Trocken bleiben

Gore-Tex Einsatz in Schuhen

Nasse Füße sind am Badesee ein Genuss. Auf Tour können sie schnell zum echten Problem werden. Dagegen hilft Gore-Tex. Die Membran schützt die Füße vor Nässe, während Schweiß und Feuchtigkeit nach außen entweichen können, was für ein angenehmes Fußklima sorgt. Experte Stefan Trainer weiß, wie die Membran in den Schuh kommt und warum Gummistiefel nicht als Wanderschuh taugen.

Sarek, Patagonien, GR20, Alpenüberquerung oder Pacific Crest – Wörter, die Träume auslösen. Da will ich hin, zum Wandern, Trekken oder Bergsteigen. Gut, wenn dein Schrank schon alles hergibt, was du fürs Unterwegssein benötigst: Rucksack, Regenjacke, Bergstiefel. Das sind die Essentials. Alle drei müssen passen – zu dir und zu deiner Unternehmung. Um Rucksäcke soll es hier nicht gehen, sondern um Bekleidung und vor allem Schuhe. Hier setzt Gore seit Jahrzehnten die Standards, wenn es um Funktionalität geht.

Die Amerikaner haben vor über 50 Jahren die mikroporöse Gore-Tex Membrane erfunden und damit den Grundstein für Funktionsbekleidung gelegt, wie wir sie heute kennen. Dabei waren es deutsche Firmen, die Gore-Tex Laminate als Erste in ihre Produkte integrierten: 1982 brachte Meindl den ersten Wanderschuh auf den Markt, der dank Gore-Tex Ausstattung wasserdicht und gleichzeitig atmungsaktiv war. Bis dahin lautete die Frage: mit oder ohne Gummi? Dicke Lederschuhe konnten zwar auch weitgehend wasserdicht eingefettet werden, waren aber schwer und von Atmungsaktivität konnte kaum die Rede sein. Heute ist es keine Frage mehr: Wenn es nass und anspruchsvoll werden könnte, greift man zu einem wasserdichten Wanderschuh. Dass der dann auch atmungsaktiv ist, setzen wir voraus.

»Wasserdicht ist einfach, das kann jede Plastiktüte.«

Sucht man bei Globetrotter nach wasserdichten Schuhen für Erwachsene, wirft das System um die 650 Modelle aus – eine krasse Auswahl! Wir wollen ja wandern, also schränken wir die Suche ein und suchen nach Wander- und Trekkingschuhen. Es bleiben rund 400 Modelle übrig – fast ausschließlich Gore-Tex Schuhe. Da sollte für Jede und Jeden ein geeignetes Paar für die nächste Traum-Tour dabei sein. Gummistiefel finden sich in dieser Liste allerdings nicht mehr. Alle wissen: damit geht man ja auch nicht wandern. Aber warum eigentlich nicht?

Wir fragen einen Fachmann: Stefan Trainer arbeitet seit Jahrzehnten für Gore und ist schlicht der Footwear-Experte. Er erklärt: »Mittlerweile ist es schon Allgemeinwissen, dass eine Gore-Tex Membran wasserdicht ist. Aber das ist ein Gummistiefel auch. Unsere Expertise besteht nicht (nur) darin, einen Schuh wasserdicht zu machen, sondern Läuferinnen, Wanderern, Radfahrern oder Alpinistinnen Wetterschutz und Klimakomfort zu bieten, damit sie länger und sicherer draußen unterwegs sein können. Gore hat es sich zur Aufgabe gemacht, Füße trocken zu halten – und zwar von außen und innen. Wasserdicht ist einfach, das kann jede Plastiktüte. Die Gretchenfrage lautet: Wie bekommt man Schwitzfeuchtigkeit weg von der Haut? Nur dann bleiben die Füße trocken und damit angenehm temperiert. Uns geht es ums Fußklima! Daran forschen wir in unseren Labs, zusammen mit Athleten, Sportlern, Bergführern und den Top-Herstellern von Outdoor-Schuhen.«

Gore Text Bootie Konstruktion

Vorteile der Bootie-Konstruktion

Wasserdichtigkeit: Die Bootie-Konstruktion gewährleistet, dass der Fuß vollständig trocken bleibt, selbst bei intensivem Regen, Schnee oder nassen Bedingungen. Da die Gore-Tex Membran den gesamten Fuß umschließt, gibt es keine Schwachstellen, durch die Wasser eindringen könnte.

Atmungsaktivität: Trotz der wasserdichten Eigenschaften ist die Gore-Tex Membran extrem atmungsaktiv. Sie ermöglicht es, dass Schweiß in Form von Wasserdampf entweichen kann, wodurch die Füße auch bei anstrengenden Aktivitäten trocken und komfortabel bleiben.

Langlebigkeit: Die Bootie-Konstruktion ist extrem robust und widerstandsfähig. Sie hält den Belastungen von Outdoor-Aktivitäten stand und bietet langfristigen Schutz und Komfort.

