Zu Besuch bei: Rab
Von Bergmenschen, für Bergmenschen: Die Outdoor-Marke Rab ist bekannt für Robustheit und Funktion. Vor den Toren des Peak-District-Nationalparks in England entwickeln und produzieren die Briten mit viel Leidenschaft Ausrüstung und Bekleidung – und sie investieren viel in das Thema Nachhaltigkeit. Wir waren vor Ort.
TEXT UND FOTOS: Moritz Schäfer
Matt Clarke leitet den Kundenservice und hat uns durch das Lager, die Werkstatt und die Daunenbefüllung geführt.
Der Standort
Rab hat seinen Sitz in der Grafschaft Derbyshire (ausgesprochen in etwa: Darbischer). Diese liegt in der Mitte von England, südlich von Sheffield. In einem Gebäude sind das Lager, die Werkstatt und die Daunenbefüllung zu Hause. Circa fünf Autominuten entfernt befindet sich der Hauptsitz mit der Administration, der Produktentwicklung, dem Innendienst, dem Marketing und dem Nachhaltigkeitsteam.
Nur rund 15 Kilometer vom Firmensitz entfernt beginnt der Peak-District-Nationalpark mit seinen weiten, hügeligen Landschaften, malerischen Mooren, schroffen Sandsteinformationen, tiefen Tälern und klaren Flüssen. Egal ob Klettern, Biken oder Wandern – diese Region lässt die Herzen von Outdoor-Fans höher schlagen.
Auch die Rab-Mitarbeitenden nutzen die Nähe zur Natur. Ein immer wiederkehrendes Thema während unseres Besuchs: »Was hast du am Wochenende gemacht?« Die Antworten reichen von Gravelbiketouren über Ultraläufe bis hin zu Kletterrouten und Wanderungen im Peak District.
»Nur rund 15 Kilometer vom Firmensitz entfernt beginnt der Peak-District-Nationalpark – ein echtes Outdoor-Paradies.«
Die Geschichte
Auf dem Weg zu einer Expedition in Patagonien im Jahr 1973 strandete der Kletterer und Bergsteiger Rab Carrington in Buenos Aires. Seine Ausrüstung war wegen eines Streiks im Hafen von Liverpool nicht verschifft worden. Doch anstatt den Kopf in den Sand zu stecken, blieb Rab sechs Monate lang in Argentinien und lernte von einem Freund, wie man Schlafsäcke herstellt. Zurück in Sheffield, gründete er 1981 die Marke Rab. Im Dachgeschoss eines kleinen Reihenhauses nähte er von Hand seinen ersten eigenen Daunenschlafsack. Kurz darauf stellte er die erste Daunenjacke her und spezialisierte sich auf funktionale und langlebige Designs. Schon bald entstand in seinem Freundeskreis und in der lokalen Kletterszene eine Nachfrage und Rab entwickelte sich zu einem führenden Daunen-Experten. Der Gründer zog sich 2003 zurück und verkaufte Rab an das ebenfalls britische Unternehmen »Equip Outdoor Technologies«, dem auch die Marke »Lowe Alpine« gehört. Dessen Gründer, Matt Gowar, ist bis heute Eigentümer – und selbst leidenschaftlicher Outdoor-Sportler.
Die Nachhaltigkeit
Seit Jahren arbeitet das Rab-Team mit Hochdruck daran, die eigenen Umweltauswirkungen in allen Bereichen zu verringern. Ein wichtiger Baustein in diesem Engagement ist die hauseigene Werkstatt: Dort werden Reparaturen erledigt, Bekleidung gewaschen und die Daunenanzüge für Hochgebirgsexpeditionen produziert. Allein im Jahr 2023 reparierte und wusch das Team hier über 20000 Produkte.
