien zur Produktbewertung sowie Regelungen für Aktualisierungen, wenn sich das Nachhaltigkeitsprofil eines Produkts verändert. Sollte sich eine externe Zertifizierung als zu aufwendig erweisen, ziehen wir auch Alternativen in Betracht – etwa die Anpassung unserer Bewertungskriterien oder die Nutzung bereits etablierter Nachhaltigkeitslabels. Das könnte auch bedeuten, dass wir direktere Produktdaten bereitstellen. Doch das birgt die Gefahr, Verbraucher:innen zu überfordern. Eine erklärende Einordnung hilft hier, die Informationen verständlich und handlungsrelevant zu machen. Nicht zuletzt gilt: Die kontinuierliche Verbesserung des Labels ist und bleibt unser zentrales Ziel.

Siehst du einen gemeinsamen Standard für die Outdoor-Branche als realistische Option?

Mit der Weiterentwicklung der Branche könnte langfristig ein einheitlicher Ansatz entstehen, der ohne zusätzliche Zertifizierungen auskommt. Davon sind wir derzeit allerdings noch weit entfernt. Zwar stellt die SDEX-Datenbank der European Outdoor Group wertvolle Rohdaten bereit, doch deren direkte Nutzung durch Verbraucher*innen ist unrealistisch – sie bietet nicht die strukturierte Orientierung, die wir anstreben. Es gibt jedoch brancheninterne Initiativen, die sich zu einem gemeinsamen Standard entwickeln könnten – etwa Vaudes „Green Shape“ oder, aus unserer Sicht, auch „Eine grünere Wahl“. Gleichzeitig haben wir darüber gesprochen, dass der digitale Produktpass der EU und der Produkt-Umweltfußabdruck in Zukunft Labels potenziell überflüssig machen könnten.

Die Entwicklung eines zukunftssicheren Standards ist ressourcenintensiv – warum nehmt ihr diesen aufwendigen Weg in Kauf?

Transparenz allein reicht nicht aus, um die von der EU geforderte Selbstbestimmung der Verbraucher:innen zu ermöglichen. Die Aufbereitung komplexer Daten in verständliche und vergleichbare Informationen ist entscheidend, damit fundierte Kaufentscheidungen möglich werden.Beispielsweise ist der CO₂-Fußabdruck eines Produkts nur dann hilfreich, wenn klar ist, wie dieser im Vergleich zu ähnlichen Produkten einzuordnen ist. Unsere Untersuchungen zeigen jedoch: Die Mehrheit der Konsumenten möchte sich nicht in solche Details vertiefen. Deshalb konsolidieren und vereinfachen wir die Daten – und bieten Orientierung, die zum individuellen Nachhaltigkeitsbewusstsein passt.

Mehrere Labels wurden in den letzten Jahren eingestellt – erkennst du darin einen „Green Hushing“-Effekt?

Nicht wirklich. Die neue EU-Richtlinie zielt darauf ab, einen fairen Markt für Nachhaltigkeitsangaben zu schaffen – und Verbraucher*innen dabei zu unterstützen, Unternehmen und Produkte zu erkennen, die tatsächlich Umweltstandards einhalten. In der Outdoor-Branche ist das grundsätzlich ein gemeinsames Anliegen. Aber der Weg dorthin zeigt auch, wie herausfordernd Nachhaltigkeitskommunikation ist – zum Beispiel, wenn es darum geht, echte Vorreiter sichtbar zu machen. Unser oberstes Ziel bleibt: Verbraucher*innen zu befähigen, verantwortungsbewusste Entscheidungen zu treffen – gestützt auf nachvollziehbare, vertrauenswürdige Standards. „A Greener Choice“ bietet dafür eine klar verständliche Bewertung auf Produktebene, die auf einen Blick zeigt, welche Produkte Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. So machen wir nachhaltige Kaufentscheidungen einfach und zugänglich.

Fabian, vielen Dank für das Gespräch!

Eine grünere Wahl Icon

Über „Eine Grünere Wahl“

Der auf Verbraucher ausgerichtete Nachhaltigkeitsstandard wird von allen Unternehmen innerhalb von Frilufts Retail angewendet. Die Produkte werden anhand von zehn Kriterien bewertet und müssen mindestens vier davon erfüllen. Gleichzeitig darf keines der zehn „No-Go“-Kriterien (wie PFAS-Substanzen) erfüllt sein, um das Label zu erhalten.

Weitere Informationen über „Eine grünere Wahl“.

Text: Gabriel Arthur
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