»Für eine Stunde Arbeit im Kuhstall sind Gummistiefel perfekt. Für fast alles andere nicht.«

Und was unterscheidet jetzt einen wasserdichten Gummistiefel von einem wasserdichten Gore-Tex Schuh? Dazu erklärt uns Stefan Trainer zunächst ein paar Grundlagen: »Eine Gore-Tex Ausstattung besteht aus einem Verbund aus Textilmaterial und einer wasserdichten und gleichzeitig atmungsaktiven Membran. Das Textil schützt die Membrane, sorgt für Komfort und verteilt bzw. leitet Feuchtigkeit weiter. Die Membrane schützt vor Nässe und lässt gleichzeitig Wasserdampf (also Feuchtigkeit) nach außen diffundieren. Dies funktioniert durch ein Druck- und Temperaturgefälle. Eine Gore-Tex Membrane ist mikroporös, das heißt, sie hat mikroskopisch kleine Poren, die 20.000 Mal kleiner sind als ein Wassertropfen. Deshalb kann kein Wasser durch die Membrane dringen. Andererseits sind die Poren 700 Mal größer als ein Wasserdampfmolekül. Auch Schweiß ist Wasserdampf; Schweiß ist unsere körpereigene Klimaanlage und kühlt uns, indem er verdampft. Durch diese atmungsaktive Eigenschaft sind Schuhe (und Bekleidung) mit einer Gore-Tex Membrane viel mehr als einfach nur wasserdicht.«

Stefan Trainer erläutert weiter: »Zurück zur Ausgangsfrage: Ein Gummistiefel ist nicht nur wasserdicht. Er ist auch wasserdampfdicht. Das heißt, die gesamte Schwitzfeuchtigkeit verbleibt im Schuh, kondensiert irgendwann und bildet Tropfen. Nach kurzer Zeit steht man im eigenen Saft. Die Haut weicht auf. Die Füße überhitzen, wenn es warm ist und bei tiefen Temperaturen kühlen die Füße durch die Nässe rasch aus. Im Winter und bei extremeren Verhältnissen kann das richtig gefährlich werden. Trockene Füße sind nicht nur angenehmer als nasse, sondern beim ernsthaften Bergsteigen geradezu überlebenswichtig. Für eine Stunde Arbeit im Kuhstall sind Gummistiefel perfekt. Für fast alles andere nicht.«

Gehst du noch oder läufst du schon?

Je nach Anwendungsbereich hat Gore Footwear in den letzten Jahrzehnten für viele Schuhmacharten in der Industrie wasserdichte Lösungen und Konstruktionen entwickelt und patentiert. Zu den wichtigsten im Outdoor-Segment gehören die »Bootie-Technologie« und die »Invisible Fit« Technologie, die für leichte Laufschuhe entwickelt wurde. Bemühen wir noch einmal die Suchfunktion auf globetrotter.de, diesmal für das sportliche Trailrunning-Segment. Auch hier ist es eindeutig: Von über 40 wasserdichten Trailrunning-Schuhen besitzen nur vier eine wasserdichte Technologie anderer Hersteller bzw. setzen auf ihre Eigenmarke. Könnte man sagen: je aktiver, desto Gore-Tex?

Wir fragen nochmal den Experten. Stefan Trainer, was sind die wesentlichen Unterschiede dieser Konstruktionen und was ist besser?

»Besser oder schlechter gibt es nicht. Entscheidend ist, was soll der Schuh können: Du kannst einen steigeisenfesten Bergstiefel nicht mit einem superleichten Straßenlaufschuh vergleichen. Beim Bootie wird eine Art vorgeformte »Socke« aus Gore-Tex Material in den Schuh eingebaut. Diese Innenschicht, der »Bootie«, umhüllt den Fuß vollständig und sorgt dafür, dass kein Wasser eindringen kann, während gleichzeitig Feuchtigkeit, die durch Schweiß entsteht, effektiv nach außen abgeführt wird. Diese Konstruktion ist sehr vielseitig, robust und unkompliziert. Deshalb wird sie u. a. bei Wander- und Bergschuhen verwendet. Gore-Tex Invisible-Fit krempelte 2017 die Kategorie wasserdichter Performance-Schuhe komplett um. Unser neues Verfahren machte es möglich, den Mehrwert einer wasserdichten Membrane quasi unsichtbar und ohne nennenswertes Mehrgewicht in leichte, technische Performance-Laufschuhe zu integrieren. Im Gegensatz zur Bootie-Konstruktion wird bei der Invisible Fit-Technologie die Gore-Tex Membran direkt auf die Rückseite des Obermaterials verbügelt. Dadurch wird die Membran praktisch »unsichtbar« und verschmilzt nahtlos mit dem Schuhdesign. Im Prinzip ist das vergleichbar mit einer Gore-Tex Dreilagenjacke: Außenmaterial, Membrane und Innenfutter sind fest verbunden, dadurch so leicht und atmungsaktiv wie möglich.«

