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Ramsau bei Berchtesgaden – ein idyllisches Bergsteigerdorf

Ramsau bei Berchtesgaden Wo alpine Abenteuer beginnen. Erkunde zauberhafte Wälder und kristallklare Seen in der Biosphärenregion Berchtesgadener Land.

Es klingt schon sehr nach Abenteuer und Abgeschiedenheit, aber was ist eigentlich das Besondere an so einem Bergsteigerdorf? Ganz davon abgesehen, dass es in Deutschland sehr wenige gibt. Nun, ein solches Dorf muss natürlich einige Rahmenbedingungen erfüllen, um überhaupt in die engere Auswahl zu kommen. Wanderschuhe geschnürt und auf geht es zu einer Entdeckungsreise.

Was sind Bergsteigerdörfer?

Nachhaltigkeit und eine tief verwurzelte Tradition sind die wichtigsten Punkte, die ein Bergsteigerdorf mit sich bringen muss. Hier steht sanfter Alpintourismus, ausgelegt auf bergsteigerische Tätigkeiten wie Wandern, Klettern und Hochtouren, welche aus eigener Kraft ausgeführt werden im Vordergrund. Zudem eine lange traditionelle und kulturelle Geschichte der Gemeinde und eine hervorragende Landschafts- und Umweltqualität. Auf lange Sicht setzen sich alle Bergsteigerdörfer das Ziel der dauerhaften, nachhaltigen Entwicklung im Alpenraum. Allein durch seine großartige Lage im Nationalpark Berchtesgaden war Ramsau ein idealer Kandidat und wurde bereits 2015 das erste deutsche Bergsteigerdorf.

Urlaub in Ramsau – willkommen im Outdoor-Paradies!

Eine Traumlage im Naturparadies, aber auch viel Geschichte prägen den Ort. Die Ursprünge von Ramsau reichen bis ins Mittelalter, als tiefe Gebirgstäler noch böse Orte voller Gefahren und wilder Tiere waren. Bereits Ende des 14. Jahrhunderts wurde der Ort in der wilden Ramsau erstmals urkundlich erwähnt. Der Wirtschaftszweig Salz lockte die Menschen in das Tal mit seinen dichten Wäldern und felsigen Gipfeln und schon bald gab es einen ersten Salz-Handelsweg in den Pinzgau. Zudem ließen sich durch einen Erlass des Stiftes Berchtesgaden erste Almbauern nieder, das Tal wurde durch Forstwirschaft lichter und urbar gemacht.
Während die heutigen Touristenstöme vor allem Schönau, den Königsee und die umliegenden Regionen wie Jenner und St. Bartolomä besuchen, steht Ramsau ganz im Zeichen der ursprünglichen Berge. Durch die unmittelbare Lage an den Giganten Watzmann und Hochkalter hat der Ort gleich zwei mächtige Gebirgsstöcke zum Wandern, Klettern und Bergsteigen im Angebot.

Wer keine unzähligen Höhenmeter im alpinen Gelände zurücklegen mag, hat auch in Talnähe genug zu entdecken. Seen, Klammen und Wälder locken mit ursprünglichem Naturgenuss und einem großen Wanderwegenetz.

Die Naturschönheiten von Ramsau bei Berchtesgaden

Der Hintersee und der magische Zauberwald

Der wildromantische Hintersee und der Zauberwald an seinem Südufer zählen sicher zu den bekanntesten – und am stärksten besuchten – Sehenswürdigkeiten von Ramsau. Dennoch sind sie unbedingt einen Abstecher wert. Vor allem am frühen Morgen, bei leichtem Nebel, ist die Stimmung hier magisch – und man ist noch recht allein. So urig die Landschaft auch erscheint, ist sie doch »erst« tausend Jahre alt. Alles begann durch einen spektakulären Bergsturz zwischen Steinberg und Schärtenspitze im Hochkaltergebiet. Rund 15 Millionen Kubikmeter Gestein stürzten ins Tal und stauten die Bäche auf. Der Hintersee entstand. Im Laufe der folgenden Jahrhunderte entwickelte sich auch auf der angrenzenden Schuttlandschaft aus Geröll und massiven Felsblöcken wieder Leben. Erste Bäume fanden Nährboden für ihre Wurzeln und neuer Wald wuchs. Dieses verwunschen wirkende Gebiet am See und entlang des Auslaufs der Ramsauer Ache wird seinem Namen »Zauberwald« mehr als gerecht.

TIPP: Am Hintersee führt ein barrierefreier Wanderweg (Kies, nicht asphaltiert) am Ufer entlang durch den Zauberwald. Hier können wirklich alle die großartige Natur und die Ausblicke am See genießen.

