Wandern in Thüringen

Zu Fuß durch den
Thüringer Wald

Der Thüringer Wald gilt als »Grünes Herz Deutschlands«. Neben dem sagenumwogenen Rennsteig locken zahlreiche Wanderwege in den Naturpark. Wir haben für euch vier Highlights herausgesucht, darunter »Deutschlands schönsten Wanderweg 2022«. 

»Über allen Gipfel ist ruh.« – vor 240 Jahren schätze bereits Goethe die Menschenleere des Thüringer Walds. Diese kann man auch heute noch genießen, auch auf unseren fünf Highlights.

Sagenumwobener Rennsteig

169,3 km | 6 Tagesetappen | Unser Highlight: Plänckners Aussicht, Schneekopf

Als Kammweg zieht sich der Rennsteig von Hörschel bei Eisenach bis nach Blankenstein. In welcher Richtung man ihn erwandert? Ob 6-Tage-Genusswanderung oder 24-Stunden-Dauerlauf? Egal, der Fernwanderweg ist Mythos und Kult und gehört in jedes Wanderbuch!

Die Wahl fällt gar nicht so leicht: von Norden nach Süden? Mittendrin loslaufen? Oder einen Abstecher in die schönen Seitentäler unternehmen? Der Rennsteig auf der Höhenkammlinie des Thüringer Walds ist Deutschlands ältester und berühmtester Fernwanderweg. Von Hörschel bei Eisenach bis zum Oberlauf der Saale bei Blankenstein zieht sich der gut markierte Weg über 169,3 Kilometer, aufgeteilt in sechs Tagesetappen.

Das weiße »R« auf Schildern und Bäumen sorgt dafür, dass niemand vom Pfad abkommt. Obwohl – das wäre auch nicht wirklich schlimm, denn rechts und links des Wegs gibt es immer wieder reizvolle Fleckchen, die zum Verweilen einladen. Duftende Bergwiesen, üppige Misch- und Nadelwälder, durch deren Blätterdach das Sommerlicht schimmert, die Felsen des Schiefergebirges oder märchenhafte Schluchten wie der Lauchagrund bei Tabarz. Dort, bei Tabarz, sollte man den Anstieg auf den Großen Inselsberg (916,5 m) nicht scheuen – still ausgebreitet liegt die Landschaft einem zu Füßen, sanft und hügelig, mit Feldern, Wiesen und freundlichen Städtchen. Bei gutem Wetter kann man bis zum Brocken im Harz schauen, genießt also weit über 150 Kilometer Fernsicht. Bei einer Wanderung auf dem Rennsteig ist eindeutig der Weg das Ziel. Er durchquert den Thüringer Wald, den Frankenwald und den Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale – allesamt einzigartige Lebensräume für eine vielfältige Flora und Fauna.

In einer Sage zum Rennsteig heißt es übrigens: Der wahre Wanderfreund nimmt sich vom Ursprung des Rennsteigs einen Stein aus der Werra und trägt ihn bis zum Ende des Wegs. An der Saale wirft er ihn dann wieder ins Wasser.

Panoramaweg Schwarzatal

136 km | 8 Tagesetappen | Unser Highlight: die Thüringer Bergbahn

Im Norden des Thüringer Wald hat die Schwarza ein wildromantisches Kerbtal geschaffen. An der schroffen Talkante führt beidseitig ein Wanderweg. Dieser lässt sich zu einer achtägigen Runde verbinden.

Es ist gar nicht so leicht, Urlaub für die Wanderung im Schwarzatal zu planen. Hat man einmal mit der Recherche begonnen, werden aus acht Tagesetappen bald zehn Urlaubstage, denn man könnte ja noch Rudolstadt erkunden … oder doch lieber mehr? Schließlich sind auch der Rennsteig und die Saale ganz nah. Beide grenzen an das Schwarzatal, um das der gleichnamige knapp 137 Kilometer lange Panoramaweg führt.

Wilder Osten: Deutschlands goldreichster Fluss

Geformt wurde das Tal von der Schwarza, Deutschlands goldreichstem Fluss. Auf seinen 53 Kilometern grub er tiefe Schluchten und weite Täler in das Mittelgebirge, die zum Teil noch wunderbar wild sind. Der Rundwanderweg, der an der Schwarzamündung in Rudolstadt startet und endet, hält sich nicht immer an den Fluss. Er bricht zum Beispiel bei Neu-Leibis aus dem Tal aus, führt die Wanderer an der Talsperre Leibis/Lichte vorbei, durch den Erholungsort Cursdorf bis auf die Meuselbacher Kuppe, von der man bei gutem Wetter den Brocken im Harz sieht. Und auch hinter der Schwarzaquelle bei Scheibe-Alsbach verlässt die Strecke für einige Kilometer das Schwarzatal und verläuft auf dem Rennsteig. Doch keine Sorge, die Schwarza bekommt man auf der Wanderung trotzdem genug zu sehen: in Schwarzburg etwa, in Meuselbach-Schwarzmühle und als Stausee hinter der Talsperre Goldisthal, wo sie Deutschlands größtes Wasserkraftwerk antreibt.

