Der Großvenediger auf dem Alpenhauptkamm ist das ideale Ziel für eine Gletscherhochtour. Anstrengend, aber nicht zu anspruchsvoll.
Wir sind seit circa einer Stunde unterwegs. Wir sehen leichte Silhouetten der Berge um uns herum. Irgendwo schräg unter uns rauscht unaufhörlich ein Bergbach dahin. Die Luft ist frisch und klar und die Stirnlampen erhellen den stetig ansteigenden Bergwanderweg in Richtung Defreggerhaus auf 2.964 Metern. Es ist vier Uhr früh in dieser sternklaren Nacht und der Halbmond beleuchtet sanft unser Ziel, die schneeweiße Kuppe des Großvenedigers. Außer uns ist noch niemand unterwegs und bis auf die ruhenden Berg-Kühe mit ihren vom Stirnlampenlicht rot reflektierenden Augen sieht uns so früh niemand. Es ist ein schönes und gleichmäßiges Aufsteigen in dieser einzigartigen Umgebung. Nach und nach werden die Helligkeitsstufen der Stirnlampen runtergedimmt, um die Nacht in ihrer ganzen Erhabenheit wahrzunehmen.
Dass dieses Wanderstück so schön werden würde, hätten wir uns wenige Stunden zuvor noch nicht vorstellen können. Im 10er-Lager der Johannishütte haben wir mehr oder weniger gut geschlafen. Es lag eine gewisse Nervosität in der Luft, die Anspannung war spürbar. Die meisten von uns haben noch nie eine Gletschertour gemacht und sind auch noch nicht um zwei Uhr aufgestanden, um nach einem kurzen Frühstück auf eine Hochtour mit 1.600 Höhenmetern und 17 Kilometer Laufweite aufzubrechen …
Am Vortag hat sich die Globetrotter Crew im Virgental zusammengefunden, um gemeinsam ein MAOAM zu begehen. Ein MAOAM, das ist bei Globetrotter der Mitarbeiter-Outdoor-Aktiv-Montag. Das bedeutet, man verbringt gemeinsam mit Kolleg:innen ein Outdoor-Wochenende und bekommt von Globetrotter dafür einen zusätzlichen Urlaubsmontag.
Nach einigen Vorbereitungscalls, dem Austausch zu Packlisten und Ausrüstung und einer langen Anreise aus Hamburg starteten wir gemeinsam am Wanderparkplatz Johannishütte in Hinterbichl. Natürlich hieß es zuerst einmal Rucksäcke wiegen, um genau zu schauen, wer von uns sich zutraut, am meisten den Berg hinaufzutragen – so ließe sich in seinem Gepäck eventuell noch ein Gipfelschnaps verstauen. Es hätte an dieser Stelle auch ein 4×4-Bergtaxi gegeben, aber darauf wollten wir nicht zurückgreifen. So startete unser Weg durch den Wald am Fluss.
Nachdem wir uns nach den ersten Höhenmetern eingelaufen hatten, machten wir einen kurzen Check: Einige Schuhe mussten nachgeschnürt werden, die ersten Blasenpflaster wurden angebracht und die Jacken wichen zugunsten der Shirts, weil die Sonne mit immer stärkerer Kraft ins Tal schien. Es folgte ein gemütlicher und stressfreier Aufstieg mit viel Zeit für Fotos, Gespräche unter Kolleg:innen und das Ankommen in der Bergwelt – für uns Nordlichter ein nicht alltäglicher Anblick. Am Gumpachkreuz legten wir eine erste Pause ein und genossen die Aussicht aufs Tal. Eine feine Raststelle mit Steintisch und Bänken. Von da aus war es nur noch ein kurzer Weg bis zur Hütte.
Mit dem bisschen WLAN hier oben kannste den Wetterbericht nachgucken und mehr nicht – und das ist auch gut so!
Philipp, Guide von Alpine Welten über den nicht vorhandenen Empfang auf der Johannishütte und das dort angebotene WLAN
Leki
159.95 EUR
Arc'teryx
559.96 EUR
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199.95 EUR
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44.99 EUR
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349.95 EUR
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35.9 EUR
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… Gegen fünf Uhr früh erreichen wir das erste schneebedeckte Fleckchen und legen eine kurze Pause ein, um unsere Batterien mit den ersten Riegeln wieder aufzuladen und die Trinkblasen um ein kleines Schlückchen leichter zu machen. Bald wird es dämmern und wir können schon die Lichter in den Fenstern des Defreggerhauses hoch über uns erkennen. Für die ersten von uns wird es ab diesem Abschnitt spürbar, dass die Luft dünner wird und die Anstrengung zunimmt.
Natürlich stellt sich die Frage, warum wir überhaupt so früh gestartet sind:
Am Berg muss man sich nicht nur den eigenen, körperlichen Grenzen stellen, sondern auch die Natur mit ihren Wetterkapriolen berücksichtigen, und für die Mittagszeit waren Gewitter mit starken Böen bis 40 km/h vorhergesagt. Damit wir sicher den Gipfel erreichen und im Hinblick darauf, dass noch weitere Gruppen dorthin unterwegs sein würden, hatte sich unser Guide Philipp für einen frühen Start entschieden.