Sattes Grün und eine reichhaltige Pflanzenwelt. Im Bereich des Zuflusses am Hintersee gibt es herrlich urig-moorigen Wald.

Der Nationalpark Berchtesgaden und seine Schätze

Bereits seit 1910 wurden erste Gebiete in den Berchtesgadener Alpen unter Schutz gestellt. Die Idee, alle zu einem Nationalpark zusammenzufassen, kam erstmals in den 1950ern auf, als Reaktion einer geplanten Seilbahn auf den Watzmann. 1978 wurde das Vorhaben endlich Realität. Bis heute ist der Nationalpark Berchtesgaden der einzige Alpen-Nationalpark Deutschlands. Eine Region voller Naturwunder, oft schwer zugänglich, aber immer alle Mühen wert.

Wer einen großen Bereich des Nationalparks zu Fuß erkunden möchte und über Kondition und Trittsicherheit und Schwindelfreiheit verfügt, sollte das über die vier Tage lange Königssee-Runde tun und wird mit epischen Aussichten belohnt. Die Tour startet in Schönau und umrundet den Königssee in vier knackigen Etappen weitläufig bis zur Halbinsel St. Bartolomä, von dort fährt ein Schiff zurück nach Schönau. Übernachtet wird auf Hütten, Zelten ist überall im Nationalpark streng verboten.

Wimbachgries und Wimbachklamm

Das Wimbachgries ist eines der drei Haupttäler im Nationalpark Berchtesgaden. Ein Naturparadies, welches dennoch bei vielen Bergsteigern eher für Schaudern sorgt. Wer den langen Weg der ausgesetzten und anspruchsvollen Watzmann-Überschreitung auf sich nimmt, steigt zum Schluss die 1.400 Höhenmeter ins Wimbachgries ab. Kräftezehrend, rutschig und teils mit Kletterpassagen. Wer hier endlich unten ankommt, braucht eines bestimmt nicht mehr: 8 Kilometer Geröll bis zum Talausgang.

Alle, die von der anderen Seite ins Wimbachgries kommen, erwartet allerdings ein völlig anderes Bild: Die herrlich wilde Wimbachklamm (öffnet erst Mitte Mai), ein Traum aus Moos, Wasser und Fels. An vielen Stellen fließen die kleinen Wasserfälle direkt aus dem dicken Moosteppich, der das ganze Nass einfach nicht mehr halten kann. Ein sehr beeindruckender Ort! Wer mag, kann die Klamm auch als Auftakt zu einer größeren Tour mitnehmen: Durch das Wimbachgries hinauf zur Wimbachgrieshütte, am Ende des Tals. Start: Wimbachbrücke in Ramsau.

Die Kirche St. Sebastian und der Malerwinkel in Ramsau

Der Bau der Ramsauer Pfarrkirche St. Sebastian begann bereits um 1512. Der Altar stammt noch aus der Spätgotik, ebenso einige Figuren, aber im Laufe der Jahrhunderte kamen weitere wichtige Elemente hinzu. So, beispielsweise, die Orgel aus dem Jahr 1881. Ein kunstgeschichtlich sehr sehenswertes Bauwerk.

Die eigentliche Berühmtheit erlangte St. Sebastian aber nicht aus baulichen Gründen, sondern durch die Kunst. Wer am Malerwinkel in Ramsau steht und zur Kirche sieht, erlebt nicht selten ein Déjà-vu. Man glaubt, dieses Bild schon einmal gesehen zu haben und ja, hat man sicher auch. St. Sebastian, neben der Ramsauer Ache, mit den Bergen im Hintergrund, ist wohl eine der am häufigsten gemalten und fotografierten Kirchen. DIE bayerische Zwiebelturmkirche, die in keinem alpenländischen Landschaftskalender fehlen darf. Ob als klassisches Ölgemälde oder als Fotografie.

Ramsau und die Landschaftsmaler

Sie waren wohl die Influencer der Romantik – die Landschaftsmaler. Ihre Bilder regten damals die Fantasie der Bevölkerung an und erstmals zog es Scharen aus der Stadt hinaus aufs Land. Am Hintersee entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Künstlerkolonie. Maler aus unterschiedlichsten Ländern, trafen sich Jahr für Jahr im dortigen Gasthaus und hielten die Bergwelt am Hintersee, aber auch das Örtchen Ramsau auf ihren Gemälden fest. Sie pendelten regelmäßig hin und her und fanden auch unterwegs an der Ramsauer Ache und im Zauberwald viele Motive. Der Weg, den sie zum Ort hinab gingen, ist heute als Malerweg bekannt.

