Taiwan – die schöne Insel

– Text: Deike Lautenschläger, Tom Jutzler  |  Fotos: Taiwan Tourismus, unsplash

Die Entdecker aus Portugal waren von der gebirgigen und überaus grünen Insel so verzaubert, dass sie ihr den Namen Ilha Formosa gaben, »schöne Insel«. Taiwan ist auch ein halbes Jahrtausend später noch eine Entdeckungsreise wert. Wanderungen rund um die Hauptstadt Taiwans – wenn du genug hast von Neonleuchten, verräucherten, urigen Tempeln, belebten Nachtmärkten und den duftenden Gerichten der Garküchen.

Sechs Wandertipps für die »Ilha Formosa«
– von Deike Lautenschläger

Hat man nur Zeit für eine kurze Reise nach Taiwan, ist Taipeh natürlich the place to be. Umgeben von grünen Bergen liegt die Hauptstadt Taiwans eingezwängt in einem Becken, wo einen auf engstem Raum 2,6 Millionen gastfreundliche Taiwaner und eine einzigartige Mischung aus Moderne und Tradition erwarten. Neben der sauberen, von Klimaanlagen gekühlten Metro, hohen verglasten Bürohäusern und Angestellten mit den neusten technischen Geräten findet man in der heißen Mittagssonne kleine verzweigte Gassen, in denen kichernde Kinder in Schuluniform an alten Leuten in Hauseingängen vorbeisausen, Wohnhäuser, an denen Kletterpflanzen emporklimmen, überwucherte Dachgärten und Balkone, gemütliche Cafés, Tempel mit Lampions und einem Klangteppich aus Gongs und Gesängen. Irgendwann ist man überwältigt, hat genug vom Big-City-Life oder hat sich sattgesehen an Großstadtexotik und muss einfach raus: in die Natur. Und auch hierfür ist Taipeh der beste Ausgangspunkt – mit der Metro, den Stadtbussen oder dem Zug steht man innerhalb weniger Minuten mitten im Grünen. Rund um Taipeh gibt es unzählige ausgebaute und gepflegte Wanderwege gut gekennzeichnet mit Wegweisern. Es ist für jeden etwas dabei.

Tipp #1

Eine Sieben-Sterne-Wanderung auf den höchsten Berg des Yangmingshan Parks

Der Wanderweg zum Qixingshan (七星山), wortwörtlich übersetzt dem Sieben-Sterne-Berg führt nicht nur auf den höchsten Berg des Yangmingshan Parks (1120 Meter), sondern gleichzeitig auf den höchsten Vulkan in Taiwan. Aber keine Angst, der schläft und lässt nur am Wegesrand Dampf in Form von geothermaler Aktivität ab: heiße Quellen und schwefelhaltige Gase (Fumarolen) strömen aus der Erde und lassen Felswände und das Grün der umrahmenden Bergwiesen in weißen Nebelschwaden verschwinden – ein außergewöhnliches Naturphänomen, das einen die vielen Steinstufen auf den Gipfel vergessen lässt. Ist das Wetter klar und trocken, bleibt das Auge auf dem nun winzig kleinen Taipeh im Tal liegen oder es springt auf den saftigen Hügeln rundherum auf und ab. In den Herbstmonaten sind weite Flächen mit einem Teppich aus blühendem Silbergras bedeckt, das das späte Sonnenlicht in seinen Rispen fängt und alles mit einem natürlichen Weichzeichner versieht.

Von der Metrostation Jiantan aus nimmt man den Bus zur Yangmingshan Busstation. Will man nicht denselben Weg hoch und heruntersteigen, fährt man mit einem kleineren Bus zum Lengshuikeng Service Center weiter, um von dort aus den Aufstieg zu beginnen. Der Abstieg erfolgt dann zur Xiaoyoukeng Recreation Area, wo man wiederum mit einem Kleinbus zur Yangmingshan Busstation zurückkehrt. Da es sich um ein beliebtes Ausflugsziel handelt, das leicht zu erreichen und erklimmen ist, bietet es sich an, diese ca. zweistündige Wanderung an einem Wochentag zu unternehmen.

