Natur für alle

“The New Era – Business and Beyond” – so der Titel des European Outdoor Summits, der Anfang Oktober in Berlin stattfand. Diskutiert  wurde eine breite Palette von Outdoor-Themen, vor allem das Thema “Diversity, Equit, Participation” (DEI).

Einmal im Jahr veranstaltet die European Outdoor Group (EOG) den European Outdoor Summit – ein Gipfeltreffen der wichtigsten Unternehmer, Manager und Vordenker der Outdoor-Branche. In diesem Jahr traf man sich in Berlin, um gemeinsam über die größten Herausforderungen nachzudenken und Lösungen zu finden.

Moderiert wurde der Gipfel erstmals von zwei Experten aus dem Bereich “Diversity, Equit, Participation” (DEI): Keme Nzerem vertrat die Organisation Opening Up the Outdoors (OUTO), die sich für Vielfalt und Inklusion im Outdoorbereich einsetzt und allen Menschen – unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Geschlecht, sexuellen Identität oder Fähigkeiten – die Möglichkeit geben will, Natur zu erleben.

Neben Keme Nzerem stand Margo de Lange auf der Bühne. Sie vertrat die It’s Great Out There Coalition (IGOT), die durch verschiedene Initiativen in ganz Europa einen aktiven, natur- und gesundheitsbewussten Lebensstil fördert.

Vielfalt bei Outdooraktivitäten fördern

Das erste Panel zum Thema Inklusion hatte den Titel “Opening Up the Outdoors: Fuelling diversity in the Outdoors today”. Anthony Owoseken berichtete über die Arbeit ihrer Organisation Empoca, die  Kindern und Jugendlichen Naturerlebnisse näher bringt. Seit 2018 veranstaltet man Outdoor Camps speziell für People of Color, um Umweltbewusstsein, Gesundheit und Selbsterfahrung zu fördern.

Im Anschluss folgte eine Diskussion mit dem Publikum zur Frage: “Should we separate activities based on a person’s skin color?”, also wie im konkreten Fall Outdooraktivitäten ausschließlich für schwarze Jugendliche. Die Gegenargumente stützen sich darauf, dass diese Trennung dem Ziel einer integrierten, multikulturellen Gesellschaft zuwiderläuft, in der Menschen aller Hautfarben und Glaubensrichtungen gemeinsam an allen Aktivitäten teilnehmen können.

Die Befürworter vertraten dagegen den Standpunkt, dass dieses Konzept der Integration und des Zugangs – so sinnvoll es in der Theorie auch sein mag – in der Praxis einfach nicht funktioniert. Es ignoriere darüber hinaus real existierende Zugangsbarrieren und habe zum systematischen Ausschluss von People of Color in vielen Outdoor-Bereichen geführt.

An einer Stelle wurde eine interessante Parallele gezogen. So hätten sich beispielsweise auch reine “Frauenschwimmgruppen” zu einem akzeptierten Weg entwickelt, einen sicheren Raum zu schaffen und gemeinsam in der Gruppe die Freude am Schwimmen zu entdecken. Auf die gleiche Weise könnten auch exklusive Aktivitäten für People of Color dazu beitragen, die Freude an der Natur zu fördern, Sicherheit und Zugehörigkeit aufzubauen.

Kann “Minimalismus” Integration fördern?

Das nächste Panel zum Thema Inklusion trug den Titel “Minimalism: Towards more sustainable and more inclusive outdoor experiences.”. Der Redakteur des Suston Magazine, Jonathan Fraenkel-Eidse, moderierte die Diskussion, an der auch der Textilingenieur Bowie Miles und der Präsident des IGOT, Andy Schimeck, teilnahmen.

Die Kernaussage des Gesprächs war, dass das ständige Streben der Outdoor-Industrie nach Leistung und Extremen die unbeabsichtigte Folge hat, dass große Gruppen von potenziellen Outdoor-Fans ausgeschlossen werden. Übertechnisierte Produkte treiben zum Beispiel die Preise auf ein Niveau, das für einkommensschwächere Gruppen unerschwinglich ist. Durch die konsequente Vermarktung der extremen Outdoor-Erfahrungen einiger weniger Privilegierter schließt die Branche unbeabsichtigt die “alltäglichen Outdoor-Erfahrungen” vieler Menschen aus und stellt sie ins Abseits. (Weitere Informationen in Bowie Mile’s Kommentar zu diesem Thema).

Die Diskussion im Anschluss zeigte mit einer Flut von Fragen und Kommentaren, dass dieses Thema einen Nerv getroffen hatte. Einige Zuhörer sahen darin kein Problem, da grundsätzlich jeder in der freien Natur willkommen sei. Andere wiederum fühlten sich durch diese Behauptung provoziert und merkten an, dass sie einen blinden Fleck einer Branche offenbart, die immer noch hauptsächlich von Menschen aus wohlhabenden Gesellschaftsschichten dominiert wird.

Leider reichte die Zeit für beide Podiumsdiskussionen nicht aus, um alle Perspektiven zu erörtern – aber die Teilnehmer des European Outdoor Summit haben die diesjährige Veranstaltung zweifelsohne mit einer Menge Stoff zum Nachdenken verlassen.

Text: Philipp Olsmeyer