Der Malerweg von Ramsau zum Hintersee

Wer auf den Spuren der alten Meister wandeln möchte, kann dem Malerweg auch heute noch vom Ramsauer Ortskern bis hinauf zum Hintersee folgen. Entlang des Weges wurden auf Holztafeln die Werke verschiedener berühmter Landschaftsmaler vorgestellt und vor den Originalmotiven platziert.

Frühmorgens, bei leichtem Regen oder Nebel, bekommt der Hintersee seinen ganz eigenen Charme. Trockene Plätze findet man unter den Bäumen am Ufer meist dennoch.

Die Bergwelt rund um Ramsau

Wer Ramsau zum Wandern und Bergsteigen besucht kommt nicht um die zwei höchsten Berge der Region herum: Der Watzmann (2.713 m) und der Hochkalter (2.607 m) liegen schließlich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bergsteigerdorf.

Der Watzmann – Sehnsuchtsziel und Schicksalsberg

Er ist eine alpine Ikone. Formschön, herausfordernd und mit unglaublicher Präsenz. Die Watzmann-Ostwand ist mit ihren 1.800 m Wandhöhe die höchste durchgehende Felswand der Ostalpen. Das macht sie zu einem unwiderstehlichen Anziehungspunkt für Bergsteiger aus aller Welt – und wurde leider auch immer wieder Schauplatz alpiner Dramen.

Watzmann Besteigung – diese Wege führen zum Gipfel 

(alle anspruchsvoll bis hochalpin)

Der Watzmann hat nicht nur die Ostwand zu bieten, die Gipfel lassen sich auch über das Watzmannhaus besteigen. Der erste Watzmann-Gipfel, das Hocheck, ist für erfahrene Berggeher recht gut machbar. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit vorausgesetzt. Ein Stück des Weges ist drahtseilversichert.

Wer weiter in Richtung Mittelspitze und Watzmann-Südspitze will, kann diese im Rahmen der großen Watzmann-Überschreitung anpeilen. Hier wird es aber deutlich ernster und bergsteigerische Fähigkeiten, Erfahrung sowie Top-Kondition sind gefordert. Auf dem messerscharfen Grat führt der Weg über den kompletten Kamm, meist ungesichert und mit Kletterstellen im Grad I + II. Ab der Südspitze folgt der extrem steile und unangenehme Abstieg ins Wimbachgries. Die Dauer für die Überschreitung ab dem Watzmannhaus nimmt durchaus 12-14 Stunden in Anspruch. Über die Hälfte der Zeit ist man in sehr ausgesetztem Gelände unterwegs.

Hier gilt: Wer bereits an der Mittelspitze konditionelle und mentale Schwächen verspürt, kehrt unbedingt um! Zudem darf die Tour nur bei absoluter Wettersicherheit begangen werden. Wer sich unsicher ist, sollte die Dienste einer Bergschule in Anspruch nehmen.

Der kümmerliche Rest des Blaueisgletschers, zwischen Blaueisspitze und Hochkalter. Noch gibt’s ihn.

Der Hochkalter – blaues Eis, hoch über Ramsau

Wilde Bergtouren, feinste Alpinkletter-Routen und einer der letzten Gletscher Deutschlands. Wer Abwechslung sucht, ist am Hochkalter genau richtig. Im Kar, unterhalb des spärlichen Blaueis-Gletscherrestes, bietet die Blaueis-Hütte den idealen Stützpunkt für alle, die hier oben Wandern, Klettern oder Bergsteigen wollen. Oder einfach alles zusammen. Hier kann man problemlos ein paar abwechslungsreiche Tage verbringen.

Die Hochkalter Tour – zum zweithöchsten Nationalpark-Gipfel (hochalpin)

Bei der Tour auf den Hochkalter handelt es sich, wie bei der Watzmann-Überschreitung um eine hochalpine Bergtour. Kletterstellen bis zum zweiten Schwierigkeitsgrad (UIAA) müssen überwunden werden. Auch wenn der Hochkalter Aufstieg bei weitem nicht so lang ist, unterschätzen darf man die Tour nicht. Hier ist alles komplett ungesichert. Kein Drahtseil, gar nichts. Ab dem „schönen Fleck“, oberhalb der Blaueis Hütte ist es sehr ausgesetzt und der Weg auf dem Grat in Richtung Gipfel muss erst mal über eine Flanke erklettert werden. Also auch hier gilt: Nur für alpin erfahrene, trittsichere und schwindelfreie Bergsteiger geeignet.