Ein Projekt, in das Rab in den vergangenen Jahren viel Zeit und Geld investiert hat, nennt sich Material Facts. Dafür hat das Unternehmen seine Lieferketten bis ins kleinste Detail analysiert. Das Ergebnis: Seit Herbst 2024 sind 99 Prozent der Produkte mit einem Etikett versehen, das einen QR-Code enthält. Dieser führt zu einer Tabelle, die klare und leicht verständliche Informationen bietet – zum Anteil recycelter Materialien, zum Einsatz von Fluorkohlenwasserstoffen (PFAS), zum Produktionsstandort und seit Herbst 2024 auch zum Anteil der im Produktionsprozess genutzten erneuerbaren Energien. Die Tatsache, dass das Rab-Team seine bei der Datenerhebung gewonnenen Erfahrungen mit anderen Marken und auch Händlern teilt und diese berät, zeigt, dass Material Facts weit mehr ist als nur ein Alleingang. Zudem ist Rab seit 2020 Mitglied der Fair Wear Foundation, die sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der globalen Textilproduktion engagiert.
»In der hauseigenen Werkstatt reparierte und wusch das Rab-Team im Jahr 2023 über 20.000 Produkte.«
Die Daune
Alles begann mit einem Daunenschlafsack, und bis heute ist Rab für seine Expertise in Daunenbekleidung und -schlafsäcken bekannt. Eine Besonderheit dabei ist, dass die Schlafsäcke erst in Großbritannien mit den Daunen befüllt werden. Das bietet mehrere Vorteile: Es wäre ökologisch nicht sinnvoll, große Mengen Daunen aus Europa zur Produktion nach Asien zu transportieren und anschließend wieder zurück. Zudem kann Rab durch die Befüllung vor Ort sicherstellen, dass die Schlafsäcke auf dem Weg zur Kundschaft Kunden nicht komprimiert werden, da dies die Bauschkraft der Daunen beeinträchtigen würde.
Die Stoffhüllen werden in China vorproduziert, wobei an jedem Schlafsack über zehn kleine Öffnungen gelassen werden. In Großbritannien arbeiten die Mitarbeitenden dann an Tischen vor großen Behältern, aus denen die Daunen mittels Druckluft durch eine Lanze in die Kammern der Schlafsäcke befördert werden. Anschließend werden die Öffnungen per Hand vernäht und der Schlafsack verpackt. Verwendet werden ausschließlich europäische Daunen, die hydrophob imprägniert und nach dem »Responsible Down Standard« zertifiziert sind, oder recycelte Daunen.
Das Design
Rab steht für technisch anspruchsvolle und strapazierfähige Bekleidung, Rucksäcke und Schlafsäcke. Die Entwicklung neuer sowie die Optimierung bestehender Produkte nimmt dabei einen hohen Stellenwert ein. Der Fokus liegt stets darauf, die Produkte widerstandsfähiger, leichter, umweltfreundlicher oder funktionaler zu gestalten.
Bei unserem Besuch in der Produktentwicklungsabteilung treffen wir Dan Jenkin, einen Ausrüstungsdesigner und leidenschaftlichen Kletterer. Er führt uns in eine Werkstatt, wo er und sein Team Prototypen fertigen. Mit großer Leidenschaft und Liebe zum Detail erklärt uns Dan die Entwicklung einer Schnalle für einen Rucksack. Um uns herum stapeln sich Kisten voller Materialproben, wie zum Beispiel Rückenpolster für Rucksäcke. Dan reicht uns eine etwa einen Zentimeter dicke Platte, die wie getrocknete Ramen-Nudeln aussieht – ein dichtes, wirres Geflecht aus weißen Gummifäden. Das Material ist federleicht, aber deutlich stabiler, als man vermuten würde. »Ich würde das gerne irgendwann in einem unserer Produkte verwenden«, sagt Dan begeistert. Wofür genau? »Da habe ich einige Ideen, aber die bleiben vorerst geheim«, antwortet er schmunzelnd.
Der Besuch neigt sich dem Ende. Es bleibt der Eindruck, dass Rab noch viel vorhat: mehr Nachhaltigkeit, mehr Innovationen, noch bessere Produkte. Die Mitarbeitenden stehen voll hinter ihrer Arbeit und sie brennen fürs Draussensein. Beim Verlassen des Gebäudes fällt der Blick auf den Schriftzug über der Tür: «The Mountain People» steht dort unter dem Firmenlogo. Eine typisch britische Untertreibung. Sie hätten auch «The Mountain Family» hinschreiben können – und selbst das würde nicht wirklich die Leidenschaft widerspiegeln, die wir heute erlebt haben.