Gore Tex Lab Teststation

Zuhören, hinschauen, entwickeln, testen,
kontrollieren – und garantieren

»Fit For Use« nennt Gore seinen Ansatz, Produkte zu entwickeln, die in der Praxis beweisen, was sie können sollen. Es klingt abgedroschen, aber »aus der Praxis, für die Praxis« trifft es ziemlich gut. Gore ist die einzige Ingredient Brand (also eine Marke, die »nur« die Technologie liefert, aber selbst keine Endkundenprodukte herstellt), die dem Endkunden trotzdem eine volle Garantie auf ein fertiges Produkt gibt: »Guaranteed to keep you dry« nennt sich dieses einzigartige Qualitätsversprechen.

Die kontinuierliche Forschungs- und Entwicklungsarbeit dient also nicht nur dem (Neu-)Erfinden und Verbessern der Membrane, sondern auch der Qualitätssicherung. Gore arbeitet eng mit seinen Partnern und deren Fabriken zusammen. Jedes einzelne neue Schuhmodell wird vor der Serienproduktion bei Gore auf Herz und Nieren, oder besser: Schicht und Schaft getestet. Auch während der Produktion prüft Gore bei den Herstellern und in den eigenen Labors immer wieder die Einhaltung der konstant hohen Qualitätsstandards. Weltweit führt Gore mit seinem globalen Schuh-Technik-Team kontinuierliche Produktions-Audits bei den Herstellungsbetrieben durch.

Gore Text Invisible Fit

Vorteile der Invisible Fit-Technologie

Gewichtsreduktion: Durch die direkte Integration der Membran in das Obermaterial des Schuhs wird das Gewicht reduziert. Außerdem nimmt der Schaft weniger Wasser auf und trocknet schneller. Besonders wichtig für Läufer und Radfahrer, bei denen jedes Gramm zählt.

Verbesserter Komfort: Die Invisible Fit-Technologie sorgt dafür, dass sich der Schuh besser an die Fußform anpasst und somit weniger Druckstellen oder Reibungspunkte entstehen. Der Schuh fühlt sich insgesamt flexibler und natürlicher an.

Wasserdampfdurchgangskoeffizienten-überprüfungsberechnung

Dieses schöne deutsche Wort hat sich der Autor dieses Textes ausgedacht. Es liegt aber nicht ganz daneben. Denn mit Wasserdampfdurchgang, Koeffizienten und Prüfungen aller Art beschäftigen sich die Wissenschaftler bei Gore eingehend. Stefan Trainer erklärt: »Einerseits erforschen wir die Physiologie, um den Nutzern für unterschiedlichste Aktivitäten optimal funktionierende Produkte anbieten zu können. Andererseits – und das ist ein Teil unseres Qualitätsversprechens und unserer Unternehmensphilosophie – wollen wir diese Funktionalität dauerhaft, über eine möglichst lange Produktlebenszeit sicherstellen. Denn niemand hat was davon, wenn ein Schuh am Anfang super ist, aber nach wenigen Wochen die Grätsche macht. Die User müssen sich darauf verlassen können, dass ihr Trekkingschuh funktioniert! Unsere Produktentwicklung und unser Testing ist darauf ausgelegt, möglichst lang haltbare Produkte anbieten zu können; richtige Pflege vorausgesetzt.«

… und du so?

Ab der Ladentheke kann Gore nichts mehr für den Schuh tun: ab da ist jede Käuferin und jeder Käufer auch selbst für die richtige Schuhpflege verantwortlich. Das ist wichtig, schont die Umwelt, verlängert die Produktlebensdauer, spart langfristig Geld, erhält die Funktionalität. Kurz: es lohnt sich! Und es geht ganz einfach. Gore und seine Partner beraten gerne, geben Tipps und bieten auch Reparaturen an.

Wanderschuhe La Sportiva mit Gore Tex Membran
Portrait Stefan Trainer
Noch zwei Fragen an Stefan Trainer

Du hast seit Jahrzehnten praktisch jedes Schuhmodell, in dem eine GORE-TEX Technologien verbaut wurde, live miterlebt. Welche hast du selbst im Schrank?

Weit mehr als nur ein Paar, da ich viele Schuhe ausprobieren möchte, um mir ein Urteil erlauben zu können. Als Outdoor-Schuhe sind derzeit Meindl Lowa, Terrex, Hanwag und Scarpa im Einsatz. Road- und Trailrunningschuhe nutze ich gerade von Lowa, Nike, Terrex, Adidas und Hoka.

Dein Lieblingsschuh?

Ich habe keinen Lieblingsschuh. Ich ziehe die Schuhe an, in denen ich eine gute Passform habe und die mir den notwendigen Schutz bei verschiedene Aktivitäten bieten. Natürlich müssen mir die Schuhe auch gefallen.


TEXT: Jo Starck

FOTOS: Archiv Gore-Tex