Tipp #2

Huangdidian (皇帝殿) – der »Kaiserpalast« für die Kaiser unter den Wanderern

Dieser Weg hat so ziemlich alles zu bieten, was das Wanderherz begehrt: fesselnde Ausblicke, aufregende Wanderungen auf Bergrücken und herausfordernde Anstiege. Der Huangdidian-Wanderweg oder übersetzt der „Kaiserpalast“ ist einer der beliebtesten Wanderwege für begeisterte Wanderer in Nordtaiwan. Die Wanderung beginnt leicht auf moosbewachsenen Stufen, wird aber ziemlich schwierig auf engen Pfaden, bald über Felsen hinweg und sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Ist man aber in guter körperlicher Verfassung, sollte es kein Problem sein! Allerdings muss man doch schwindelfrei sein und gute Nerven haben, denn es warten hohe Kettenleitern, Strecken zum Seilklettern und schmale Bergrücken auf einen. In den letzten Jahren wurden auf dem Gipfel des Berges Seilgeländer angebracht, um die Sicherheit zu verbessern. Wer bereit ist für ein Abenteuer, sollte sich statt dem Ostgipfel den schwereren Westgipfel schon allein wegen der schöneren Landschaft vornehmen. Die Felsformationen dieses Berges bildeten sich vor Millionen von Jahren als Sediment unter dem Ozean und wurden später durch die Kollision der eurasischen und der philippinischen Platte angehoben und gleichen in ihrer Entstehung z.B. den besonderen Felsformationen an der Nordküste um die Stadt Keelung. 

Der ca. vierstündige Wanderweg ist das ganze Jahr über zugänglich und zu jeder Jahreszeit einen Ausflug wert, allerdings ist bei Regen Vorsicht geboten, da dann die Felsen rutschig sind. Am besten nimmt man den Bus 912 von Taipei Cityhall Richtung Shenkeng, steigt an der Wanfu-Brücke in den Bus 666 zur Haltestelle Huangdi Temple. Dort befindet sich 15 Minuten zu Fuß entfernt der Ausgangspunkt des Wanderwegs.

Tipp #3

Der Elefant von hinten

Will man wirklich mal plitz, platz ins Grüne, dann ist der wohl am einfachsten und schnellsten zu erreichende Berg in Taipeh der Elefantenberg (象山). Den kennt jeder, den besteigt jeder und den empfiehlt jeder. Mensch an Mensch steigen Touristen und Einheimische von der gleichnamigen Metrostation tagtäglich nach Luft ringend die vielen steilen Stufen nach oben. Sicher, der Ausblick ist nicht übel… aber es geht noch besser. Besteige einfach den Elefanten von hinten. Wie? Über den Tiger. Von der Metrostation Houshanpi folgt man den Schildern bis zum Songshan Ci Hui Temple, wo der Eingang zum Tigerberg, also zum Hushan-Wanderweg liegt. Hier schlendert man an einem Flüsschen entlang, steigt einige Stufen zum Gipfel des Tigerbergs (虎山) hinauf und wandert von dort zum Elefantenberg hinüber. An kleinen Aussichtsplattformen und Pavillons kann man Rast machen und den Blick auf die Stadt Taipeh genießen, aus der der Wolkenkratzer 101 wie eine Nadel heraus in den Himmel sticht. Vom Elefantenberg kann man danach ganz entspannt den Abstieg über die steilen Treppen wagen und unten in die von Klimaanlagen gekühlte Metro Elephant Mountain steigen, die die müden Füße ruckzuck und bequem nach Hause bringt. 

Tipp #4

Wanderung zu den Neidong-Wasserfällen (內洞溪瀑布群)

Der wohl schönste Wasserfall in Nordtaiwan ist leicht mit einem Tagesausflug von Taipeh aus zu erreichen. Und natürlich ist auch der Weg das Ziel. Wenn man schon an der Metrostation Qizhang oder Dapingling und nicht erst in Xindian in den Bus nach Wulai, einem Bezirk von Neu-Taipeh, steigt, kann man noch einen Platz ergattern, bevor der Bus in die sich windende Straße in die Berge einschlägt. Angekommen an der Endstation Wulai, kann man auf dem Fußgängerweg entlang des Flusses nach Neidong laufen. Will man unterwegs ein bisschen Energie sparen, nimmt man einen Teil des Weges die Schmalspurbahn Wulai Taiche, ein Überbleibsel aus der japanischen Kolonialzeit, mit der man damals Holz transportiert hat. Rechts und links ein dichtes Grün aus wildbewachsenen Felsen und Steilhängen, dann ein Tunnel, eine Hängebrücke, der Xinhai-Wanderweg … und ehe man sich versieht, jagt ein Wasserfall den nächsten. Nachdem man für ca. zwei Euro pro Person den Neidong Forest Park betreten hat, ist es nicht mehr weit bis zur Hauptattraktion: einem dreistufigen Wasserfall, dem Xinxian-Wasserfall (信賢瀑布). Ein ziemlich langer Marsch von ca. vier Stunden hin und zurück, aber wie gesagt: schließlich ist beim Wandern der Weg das Ziel – und der Weg ist atemberaubend. Wem jetzt die Füße schmerzen, der kann sich auf dem Rückweg in den heißen Quellen von Wulai erholen.