Die Schärtenspitze – eine Traumtour mit großen Blicken (anspruchsvoll)

Leichte Gipfel sucht man im Hochkaltergebiet vergebens. Aber die Schärtenspitze ist zumindest für Bergwanderer machbar. Auch hier ist Trittsicherheit und Schwindelfreiheit Voraussetzung, aber der Weg zum Gipfel ist zumindest teilweise drahtseilversichert und die Länge des Aufstiegs ist ebenfalls überschaubar. Wer mag, kann über den Grat weiter in Richtung Blaueisspitze kraxeln (ebenfalls teils Drahtseile) und in der Eisbodenscharte zur Hochalm absteigen. Hier führt der Weg wieder zurück nach Ramsau. Eine perfekte Tour für den letzten Tag auf der Blaueishütte.

Der schöne Gipfel der Schärtenspitze, zwischen Steinberg und Blaueisspitze. Hier hinauf führt eine sehr lohnende Tour mit grandiosem Rundumblick. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit vorausgesetzt.

Alpinklettern rund um die Blaueishütte

Das Blaueis-Gebiet ist für Alpinkletterer durch die gute Erreichbarkeit der mächtigen Kalkwände ein echtes El Dorado. Für Anfänger werden oberhalb der Blaueis-Hütte auf großen Platten voller Wasserrillen regelmäßig Kurse angeboten. Dieser Bereich ist auch wunderbar geeignet, um erste Erfahrungen mit Mehrseillängen-Routen zu machen. An die Wände der Blaueisspitze wagen sich dann doch eher die Erfahrenen.

Bouldern an der Blaueishütte

Wer die Mühe nicht scheut, auch noch ein Crashpad zur Hütte zu schleppen, wird mehr als belohnt. Ein Bergsturz am Hochkalter übersäte den unteren Bereich des Kars mit Unmengen an Felsblöcken. Hier gibt es ca. 150 Boulder im Schwierigkeitsgrad FB 6a-7c.

Also kurz gesagt, Ramsau und die umliegenden Berge haben für alle was dabei. Ein Urlaub in dieser besonderen Ecke im Nationalpark Berchtesgaden wird sicher nicht ausreichen, er macht eher viel Lust auf mehr. Interessiert? Dann haben wir hier ein paar der wichtigsten Infos rund um Ramsau für Euch zusammengetragen.

Ramsau: Reiseplanung und Unterkünfte

Tipps für die Anreise nach Ramsau

Mit dem Auto – über die A8 München-Salzburg bis zur Ausfahrt Piding / Bad Reichenhall und über Bad Reichenhall weiter in Richtung Berchtesgaden / Ramsau.
Mit der Bahn – Über Freilassing nach Berchtesgaden, von dort aus weiter mit der Buslinie 846 nach Ramsau.

TIPP: Die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist hier sehr gut möglich, da die meisten Sehenswürdigkeiten und Wanderziele in der direkten Umgebung von Ramsau liegen. Sie sind entweder zu Fuß oder mit dem Bus problemlos zu erreichen. Selbst die Anstiege auf die großen Berge beginnen ortsnah.

Übernachtungsmöglichkeiten in Ramsau

Luxuriöses Hotel, gemütliche Ferienwohnung oder lieber Camping?
Hotel – Wer es gerne komfortabel und schön mag, sollte sich das Vier Sterne Hotel Rehlegg unbedingt genauer ansehen. Im ersten klimapositiven Hotel Oberbayerns kann sogar draußen, in einem Bett mit Watzmannblick, unter dem Sternenhimmel genächtigt werden. > Hotel Rehlegg

Ferienwohnungen und Pensionen – In Ramsau und Umgebung gibt es Unterkünfte für jeden Geschmack. Viele der ansässigen Familien haben schöne Gästezimmer oder Ferienwohnungen. > Hier gibt es alle Unterkünfte im Überblick.

Camping – Der Campingplatz Simonhof hat Stellplätze für Wohnwägen, Wohnmobile und Busse, aber auch eine gepflegte Zeltwiese. Er liegt etwas außerhalb von Ramsau oberhalb des Taubensees. > Campingplatz Simonhof

Die beste Reisezeit für Outdoor-Aktivitäten in Ramsau

Erholungs- und Natursuchende sind in Ramsau bereits ab Mai bestens aufgehoben. Die beste Zeit für Bergtouren am Watzmann und im Hochkalter-Gebiet ist eher von Ende Juni bis Mitte Oktober, wenn die Höhenlagen schneefrei sind. Bis Mitte April ist je nach Wetterlage Skitourenzeit.


TEXT: André Tappe

FOTOS: André Tappe

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