Auftritt Arktis

Rausbildung Herbst/Winter 2024

Mira ist Biologin und Rausbildung ihre kleine ­Outdoorschule. Heute auf dem Stundenplan: eine Expedition zum Nordpol.

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#1 ­Mogelpackung Moschusochse

Nomen non est omen: Moschusochsen lebten ursprünglich in den Tundren im Norden Grönlands und Alaskas. Heute findet man sie auch in Russland, Norwegen und Schweden. Doch anders, als ihr Name vermuten lässt, haben sie weder mit Moschus noch mit Ochsen viel am Hut: Der nächste Verwandte der bis zu 1,50 Meter hohen und 400 Kilo schweren Tiere ist kein Rind, sondern eine kleine asiatische Ziegenart. Zudem riecht lediglich der Urin der männlichen Tiere während der Brunft moschusartig süßlich.
Optisch muten die Paarhufer mit ihrem Buckel und dem zotteligen Fell nicht gerade edel an. Doch unter der verfilzten Mähne schlummert »arktisches Gold«. Die Unterwolle der Moschusochsen ist nämlich eine der teuersten der Welt – achtmal wärmer als Schaf- und 7000-mal seltener als Kaschmirwolle.
So zart ihre Wolle, so widerspenstig ihr Wesen. Bei Angriffen von Wölfen oder Bären treten Moschus­ochsen dem Feind mutig entgegen. Dafür stellen sie sich kreisförmig auf, um ihre Kälber zu schützen. Gegen diese Armee aus dicken Schädeln und Hörnern haben die Angreifer im Normalfall keine Chance.

#2 Wer war der Erste?

Es ist bis heute ein Rätsel, wer der erste Mensch am Nordpol war. Fridtjof Nansen war es nicht, so viel ist klar. 1893 wollte er per Eisdrift an den Nordpol gelangen. Dafür ließ er sich mit seinem Schiff Fram im ostsibirischen Packeis einfrieren, um sich über das Nordpolarmeer an den Nordpol treiben zu lassen. Mit seiner Expedition konnte Nansen zwar beweisen, dass es eine Eisdrift von Sibirien nach Grönland gibt, doch den Nordpol erreichte er nicht.
Edwin Peary, amerikanischer Ingenieur und Entdecker, war ebenfalls von der Idee besessen, den Nordpol als Erster zu erreichen. Ab 1886 unternahm er erste Expeditionen, die aber wegen schwieriger Wetterbedingungen oder fehlender Proviantlager nicht von Erfolg gekrönt waren. Dabei verglich er seine waghalsigen Bemühungen mit dem Gewinnen einer Schachpartie: »Es war für mich ein altes Spiel, das ich 23 Jahre mit wechselndem Glück gespielt hatt­e. Immer war ich freilich geschlagen worden; aber mit jeder Niederlage erhielt ich neue Kenntnis von dem Spiel, und mit jedem neuen Versuch kam der Erfolg etwas näher.«
Am 6. April 1909 erreichte er, zumindest nach eigenen Angaben, endlich den Nordpol. Ob das aber wirklich stimmt, weiß niemand. Nach seiner Rückkehr entbrannte jedenfalls ein Streit mit Frederick Cook, einem Polarforscher und Arzt, der ebenfalls behauptete, den Pol erreicht zu haben – und zwar ein Jahr früher als Peary. Die meisten Fachleute stützten Pearys Anspruch, doch Beweise gibt es nicht und Fragen blieben offen. So sagte Peary, er habe für Hin- und Rückweg nur 55 Tage gebraucht. Der deutsche Polarforscher Arved Fuchs bezweifelt das, denn auf seiner Expedition 1989 zum Nordpol brauchte er mit besserer Ausrüstung und einem topfitten Team allein für einen Weg 56 Tage. War Peary also wirklich der Erste? Wir werden es wohl nie erfahren.

#3 Eiskalte Wahrheit

Manche Tiefkühltruhen sind wie Schatzkisten – es kommen Dinge zutage, mit denen man nicht mehr gerechnet hat. So ergeht es auch den Forschenden an den beiden Polen der Erde: Im ewigen Eis finden
sie bis zu 900 000 Jahre alte Informationen über Eis­zeiten, Warmzeiten, Meteoriteneinschläge, Vulkanausbrüche oder Steppenbrände.
Die Eisschicht wird über Jahrtausende aus Schnee gebildet, der absackt, erst zu Firn und dann zu Eis wird. Dabei werden Luftblasen mit dem jeweiligen CO2-Gehalt, Vulkanstaub oder die Asche von Waldbränden mit eingeschlossen. Die Eisschicht ist somit ein chronologisch angelegtes Klima- und Natur­ereignistagebuch der Erde. Um in diesem Buch lesen zu können, werden regenrohrdicke Bohrkerne mittels Hohlbohrer aus dem Eis entnommen und analysiert.
So verraten uns die Daten, dass die CO2-Konzentration in den letzten 800 000 Jahren nie höher war als heute, oder dass der Wikinger »Erik der Rote« im Jahr 985 Grönland als Heimat wählte, weil es damals dort wärmer und damit noch Ackerbau möglich war.

#Experiment: Eiswürfel angeln

Der Winterdienst macht es vor: Er streut Salz, um vereiste Straßen wieder befahrbar zu machen. Beim Eiswürfel-Angeln macht man sich genau dieses
physikalische Phänomen zunutze. Du brauchst: eine Schnur, einen Eiswürfel, ein Glas, Salz.

  1. Eiswürfel ins Glas legen und wenige Salz­körner auf den Eiswürfel streuen.
  2. Die Schnur auf den Eiswürfel legen und
    wieder Salzkörner draufstreuen – warten.
  3. Langsam die Schnur anheben und testen, ob der Eiswürfel an der Schnur hängen bleibt.

Was passiert? Im Eis sind die einzelnen Wassermoleküle starr angeordnet. Gibt man Salz aufs Eis, werden die Moleküle gelöst und bewegen sich wieder: Aus Eis wird Wasser. Wenige Salzkörner lösen nur wenige Moleküle und es bildet sich ein dünner Wasserfilm. Der legt sich um die Schnur und friert wieder – dadurch »klebt« der Würfel an der Schnur.
Geduld und Experimentierfreude sind gefragt, damit es funktioniert, denn das Verhältnis von Salz zur Eiswürfelgröße muss passen.


TEXT: Mira Klatt

ILLUSTRATION: Melanie Kreiss, melaniekreiss.com

Dieser Beitrag ist Teil des

Globetrotter Magazin #34, Herbst/Winter 2024

Das Globetrotter Magazin #34 ist da – mit großen Touren und kleinen Alttagsfluchten: Wir wünschen eine gute Reise!
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