Am nächsten Morgen holen wir frisches Gebäck und Milchkaffee in der Bäckerei und frühstücken im Schatten, während wir auf den Bus warten, der uns zum nächsten Ziel bringt. Mit der Golmerbahn fahren wir von Latschau – direkt neben dem großen Stausee – hinauf in die westliche Rätikon-Kette. Unser Ziel: die Lindauer Hütte auf 1.744 Metern, unter den markanten Gipfeln Drei Türme, Drusenfluh und Sulzfluh, die nicht nur Wandernde, sondern auch Kletterer anziehen.
An der Golmerbahn herrscht kaum Andrang. Wir steigen an der Mittelstation Matschwitz aus und folgen einem schmalen, von wilden Erdbeeren gesäumten Pfad in den Wald. Ein klarer Bergbach kreuzt den Weg – das Wasser eiskalt, frisch aus den Quellen Vorarlbergs. Die Region zählt zu den wasserreichsten in Europa, mit rund 1.900 Litern Niederschlag pro Quadratmeter jährlich und zahlreichen ergiebigen Quellen wie der Lederquelle im Gampadellstal, deren Wasser ganzjährig vier Grad kalt, mineralreich und außergewöhnlich rein ist.
Bald erreichen wir den Maisäß Platzadels, eine jahrhundertealte Zwischenstation der Almwirtschaft. Im Frühjahr und Herbst ziehen die Bauern ihr Vieh hierher, wenn die Talwiesen gemäht, die Hochalpen aber noch nicht erreichbar sind. Die kleinen Holzhäuser mit Ställen und Windschutz prägen das Bild. Auf der Weide trinken Kühe an einer Quelle, ein paar Pferde tun sich am Gras gütlich. Weiter geht es zur Alpe Latschätz auf 1.800 Metern, seit Jahrhunderten Sommerweide für Rinder und Jungtiere, mit Alphütten im typischen Montafoner Stil.
Auf dem Latschätzer Höhenweg umgeben uns blühende Almrosen, die Gipfel werden höher und weißer. Plötzlich tauchen die zerklüfteten Drei Türme vor uns auf – ihr Anblick ist so eindrucksvoll, dass er uns kurz den Atem nimmt.