Wie wäre es mit einem Städtetrip nach Rudolstadt vor oder nach der Wanderung? Da ist man ja schon, denn die ehemalige fürstliche Residenzstadt ist Start und Ziel der Tour. Gründe zu bleiben gibt es viele. Das prunkvolle Schloss Heidecksburg etwa, das 60 Meter über der Stadt thront und das Thüringer Landesmuseum beherbergt. Oder das Schillerhaus, in dem Schiller einen Sommer verbrachte, der sein Leben veränderte: Er lernte dort Goethe und seine spätere Ehefrau Charlotte von Lengefeld kennen. Anfang Juli findet das Rudolstadt- Festival, Deutschlands größtes Folk-Roots-Weltmusik-Event, statt.

Auf einem Bergsporn hoch über Schwarzburg stehen die Überreste einer eindrucksvollen Anlage. Schloss Schwarzburg war jahrhundertelang der Stammsitz der Schwarzburger, die zu den ältesten und mächtigsten Dynastien Thüringens gehörten. Die Burg wurde 1071 erstmals erwähnt und im Laufe der Jahrhunderte zu einem prächtigen Barockschloss ausgebaut. Hier (oder in der Nähe, der genaue Ort ist unbekannt) unterzeichnete Reichspräsident Friedrich Ebert 1919 die Weimarer Verfassung. Während der NS-Diktatur wurde das damals noch bewohnte Schloss beschlagnahmt und zum Großteil zerstört, da man dort ein Reichsgästehaus errichten wollte. Der Zweite Weltkrieg verhinderte den Bau jedoch und die Gebäude verfielen. Seit einigen Jahren laufen aufwendige Sanierungsarbeiten. Das Kaisersaalgebäude und das Zeughaus können schon wieder besichtigt werden.

Aufwärts mit der steilsten Standseilbahn der Welt

Dass sich Umwege lohnen, sieht man auf Etappe zwei. Wer in Neu-Leibis, statt bergauf nach Unterweißenbach zu gehen, weiter der Schwarza folgt, kann in Obstfelderschmiede eine Besonderheit im Thüringer Schiefergebirge entdecken. Die denkmalgeschützte Thüringer Bergbahn, die vor einigen Jahren noch Oberweißbacher Bergbahn hieß. Sie ist mit 25 Prozent Steigung die steilste Standseilbahn der Welt zum Transport normalspuriger Eisenbahnwagen und zuckelt täglich nach Lichtenhain. Von dort fährt ein historischer Elektrotriebwagen weiter zum Etappenziel Cursdorf.

Drachenschlucht und Wartburg

16,4 km | Tageswanderung | Unsere Highlights:  Moosbewachsene, begehbare Klamm

Auf der Wartburg wurde Kirchengeschichte geschrieben, zusammen mit dem Geotop Drachenschlucht ergibt sich eine beiendruckende Tageswanderung vor den Toren Eisenachs. 

Einmal schmal machen und durch: Die Drachenschlucht bei Eisenach ist zum Teil nur 70 Zentimeter breit. Die Klamm gehört zu den bedeutendsten Geotopen des Thüringer Walds: 200 Meter lang, über 20 Meter hohe Felsen, unter den Füßen tosendes Wasser. Entlang des Steinbachs entdeckt man seltene Gewächse wie die Teufelskralle oder den Zahnwurz sowie Moose und Farne. Über Jahrmillionen hat sich der Bach tief in die Felsen unterhalb der Wartburg gegraben und ist heute Lebensraum vieler, teils seltener Amphibien und Krebsarten. Die Klamm ist nur auf Stegen begehbar, ein Abenteuer für die ganze Familie. Seit 1832 heißt das Geotop Drachenschlucht, denn der Sage nach hat hier der Heilige Georg, Schutzpatron von Eisenach, gegen einen riesigen Lindwurm gekämpft, der zwischen den Felsen hauste.

Start der Wanderung ist die Georgenkirche in Eisenach. Von hier aus erklimmen Wanderer auf dem Luthererlebnispfad die Anhöhe, auf der die sagenumwobene Wartburg über der Stadt liegt, und folgen den Wanderwegen durch die Buchen- und Eichenwälder des westlichen Thüringer Walds bis zum Höhenwanderweg Rennsteig. Von der Anhöhe Hohe Sonne aus hat man einen fantastischen Blick zurück auf die Wartburg. Auf dem Rückweg nach Eisenach durchquert man dann die Drachenschlucht. Ein großes hölzernes Tor mit einem Drachen darauf markiert den Eingang. Anfangs noch weit, verengen sich die Wände sehr schnell, steigen steil an und bilden so die wildromantische, rund drei Kilometer lange Klamm. Anschließend geht’s auf einem bequemen Waldweg zurück nach Eisenach.

Gipfel- und Aussichtstour Bad Tabarz

11 km | Unser Highlight: gekürt zu Deutschlands schönstem Wanderweg 2022

Das Lauchatal diente schon als Märchenfilmkulisse. Diese Wanderung verbindet die Highlights um den Kurort Bad Tarbaz zu einer tollen Rundwanderung. Dies wußten auch die Leser des Wanderagazins zu schätzen und krönten die Tour zur »Schönsten Tageswanderung Deutschlands« 2022.