Vor dem Einstieg auf den Gletscher geht es im zunehmend heller werdenden Morgenlicht zunächst zum Defreggerhaus. Nach kurzer Toilettenpause geht es zügig weiter; denn nun beginnen auch die nächsten Seilschaften damit, sich bereit für den Aufstieg zu machen. Uns wird wirklich alles geboten: Der Einstieg zum Gletscher erweist sich als spaßige kleine Kletterpartie an in den Stein geschlagenen Stahlsprossen mit Stahlseil. Unten angekommen stellen wir uns auf, wie wir es am Vortrag mit unserem Guide durchgegangen sind …
Es war eine kluge Entscheidung gewesen, in der ruhigen und gesicherten Umgebung der Johannishütte ein ausführliches Briefing darüber abzuhalten, was auf uns zukommen würde: Zuerst erhielten wir alle einen Klettergurt, Eispickel und Steigeisen. Daraufhin mussten wir alle den Klettergurt anlegen und den korrekten Sitz überprüfen lassen. Wir erfuhren, dass wir später als Seilschaft auf dem Gletscher alle an einem Seil laufen würden, das alle fünf Meter mit einem Achterknoten versehen ist, an dem wir uns mit unseren Karabinern einhängen sollten. Zudem müssten wir darauf achten, dass das Seil während des Laufens nicht spannt, aber auch nicht zu locker auf dem Schnee liegt, sodass wir mit unseren Steigeisen drauftreten könnten. Im besten Fall solle es leicht durchhängen und eine Art Lächelsmiley-Mund machen.
Nach dieser Einführung stellten wir unsere Steigeisen auf unsere Wanderschuhe mit integrierter Steigeisenauflage ein. Wir wussten bereits im Voraus, welche Schuhe dafür geeignet sind, und hatten entsprechend vorgesorgt. Auch hier wurden der korrekte Sitz und die Anbringung kontrolliert. Zu guter Letzt wurde noch die Handhabe der Eispickel besprochen. Diese sollten uns dienen, falls jemand in eine Gletscherspalte stürzen würde – sie waren als Sicherheitstool gedacht und weniger für den aktiven Teil auf dem Gletscher. Dort hingegen waren unsere Wanderstöcke mit Schneeteller unverzichtbar und erwiesen uns großartige Dienste, denn trotz Eisen ist es eine rutschige und manchmal knifflige Angelegenheit, den richtigen Tritt zu finden.
… Aber zurück zum Abstieg auf den Gletscher und der fast 60 Meter langen Menschenkette, in der wir uns nun befanden. Mittlerweile ist es 06:30 Uhr und das Anlegen der Ausrüstung hat reibungslos geklappt, sodass wir schnell den Einstieg für die nachfolgenden Seilschaften freimachen. Zuerst geht es leicht bergab über die große weite, nicht mehr ganz so weiße Fläche. Kurze Stücke über die Eisrücken und vorbei an altem Schnee, der aussieht wie flambiertes Baiser. Darauf folgt ein kräftezehrender Anstieg mit nur einer kurzen Pause, und oben angekommen geht es weiter zur Gratbesteigung am Großvenediger. An dieser Stelle sammeln sich auch die anderen Seilschaften, und es wird ein wenig enger. Zum Glück ist der Grat breit genug, dass man aneinander vorbeigehen kann.
Mensch, schön, das is’ ja wie aufm Deich hier.
Rudolf Geramb, Online-Shop-Manager bei Globetrotter zu den entgegenkommenden Seilschaften auf dem Grat des Großvenedigers
Und dann, gegen 08:30 Uhr, ist es endlich so weit: Fünfeinhalb Stunden, nachdem wir losgegangen sind, bzw. sechseinhalb Stunden, nachdem wir in der Hütte aus unseren Betten geklettert sind, stehen wir auf dem Gipfel auf 3.657 Meter Höhe – ein Moment, auf den wir körperlich und mental hingearbeitet haben. Und egal, wie viel Energie bereits in Schritte, Atmung und Konzentration geflossen ist: In diesem kurzen Moment ist jede:r von uns erfüllt von Euphorie – und wir alle haben ein breites Lächeln für die Kamera parat. Doch viel zu schnell ist dieser epische Moment auch schon wieder vorbei und wir gehen wieder zurück …
An dieser Stelle saß uns schon der Wetterwechsel im Nacken, und das früher als geplant. So beeilten wir uns, die ausgesetzten Stellen zu verlassen. Obwohl es nun größtenteils bergab ging, war es trotzdem sehr anstrengend, im rutschigen Schnee mit Steigeisen sicher voranzukommen. Die Stimmung war nun gelöster, wir hatten unser Ziel erreicht, wir hatten es geschafft! So gab es sogar auf einer Eisplatte noch kurz Zeit für unseren Guide, uns über die Entstehung des Gletschers und auch der Gletscherspalten aufzuklären.
