Wilde Ruhe und stilles Wasser auf der Peene

Die Peene ist einer der letzten unverbauten Flüsse Deutschlands. Fast andächtig paddelt man neben Bibern und Fischottern durch ein riesiges Niedermoorgebiet.

TMV/Grundner
Die Peene ist einer der letzten unverbauten Flüsse Deutschlands. Fast andächtig paddelt man neben Bibern und Fischottern durch ein riesiges Niedermoorgebiet.

Ein gemütliches Plätschern begleitet uns. In gleichmäßigem Rhythmus ist es zu hören. Ein leises Plitsch rechts. Dann eine Pause. Ein gelassenes Platsch links. Sanft tauchen die Paddel ins Wasser. Immer wieder. Die Wolken über uns spiegeln sich auf der fast regungslosen Wasseroberfläche. Leichter Nebel liegt in Ufernähe überm Wasser. Ein Schrei unterbricht die Stille. Es ist ein Kiebitz, der gemächlich über uns schwebt, sein Federkleid scheint zu blinken. Er fliegt davon, lässt uns alleine zurück. Zurück auf der Peene. Zurück in der Natur.

Die Peene, ein Name, der ebenso gemütlich über die Lippen fließt wie der Fluss selbst durch Mecklenburg-Vorpommerns Landschaft. Doch auch wenn er gelassen, ruhig, manchmal fast schon träge vor sich hin plätschert, ist er wild, ungestüm, pur. Nahezu unberührt. Daher trägt die Peene auch den klangvollen Spitznamen »Amazonas des Nordens«. Gesäumt von Niedermooren, weder Land noch Wasser, schwappt sie ungestört Richtung Ostsee. Keine Schleuse unterbricht die Fahrt, kein Wehr zwingt zum Aussteigen. 

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Gemächlich schubst uns ein sanfter Rückenwind weiter. Erlaubt uns, die Paddel aus dem Wasser zu nehmen und schaukelnd die Stille zu genießen. Ein warmer Wind kommt auf, begleitet von einem leichten Duft nach Moschus. Der Blick wandert Richtung Ufer, bleibt an einer Biberburg hängen und wir dürfen für einen Moment einem geschäftigen Biber zusehen, der seine Nase aus dem Wasser spitzen lässt. Auf etwa 75 Kilometern von Verchen am Kummerower See bis Anklam befahren wir eine Woche eines der größten zusammenhängenden Niedermoorgebiete Mitteleuropas. Biber, Fischotter, verschiedene Vogelarten zeigen sich, der Naturpark Flusslandschaft Peenetal ist Lebensraum für viele vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten und das Peenetal Europäisches Vogelschutzgebiet.

Fester Boden in Sicht

Ab und an verändert sich das Flussufer, die unbefestigte Moorlandschaft verschwindet, bis schließlich Dächer zu sehen sind. Wir entdecken eine Anlegestelle, brauchen ein paar Schritte, bis unsere Füße fest auf dem Boden stehen und das leichte Schaukeln nachlässt. In Stolpe machen wir Pause und schreiten die herrschaftliche Auffahrt hinauf zum Gutshaus Stolpe. Hier gönnen wir uns eine Abwechslung kulinarischer Art aus der Gutsherrenküche, die mit einem Michelin­-Stern ausgezeichnet ist.

Überhaupt sind die Orte entlang der Peene einen Besuch wert. Reetgedeckte Häuser, slawische Burgen, entzückende Dorfkirchen begegnen uns. In Anklam heben wir direkt vom Wasser ab in die Luft auf den Spuren des Flugpioniers Otto Lilienthal, der in der Hansestadt geboren wurde. Genießen das rege Treiben rund um die Nikolaikirche, deren Turm – ohne Turmspitze – über den Dächern der Stadt thront. Doch es zieht uns immer wieder zurück aufs Wasser, zurück zum gleichmäßigen Plätschern, jeder Atemzug ein Paddelschlag – zurück zum tiefenentspannenden Gezwitscher der zahllosen Vögel, zurück in die Natur.

Text: Friederike Stark