Einmal ganz tief durchatmen, bitte. Das kann man in dem hübschen Luftkurort und einzigen staatlich anerkannten Kneipp-Heilbad Thüringens besonders gut. Und es wandert sich auch ganz fabelhaft, denn die knapp 25 Autominuten von Gotha entfernte Region gehört zu den schönsten Wandergebieten des Thüringer Walds. Das gibt es seit 2022 sogar schriftlich, zumindest für den Rundwanderweg Gipfel- und Aussichtstour Bad Tabarz. Er wurde durch eine Publikumswahl des Wandermagazins zu »Deutschlands schönster Tagestour 2022« gewählt. Was die Tour so besonders macht? Der Große Inselsberg etwa, ein ehemaliger Vulkankrater, dessen Ausbrüche die Landschaft rund um Bad Tabarz formten. Die Aussichten, die sich auf dem elf Kilometer langen Weg immer wieder offenbaren. Das wildromantische Felsental Lauchagrund und der gleichnamige Klettersteig, die beide zu den schönsten ihrer Art in Thüringen gehören. Und ein bislang ungelöstes Geheimnis und zahlreiche Sagen, die sich um die Wälder rund um Bad Tabarz spinnen.

Bad Tabarz ist seit über 130 Jahren ein beliebter Kur- und Erholungsort. Es lohnt sich, noch ein paar Tage länger in dem schönen Ort zu bleiben und es sich ganz im Sinne Kneipps so richtig gut gehen zu lassen.

Ein Weg mit Aussicht

Die Tour startet wunderbar flach unweit des Bahnhofs Bad Tabarz. Nach wenigen Hundert Metern durch das Heilbad biegt man schon auf einen Waldweg ab, der durch lichten Mischwald zur Schutzhütte Zimmerberg, einem kleinen überdachten Rastplatz hinaufführt. Ab hier verläuft der Wanderweg um den Zimmerberg herum, von dem sich immer wieder Ausblicke auf den Ort eröffnen. Wer es nicht erwarten kann, endlich den Großen Inselsberg zu sehen, kann kurz hinter der Schutzhütte einen knapp 200 Meter langen Umweg zum Fuchsstein unternehmen. Für alle, die den Weg nicht verlassen möchten: Beim Felsen Hexenbank, nur wenige Kilometer später, eröffnet sich erneut der Blick auf den bewaldeten Inselsberg, den vierthöchsten Berg Thüringens.

Weiter geht es, zuerst schmal und steil, die Treppe zum Gickelhahnsprung hinauf. Dann entspannt leicht bergab bis zu den ersten Ausläufern des beeindruckenden Klettergebiets Lauchagrund, dem Felsen Roter Turm und dem sechs Meter hohen Felsentor. Bevor der Weg auf zwischen Felsen befestigten Stahltreppen über den Bärenbruchsgraben in das Tal hinabführt, gibt es hier eine Abzweigung zum wahrscheinlich schönsten Aussichtspunkt der Wanderung: dem Aschenbergstein. Von dem felsigen, mit einem stählernen Bergkreuz versehenen Ort scheint der Große Inselsberg zum Greifen nah und man hat einen tollen Blick in den Lauchagrund. Dort unten, in dem wildromantischen, von der Laucha tief ins Gestein gegrabenen Tal, wartet das bislang ungelöstes Geheimnis auf die Wandernden: die sogenannten Backofenlöcher, dunkle Höhlen im Berg, deren Ursprung bis heute ungeklärt ist. Von hier ist es nicht mehr weit bis nach Bad Tabarz. Wer möchte, kann als wohltuende Entspannung noch einen Halt in der öffentlichen Kneipp-Kuranlage Arenarisquelle einlegen.


Unterkommen

Die Unterkünfte im Thüringer Wald sind genauso vielfältig wie ihre Gastgeber: klassiche Hotels in kulturreichen Städten, urigen Hütten am Waldesrand oder Ferienhäuser und Appartements für Familie und Freunde. Ein Highlight ist die Ferienhaussiedlung »Lichtung« unweit des Rennsteigs. Die Besonderheit: Alle Häuser sind so angeordnet, dass der Blick von der Terrasse und durch die sieben Meter breite, verglasten Giebel in die unberührte Natur fällt. 

Rumkommen

Mehr als 1000 Tourenvorschläge zum Wandern, Mountainbiken, Nordic-Walking, Wasserwandern und Wintertouren bietet die Thüringer Wald App. Die App ist konstenlos und werbefrei für Android und Apple verfügbar. Neben den Tourenvorschlägen ist das komplette Wegenetz des Naturparks hinterlegt. So lassen sich individuelle Touren zusammenstellen und nachmachen. Die Karten lassen sich offline speichern. 

FOTOS: Guido Werner, Toma Babovic, Gregor Lengler, Christopher Schmid, Dominik Ketz, Thomas Müller, Thomas Abé, Florian Trykowski, Anna-Lena Thamm, Christian Heilwagen, Aaron Moser