Wenn dein Kollege am Grat zu dir sagt: Falls du abrutschst, spring ich zu 100 Prozent in die andere Richtung, und dann anfängt ,Don’t Worry, Be Happy‘ zu singen, dann weiß man, dass man mit der richtigen Gruppe den Gipfel erreicht.
Stina Mick, L&D bei Globetrotter
Danach zog sich der Himmel jedoch vollends zu, und als wir am Einstiegspunkt ankamen, begann es zu regnen und der Wind frischte mit den angekündigten Böen auf. Das schlug uns aufs Gemüt und auch die Erschöpfung setzte uns zu. So stapften wir im Regen bei ordentlich Wind dem Defreggerhaus entgegen und hofften auf eine warme Suppe, die uns allerdings verwehrt bleiben sollte. Denn unser Guide riet uns in weiser Voraussicht, nicht zu rasten, um nicht auf der Hütte träge und müde zu werden und dadurch den Abstieg unnötig zu verlängern, sondern weiterzugehen. Nach einigem Murren stimmten wir alle zu, zogen durch und wurden weiter unten belohnt: Der Regen wich und ein leichter, warmer Wind zog auf und trocknete unsere nassen Sachen schnell.
Als sich dann auch noch die Sonne dazugesellte und wir nach einigen Keksen und Riegeln zu neuer Energie gefunden hatten und bereits unsere Hütte unten im Tal sehen konnten, setzte bei dem ein oder anderen der sogenannte Stalldrang ein. Somit gingen alle in ihrem gewünschten Tempo den leichten Abstieg zu Ende, der sich noch erstaunlich lange hinzog, was uns beim Aufstieg in der Nacht überhaupt nicht aufgefallen war. Erschöpft und glücklich überquerten wir die letzte Brücke vor unserer Hütte, klatschten uns ab und gratulierten uns gegenseitig, bevor die ersten Kaiserschmarrn, Suppen und hellen Biere unsere hungrigen und durstigen Kehlen hinunterglitten.
Es gibt doch nichts Schöneres nach 1.600 Höhenmetern, als einen selbst gemachten Kaiserschmarrn mit Apfelmus und Preiselbeersoße auf der Berghütte zu verspeisen.
Johannes Hönig, Junior Art Director bei Globetrotter
Den restlichen Tag ließen wir bei Sonnenschein und kalten Fußbädern in den eisigen Ausläufern des Zettalunitzbachs ausklingen, duschten, ruhten und sprachen über unsere Erlebnisse. Abschließend genossen wir ein großartiges Abendessen und ein langes Zusammensitzen mit legendären Pantomime-Darbietungen und Mythen über ein rotes Telefon, das außen an der Hütte hing und den Eindruck vermittelte, als könne es alle Fragen der Welt beantworten. Wer also einmal in Schwierigkeiten steckt, sollte auf der Johannishütte zum roten Telefon greifen, dort kann einem immer geholfen werden.
Nach einer erholsamen Nacht und einem entspannten Frühstück ging es am nächsten Morgen zurück durchs Tal zum Wanderparkplatz. Vorbei an gerade erwachten Murmeltieren und als Element der ein oder anderen Foto- und Video-Aufnahme für die Nachbereitung dieses einmaligen Events. Unten angekommen wollten wir noch gar wieder zurückfahren. An dem wunderschönen Morgen, unsere Füße im kalten Bergwasser baumelnd, holten wir unseren viel zu kurzen Gipfelmoment vom Vortag nach und ließen das Wochenende mit ein paar frühen, aber verdienten und vom Fluss eisgekühlten Bierchen Revue passieren, bevor wir die lange Heimfahrt in den Norden Deutschlands antraten, wo der Arbeitsalltag auf uns wartete.
Fazit:
Eine anstrengende, aber nicht zu anspruchsvolle Tour, die am besten mit einem guten Guide und einer mutigen Truppe gemeistert werden kann.
An dieser Stelle gilt unser Dank unserem Guide Philipp, für die sichere und erfahrene Führung unserer Nordlicht-Gruppe, dem Team der Johannishütte für Unterkunft und Beherbergung und unserem Arbeitgeber Globetrotter für dieses grandiose Erlebnis.
Die Tour kurz und knapp
ANREISE:
Mit der Bahn über Wörgl bis Kitzbühel und von dort mit dem Bus über „Matrei in Osttirol Korberplatz“ bis „Prägraten Hinterbichl Gh. Islitzer/Kraftwerk“. Alternativ mit dem Auto bis zum Parkplatz Wiesenkreuz.
BESTE ZEIT:
Ab Mitte Juni bis September
WANDERKARTE:
Großvenediger – Oberpinzgau
1 : 50 000. WK 121 – Wanderkarte