Tipp #5

Der Keelung Mountain Trail (基隆山登山步道)

Wer für eine schöne Aussicht brennt, der sollte sich den Keelung Mountain Trail nicht entgehen lassen. Und wenn man sowieso schon in der bekannten alten Goldgräberstadt Jiufen durch idyllische Gassen mit ihren Teehäusern und Souvenirläden geschlendert ist, kann man gleich noch eine Bushaltestelle weiterfahren, denn dort beginnt der Keelung Mountain Trail mit den allbekannten Stufen. Zwischen Bäumen und Büschen steigt man immer höher, wirft unterwegs einen Blick auf die im Tal gelegene Stadt Jinguashi, die Heimat der Romanfigur Umeko aus Stephan Thomes Roman Pflaumenregen (2021). Bald verschwinden die Bäume, wenig später lösen die Gräser die Büsche ab. Ganz oben erwartet einen ein Blick über die Berge, die Nordküste und auf das weite Blau des Ostchinesischen Meeres. Besonders empfehlenswert ist es, eine Stunde vor Sonnenuntergang mit einer Taschenlampe im Gepäck loszuwandern, denn so vermeidet man nicht nur die pralle Sonne, sondern man kann den traumhaften Sonnenuntergang sehen und Juifen bei Nacht, wenn sich die Straßen und Gassen der Goldgräberstadt wie Goldadern an den Bergen entlang winden.

Tipp #6

Geheimtipp: Shisunjian (石筍尖) 

Diese mittelschwere Wanderung auf einen Berg, der übersetzt Stalagmitenspitze heißt, sollte man bei gutem Wetter unternehmen. Der Berggipfel, der von Einheimischen mit einem spitzen Bambusspross verglichen wird, ist wahrlich markant. Wieder täuscht der Anfang des Weges mit einfachen breiten Stufen ein Kinderspiel vor, wird dann zum leichten aber unbefestigten Wanderweg durch das Dickicht, doch die letzten Höhenmeter haben es in sich: Man hält sich auf unwegsamen Strecken an Seilen fest und hangelt sich später sogar an Seilen hoch, während man die Füße auf in Felsen geschlagene Absätze steckt. Und dann fühlt man sich – im wahrsten Sinne des Wortes – obenauf. Oder eben on top of the world. Kein Wunder, dass die Bergspitze auch Kaiserthron genannt wird. Hat man dann noch eine Drone dabei, erkennt man noch besser die Schönheit der Bergketten und vor allem die ungewöhnliche Form des Berges selbst, auf dem man steht. Stalagmitenspitze, Bambusspross, Kaiserthron … stell dir vor, du stehst auf einer Haifischflosse. Das beschreibt die Felsformation am besten. Der steile Aufstieg hinter dir, liegt nun der Abgrund vor dir. Nicht zu empfehlen bei Regen, da dann die Felsen zu rutschig sind. 

Mit dem Zug fährt man nach Pingxi und steigt eine Station später in Jingtong aus, wo der Wanderweg gleich in der Nähe des Bahnhofs beginnt.

#UNDSONSTSO

Taiwan für Aktive

Wenn man mehr Zeit hat und es an Taiwans unbeschreiblich schöne Ostküste schafft, gibt es neben den tollen Wandermöglichkeiten noch viele andere Aktivitäten, bei denen man sich austoben kann. Zum Beispiel ist man in nur zwei Stunden mit dem Schnellzug Puyuma in der 150 km entfernt gelegenen Stadt Hualien, wo der Taroko Nationalpark liegt. Dort bieten sich wieder hunderte Wanderwege an. Wer aber mal Lust auf etwas ganz anderes hat, sollte den türkisfarbenen Shakadang-Fluss im Taroko Nationalpark aufsuchen und statt den Fluss auf dem Shakadang Trail entlang zu wandern, ihn durch Trekking, Bouldern, Waten, Rutschen und Schwimmen kurz – River Tracing erkunden. Und das am besten mit einem lokalen Guide, der die besten Spots aber auch die Gefahren kennt. Seine ungewöhnlich bläulich-grüne Farbe erhält der Fluss übrigens durch Marmorsteine, die Kalziumkarbonat an das Wasser abgeben. Wer nicht selbst ins Wasser steigen will, schließt sich einer Rafting-Gruppe an. Natürlich auch geführt und mindestens so spaßig!

