Globetrotter Eventmanagerin beim härtesten Ruderrennen der Welt
Claudia Dreibrodt, wie lange rudert man über den Atlantik?
Claudia: 54 Tage, 13 Stunden und 22 Minuten.
Warum mühsam rudern – und nicht pfeilschnell segeln wie Boris Herrmann?
Am Anfang stand ein Buch – über vier Freundinnen, die über den Atlantik rudern. Ich las es fasziniert, habe mich dann intensiv über das »World’s Toughest Row« informiert und schließlich beschlossen, das auch zu machen. Als dann mein Partner Ernst ebenfalls einstieg, meldeten wir uns als Zweierteam bei diesem legendären Ruder-Rennen an. Das Rudern als Antriebsprinzip wurde daher nie infrage gestellt – obwohl ich sogar einige Segelerfahrung habe.
Die Teilnahme am »World’s Toughest Row« über den Atlantik (rund 4800 km) ist extrem aufwendig. Sie erfordert jahrelange Planung, viele Qualifikationsnachweise, ärztliche Atteste, Hunderte Stunden Training und ein sechsstelliges Budget. Von dieser Vorbereitung erzählt Claudia in einem früheren Interview, das ihr online lesen könnt hier lesen.
Der Atlantik ist riesig, das Ruderboot winzig. Wie kann das funktionieren?
Unsere »Hurricane« ist 7,32 m lang, 1,70 m breit und liegt etwa 30 cm über dem Wasser. Es gibt zwei Ruderplätze und zwei kleine, sturmfeste Kabinen. Kein Badezimmer, keine Küche. So niedrig über dem Wasser und zwischen den Wellen ist die Weitsicht ziemlich eingeschränkt. Dafür ist man sicherheitstechnisch mit Radar, Funk und weiteren Notfallsystemen auf Augenhöhe mit einer Hochseeyacht.
Wie kommt so ein Ruderboot voran?
Zum Rudern mit Muskelkraft kommen Wind, Wellen und Strömung. Die können dich stoppen oder in die falsche Richtung treiben – man setzt dann einen Seeanker und wartet ab. Oder umgekehrt und viel schöner: Wind, Wellen und Strömung bringen dich wie von Zauberhand voran. Entscheidend ist die richtige Strategie. Mein Papa als unser Wetter- und Routenmann gab täglich Tipps via Satellitentelefon. Als wir anfangs zu weit nördlich kamen und festsaßen, sagte er uns drei ideale Tage voraus, um mehrere Breitengrade nach Süden zu sprinten: Wir verkürzten also unsere Ruderschichten von zwei Stunden auf 45 Minuten und gaben Gas – drei Tage nonstop! Aber ohne diese Aktion wären wir weiterhin im Norden »gefangen« gewesen.
Was tut man bei Sturm?
Schlechtes Wetter gehört dazu. Sturm gab es vor allem in den ersten und in den letzten beiden Wochen unserer Tour über den Atlantik. Von den Trainingsfahrten kannten wir das schon, daher haben uns Winde über 25 Knoten und sieben Meter hohe Wellen nicht in Panik versetzt. Wenn es richtig dicke kommt, setzt man den Seeanker und verschanzt sich in der wasserfesten Kabine. Selbst wenn das Boot umgeworfen werden sollte, dreht es sich konstruktionsbedingt von selbst wieder in die Ausgangsposition. Insofern ist man sicher. Aber seekrank wird man natürlich trotzdem.
Das klingt gelassen. Hattest du nie Angst?
Doch. Schon vor der Tour gab es so eine Art Albtraum: dass ich nach meiner Pause aus der Kabine komme und Ernst nicht mehr da ist – also von einer Welle über Bord gespült wurde. Das habe ich ihm unter Tränen erzählt. Vielleicht haben wir dann deswegen so streng darauf geachtet, immer angeleint zu sein. Unterwegs gab es auch eine brenzlige Situation: Wir hingen am Seeanker, als plötzlich ein großes Containerschiff auf uns zukam. Trotz Kollisionswarner und mehrerer Funksprüche von uns wurde es relativ knapp, bis dort jemand ans Funkgerät ging und den Kurs änderte. Wir sind ruhig geblieben und haben eine Art Notfall-Checkliste abgearbeitet. Als Team haben wir da sehr gut funktioniert.
Ist man als Paar auch ein perfektes Team?
Die meistgestellte Frage seit unserer Rückkehr: Seid ihr noch zusammen? Wir sind seit 13 Jahren ein Paar. 2021 haben wir uns gemeinsam für das Rennen angemeldet und mussten bis 2024 warten, weil jedes Jahr nur 60 Teams starten dürfen. Man muss dann voll dranbleiben, planen und trainieren. Statt auf Berge zu steigen, sind wir in unserer Freizeit auf dem Chiemsee gerudert und gerudert. Als es losging, wussten wir genau, worauf wir uns einlassen. Geholfen hat, dass wir schon lange gemeinsam reisen. Da ist man Enge und auch mal Stress gewohnt. Also: Ja, wir haben gut harmoniert und sind noch zusammen.
Was überwiegt in über 50 Tagen auf See – Anstrengung, Freude oder Langeweile?
Ganz klar die Freude. Anstrengend ist es – aber nicht in einem dominanten Sinn. Und langweilig war mir keine Sekunde. Wir hatten Musik, Podcasts und Comedian-Programme. Torsten Sträter mitten auf dem Atlantik, da wurde so gelacht, dass wir nicht mehr rudern konnten. Wir führten Gespräche ohne Zeitlimit: Über unsere Pläne und Träume, oder auch mal ausführlich darüber, wie man das Wohnzimmer neu einrichten könnte. Mal kommen Delfine vorbei, mal eine Nachricht von Zuhause. Und nachts bestaunt man diesen unfassbaren Sternenhimmel.
Auf euren Insta Fotos sieht man viel normales Outdoor Equipment. Gute Idee?
Ja! Neben Globetrotter haben uns auch Outdoor-Brands unterstützt – und erwiesen sich als absolut ozeantauglich. Zum Beispiel trugen wir gegen die sengende Sonne Abisko Sun-Hoodies und Hatfield-Hüte von Fjällräven. Das funktionierte perfekt. Genauso wie der Primus Lite Stove, auf dem wir Wasser für die Expeditionsnahrung kochten. Nur diesen frischen Salat mit Oliven, Tomaten und Gurken, von dem ich so oft träumte, konnte er nicht herbeizaubern.
Wie war das Ankommen?
Das Wetter war ruppig, also erstmal nichts mit der lang erhofften Karibik-Idylle. Das Land haben wir im Dunst erst kurz vor der Ziellinie gesehen. Aber als wir dann in den Hafen von Antigua ruderten, tuteten alle Schiffshörner los und die Leute kamen zur Kaimauer und jubelten uns zu. Wenn ich daran denke, kriege ich immer noch Gänsehaut.
Unsere Globetrotter Ausrüstungstipps
für dein nächstes Abenteuer
INTERVIEW: Stephan Glocker
FOTOS:Frederieke Krippeit, Worlds Toughest Row, Penny Bird