Unlikely Hikers und Gregory arbeiten zusammen

»Plötzlich passt der Rucksack und du fühlst dich wohl«.

Auch Menschen jenseits der gängigen Kleidergrößen stehen auf Outdoor-Erlebnisse – das zeigen die »Unlikely Hikers« selbstbewusst und humorvoll. Und sie kümmern sich um passende Ausrüstung: Gemeinsam mit Gregory wurde die Rucksäcke der Plus-Kollektion entwickelt. Wie das lief, erzählt Jenny Bruso.


INTERVIEW: Stephan Glocker

FOTOS: Archiv Gregory

Jenny, warum hast du die »Unlikely Hikers« gegründet?

Ich bin nicht mit Outdoor-Sport aufgewachsen, hatte aber schon immer eine tiefe Verbindung zur Natur. Als junge Erwachsene zog ich dann nach Portland, Oregon, wo es eine riesige Outdoor-Community gibt. Als ich auch öfter wandern ging, verstand ich, warum alle so begeistert sind: Aktiv in der Natur unterwegs zu sein, setzt Freunde, Motivation und auch Heilkräfte frei. Das tat mir gut – und ich dachte an all die übergewichtigen Menschen, die das Wandern gar nicht erst kennenlernen. Viele von uns haben nämlich das Gefühl, dass ihnen das Ausprobieren neuer Dinge nicht erlaubt ist – schnell wird man verspottet oder kritisiert, meist von Fremden. Auch viele people of colour oder queere Menschen kennen dieses Gefühl. Da hatte ich die Idee einer Plattform für alle »Unlikely Hikers« – also Leute, die typischerweise eher nicht beim Wandern landen.

Wie habt ihr euch organisiert?

Unlikely Hikers begann als Social-Media-Plattform. Wir zeigen gut gelaunte Fotos von unterwegs, aber auch unsere Abenteuer im Alltag. Daraus hat sich eine USA-weite Wandergruppe entwickelt, die ständig wächst. Hoffentlich sind wir bald international!

Wie steht es um Outdoor-Ausrüstung für übergewichtige Menschen?

Nie werde ich vergessen, wie ich zum ersten Mal eine Regenjacke kaufte. Das war vor etwa 10 Jahren. Ich ging zu einem großen Outdoor-Händler auf der Suche nach einer Frauenjacke in XXL. In dem riesigen Laden gab es keine einzige. Du gehst von Regal zu Regal, findest nichts, fühlst dich frustriert und gedemütigt. Die erste Verkäuferin war von mir genervt. Eine andere war mitfühlend – und brachte eine Männerjacke in XXL. Die passte nicht wirklich, erfüllte aber ihren Zweck weitgehend. Ich trug sie jahrelang. Sogar noch, als sie längst verschlissen war – einfach, weil ich diese Laden-Situation nicht noch einmal erleben wollte.

Alle Menschen mit Übergrößen kennen dieses Szenario. Es wurde erwartet, dass wir alles online bestellen, wenig Auswahl akzeptieren und oft auch höhere Preise bezahlen. Dass man Ausrüstung im Laden anfassen und ausprobieren kann, war ein Privileg für »Normale«.

Ist das immer noch so schlimm?

Die Situation verbessert sich, wenn auch langsam. Es gibt mehr Auswahl, mehr Ausrüstung. Einige Marken – darunter auch Gregory – haben sich verpflichtet, für Übergrößen keine Preisaufschläge zu verlangen. Dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Hat die Outdoor-Branche dafür einen kleinen Tritt in den Hintern gebraucht?

Ich sage immer, dass ein lautes Auftreten in den sozialen Medien wirklich Veränderungen bewirken kann. Ich habe schon früh in meinem Wanderleben begonnen, mich für diese Veränderungen einzusetzen – und so viele Leute ließen mich wissen, dass sie es auch satt hatten, ignoriert zu werden. Unser Geld ist genau so viel wert, und wir tun all die Dinge, die Menschen ohne Übergröße tun, auch wenn es nicht anerkannt wird. Umso mehr weiß ich es zu schätzen, dass Marken wie Gregory am Thema Übergrößen arbeiten.

Wie verlief die Zusammenarbeit mit Gregory?

Bei den Plus-Size-Rucksäcken war ich von Anfang an als Beraterin dabei. Meine Vorschläge, etwa zu veränderten Schnitten und verlängerten Gurten – wurden ernst genommen. Es war fantastisch zu sehen, wie die Anpassungen funktionierten: Plötzlich passt der Rucksack und du fühlst dich wohl damit. Eine Game-Changer für viele – und auch ein Verkaufserfolg für Gregory. Inzwischen gibt es in der Plus-Serie Trekking- und Tagesrucksäcken für Männer und Frauen – und auch eine Hüfttasche. Darauf bin ich schon stolz.

Welche Entwicklungen wünscht du dir neben den Rucksäcken?

Noch mehr Größen – auch über XXL hinaus. Mehr Läden, wo man Bekleidung anprobieren kann. Gerechte Preise. Ich möchte, dass es Ausrüstung in Übergrößen für alle Arten von Abenteuern gibt, etwa fürs Klettern. Ich möchte, dass es nicht als etwas »Spezielles« angesehen wird, wenn Menschen mit Übergrößen einfach nur die gleichen Einkaufsmöglichkeiten erwarten wie alle anderen. Ich möchte mehr Farben und Muster und Style für Menschen mit Übergrößen sehen – nicht nur Basics in Schwarz und Erdtönen. Und ich möchte, dass wir in den Outdoor-Medien realistisch und fair dargestellt werden.

Beispiel gefällig? Beim Frauen-Trekkingrucksack Jade 63 Plus ist das gesamte Tragesystem an größere Körperformen angepasst. Der Hüftgurt und die Schultergurte wurden nicht einfach nur verlängert, sondern auch im Ansatzwinkel und in der Polsterbreite perfekt auf Plus Size abgestimmt. Der Abstand zwischen den Schultergurten ist weiter geschnitten und der Ansatz des Hüftgurts flexibel.

Jenny Bruso

»Ich bin dick, queer, Mitte 30 und in Sachen Outdoorsport eine Spätzünderin«, sagt die Amerikanerin Jenny Brusso über sich selbst. 2016 gründete sie die Unlikely Hikers auf Instagram. Jenny berät heute Outdoor-Firmen wie Gregory, blogt und guided Touren. »Wandern und die Natur sind meine Therapie, meine Kirche, meine Medizin.«

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