Steigt man wieder in den Schnellzug Puyuma ein und fährt noch einmal zwei Stunden weiter südlich bis in die Stadt Taitung, sollte man sich die kleinen Surfer-Paradiese Dulan und Donghe nicht entgehen lassen. So einige Ausländer haben sich zwischen den Ureinwohnern, Taiwanern, Künstlern und Lebenskünstlern hier angesiedelt aus dem einfachen Grund: Hier gibt es die besten Wellen mit einer Vielzahl von Flussmündungen, Beach Breaks und Points und das für Anfänger wie auch für Fortgeschrittene! Liegt man auf dem Brett und wartet auf die nächste Welle, hat man einen unbeschreiblichen Blick auf die üppig grünen Bergwände des Haian-Gebirges, die gleich hinter dem Dulan-Wald in die Höhe schießen. Einer der alteingesessenen Ausländer ist Mark aus Südafrika, der mit seiner Frau Yongyi das Surfer-Hostel Wagaligong in Dulan betreibt. Als alter Hase unter den Surfern kennt er die besten Spots und natürlich Surf-Geschichten ohne Ende, verleiht Bodyboards, Surfboards und SUP-Boards und gibt sogar Surf-Unterricht. Hat man dann genug geübt oder Lust darauf, richtige Profis zu sehen, kann man jährlich im November bei den Taiwan Open of Surfing gleich um die Ecke in Jinzun Harbor, Taitung County dabei sein.

Taiwan –  super outdoor und exotisch

Kaum ein Land bietet eine ähnliche Fülle an Möglichkeiten, die Natur zu erleben. Zum Beispiel mit dem Mountainbike. Es gibt Strecken, die reichen von den Höhen der Berge bis hinunter an die zerklüftete Küste. Eine wunderschöne Route über Wulai führt entlang des Tunghou, durch Wälder und Täler, vorbei an Wasserfällen und heißen Quellen. Eine Tour, die man nicht vergisst. Auch Rennradfahrer kommen im Inselstaat auf den perfekt asphaltierten Straßen auf ihre Kosten.
Für den weniger geübten Radler hat Taiwan viele wunderschöne, gut ausgebaute Radwege zu bieten. Hochwertige Fahrräder können an vielen Orten ausgeliehen werden. Warum nicht den Sonne-Mond-See oder die Taroko-Schlucht mit dem Fahrrad erkunden? 
Tipps

Vom Bauhaus in die Welt – die Autorin dieses Beitrags

Deike Lautenschläger

Deike Lautenschläger wurde 1977 in Grimma geboren. Sie studierte Medien an der Bauhaus-Universität in Weimar und am Art Institute of Pittsburgh und war danach fünf Jahre als TV-Journalistin in Leipzig für öffentlich-rechtliche und private Sender tätig. Anfang 2005 ging sie nach Taiwan, mit der Absicht, für ein Jahr Chinesisch zu lernen, blieb dann aber für ein Masterstudium der Internationalen Kommunikation mit Schwerpunkt Asien an der National Chengchi University. Nach mehr als zwölf Jahren in Asien, u. a. als Praktikantin in Singapur und Hongkong und als Deutschlehrkraft am Goethe-Institut in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi, ist Taiwan ihre Wahlheimat geworden. Jetzt lebt sie als freie Autorin und Deutschlehrerin in Taipeh, wo sie noch heute bei schweren Entscheidungen die Götter im Tempel nebenan um Rat fragt und sich in jeder freien Minute vom Meer den Sand zwischen die Zehen spülen lässt. PhD in Asia-Pacific Studies am College of Social Sciences an der National Chengchi University.

Interview

Warum bist Du Autorin geworden?

Ibn Battuta schrieb: »Reisen – es lässt dich sprachlos, dann verwandelt es dich in einen Geschichtenerzähler.« Ganz so geht es mir. Ich habe mir schon immer gern Geschichten ausgedacht. Das Reisen hat mir dann immer mehr Stoff dazu geliefert, der sich besonders auf Bus- oder Metrofahrten beim Blick aus dem Fenster zu Geschichten verdichtet. Außerdem ist die deutsche Sprache im Ausland eine Art Heimat geworden, in die ich von überall mit nur einem Stift und etwas Papier zurückkehren kann.

Was empfindest Du an Reisen als lohnenswert?

Lohnenswert finde ich Reisen besonders dann, wenn ich die Möglichkeit habe, etwas länger an einem Ort zu verweilen und in den Alltag eintauchen zu können. Ich bin ungern auf der Durchreise oder auf einem Backpackertrip. Die Leute und das Leben an anderen Orten richtig kennenzulernen, Bekanntschaften zu schließen, Hintergründe zu verstehen, meinen eigenen Alltag mit dem ihren zu verweben, das alles macht für mich das wahre Reisen aus.

Welcher ist für Dich der schönste Platz der Welt?

Wai-Ao, ein kleiner Ort an der Ostküste Taiwans mit einem unbeschreiblich schönen Strand und dahinter hohen grünen Bergen – alles oft in Dunst eingehüllt. Die Straße am Strand säumen kleine Surfläden, Gemüsegärten und Tempel. Am Horizont im Meer kann man die Guishan Dao, wortwörtlich die Schildkrötenberginsel, erkennen – die Spitze des einzigen aktiven Vulkans in Taiwan.

An welcher Expedition hättest Du gerne teilgenommen oder würdest Du gerne teilnehmen?

Zum Entdecken muss man keine großen Expeditionen starten, das spannende Neue befindet sich oft gleich um die Ecke.

Welches kulturelle Missverständnis nagt immer noch an Dir?

Weniger ein kulturelles Missverständnis, mehr eine kleine kulturelle Barriere, die ich einfach nicht überwinden kann. Noch immer stehe ich in Taiwan an Nachtmarktständen in der Menschenmenge und warte minutenlang vergeblich darauf, an die Reihe zu kommen, d. h. meine Bestellung lauthals nach vorn dem Verkäufer zuzurufen. Hier gibt es keine Warteschlange – man kommt, ruft und kauft. Ich warte – auf einen gute Moment, darauf, dass der Verkäufer mich auffordernd ansieht, dass er vielleicht gar fragt: »Ja, bitte?«, dass ich vielleicht vom Gedränge irgendwann vorn vor seine Nase an den Ladentisch gedrückt werde. Das passiert natürlich nicht. Und so warte ich, bis entweder ein anderer Kunde für mich das Wort ergreift oder ich tatsächlich meinen Mut zusammennehme und darauf vertraue, dass ich den richtigen Moment mit der richtigen Lautstärke, den richtigen chinesischen Tönen und dem richtigen Nachdruck in der Stimme treffe und erfolgreich meine Bestellung aufgebe.

Hast Du eine Erkenntnis, die Du loswerden möchtest?

Auf Reisen sucht man nach Exotik, nach Andersartigkeit, nach dem Ungewöhnlichen. Ohne das wäre das Reisen langweilig. Will man aber länger irgendwo bleiben, muss zur Exotik auch ein Umfeld hinzukommen, in dem man gut leben kann.

Allen, die für längere Zeit in einer fremden Kultur leben wollen, empfehle ich, sich ein schönes Plätzchen zum Wohnen zu suchen. Machen Sie es sich gemütlich. Wenn Ihnen die kulturellen Missverständnisse mal über den Kopf wachsen sollten, Sie im Fettnäpfchenfett nur so schwimmen und im Erdboden versinken möchten, ist es wichtig, sich in seine ruhigen vier Wände, in seine eigene kleine Welt zurückziehen zu können. Gönnen Sie sich Pausen. Spätestens am übernächsten Tag lockt die fremde schöne Welt da draußen schon wieder mit all ihren Abenteuern, die erlebt werden wollen.

Wohin geht Deine Reise in der Zukunft?

»Touristen«, so schrieb Paul Theroux, »wissen nicht, wo sie gewesen sind, Reisende wissen nicht, wohin sie fahren.« Erst mal ist Taiwan ein stiller Hafen geworden, aber auch ein guter Ausgangspunkt, um Asien jederzeit weiterzuerkunden.

Das Buch zum Thema – bei uns im Shop

Ein unterhaltsamer Kulturführer für das vielfältige Land in Ostasien

Was für eine vielfältige Insel: Auf Taiwan treffen Ureinwohner auf chinesische und südostasiatische Migranten und Menschen aus allen Ecken der Welt. Überall finden sich Einflüsse aus der japanischen Kolonialzeit und der heutigen koreanischen und japanischen Popkultur. Uralte Traditionen, Religion und Aberglauben, die vom chinesischen Festland längst verschwunden sind, werden hier bis heute gepflegt – selbst von der jungen Generation.

Sophie möchte das alles mit eigenen Augen sehen und beschließt, ein Jahr lang in Taiwan Chinesisch zu lernen. Dank ihrer Freundinnen Mei-yin und Queenie lernt sie, den richtigen Ton zu treffen – in der Sprache wie im alltäglichen Leben. Denn hier gilt es nicht nur, in zwischenmenschlichen Beziehungen das Gesicht zu wahren, sondern auch bei Erdbeben und Taifunen ruhig zu bleiben. Und das alles unter Millionen von Menschen auf engstem Raum.


Mehr Infos zum Reiseland Taiwan findest du auf der Website des Tourismusbüros: