Affe auf Bike, aus welcher Laune ist denn bitte dieser Name entstanden?
Ann-Kathrin: Ich wollte nie Influencerin werden oder in der Öffentlichkeit stehen. Dementsprechend habe ich mir keine großen Gedanken über die Qualität dieses Namens gemacht. Entstanden ist er in der Schulzeit, wo man mich aufgrund meiner Segelohren gemobbt hat. Ich war wahlweise Dumbo, Elefant oder eben Affe. Und als ich dann nach der Schule beschloss, mit dem Motorrad auf Reisen zu gehen, habe ich einfach meinen Bruder gefragt, wie ich denn meinen Insta-Account nennen solle. »Affe auf Bike« war sein Vorschlag. In your face. So wurde meine vermeintliche Schwäche zu meiner Stärke.
Wikipedia sagt: Ann-Kathrin Bendixen (24) besuchte die Siegfried-Lenz-Schule in Handewitt (Schleswig-Holstein) und legte dort im Frühjahr 2019 ihr Abitur ab. In ihrer Jugend spielte sie Fußball. Mit 18 Jahren erkrankte sie nach einer Knochen-OP an einer Mukozele, die mit einer Notoperation entfernt wurde.
Du hast die dritte Staffel von »7 vs. Wild« zusammen mit deiner Partnerin Hannah absolut gerockt, obwohl ihr euch vorher kaum kanntet. Was war das Geheimnis eures Erfolgs?
Ann-Kathrin: Hannah und ich teilen, obwohl wir vom Typ her völlig unterschiedlich sind, die gleichen Werte. Wir sind wie Tag und Nacht. Ich aufgedreht und hibbelig, Hannah ruhig, bedacht und versehen mit einem superreinen Herzen. Aber wir sind beides Menschen, die wollen, dass es dem Gegenüber gut geht. Wir sind Menschen, die oft nachfragen. »Hey, wie geht es dir, was kann ich für dich tun?« Und wenn du so lange da draußen in der Natur bist, abgeschottet von Familie und Freunden, dann kommt immer dieser Moment, wo du dich nicht so wohlfühlst. Und sie hat halt auch Skills mitgebracht, die ich nicht hatte – und andersrum. Vielleicht war es auch gerade ein Vorteil, dass wir uns nicht kannten. So war alles, was wir uns zu erzählen hatten, irgendwie neu und aufregend. Wie in einer frischen Beziehung. Und man geht respektvoller und vorsichtiger miteinander um.
Wie fühlen sich 14 Tage ohne Essen an?
Ann-Kathrin: Das kann ich gar nicht sagen, denn wir hatten ja im Gegensatz zu manchen anderen Kandidaten hin und wieder was zum Kauen. An Tag fünf gab es den Riesenkrebs, immer wieder mal einen Minifisch und fast jeden Tag Schnecken, die wir geröstet haben. Damit sind wir gut über die Runden gekommen und hatten nie das Gefühl, dass wir gleich aus den Latschen kippen. Dennoch haben wir den Mangel an Nahrung gespürt. Einmal hatte ich aus dem Nichts Schüttelfrost, auch Sodbrennen war ein Problem. Und die Gewichtsabnahme von 53 auf 47 Kilogramm habe ich mit einer Periode bezahlt, die gar nicht wieder aufhören wollte. Mein Arzt meinte hinterher, dass mein Körper durch die Belastung hormonell wohl ziemlich durch den Wind war. Trotzdem würde ich sagen, dass die Zeit eher eine Entgiftung für mich war und ich mich anschließend fitter gefühlt habe. Hinterher war auch die Wertschätzung für Lebensmittel, die du sonst einfach in dich reingestopft hast, enorm. Selbst ein Glas Mineralwasser siehst du danach mit völlig anderen Augen.
Bevor du durch die Survival-Show einem breiten Publikum bekannt wurdest, bist du mit dem Motorrad durch die Welt gedüst. Direkt nach der Schule ging es los. Hattest du den Segen deiner Eltern?
Ann-Kathrin: Natürlich haben sich meine Eltern Sorgen gemacht und sich gefragt, wie es mit mir weitergeht. Ich hatte ja zuvor eine schwere Erkrankung und ging auf Reisen, weil mir die Endlichkeit des Lebens bewusst geworden war. Doch meine Eltern dachten sicher: Die hat nur 400 Euro in der Tasche, die ist nach 14 Tagen wieder da. Auch ich habe nie gedacht, dass es möglich ist, ohne großes Geld auf Reisen zu gehen und so lange wegzubleiben. Aber als ich mit einem Lächeln auf den Lippen nach der schweren Leidenszeit losgefahren bin, waren wohl auch meine Eltern happy.
Als Markenbotschafterin fährt Ann-Kathrin aktuell eine speziell auf ihre Körpergröße von 167 cm angepasste Harley Davidson Nightster.
Warum Motorrad und nicht Fahrrad?
Ann-Kathrin: Mit dem Motorrad kannst du einfach mehr Gepäck mitnehmen und du kommst schneller von A nach B. Ich will fahren, ich will Power unter meinem Arsch, will über Feldwege brettern. Dieses Gefühl kennen wohl nur Motorradfahrer:innen. Auf dem Fahrrad denke ich mir immer nur: Kein Bock, ich kann nicht mehr. Andere wollen eher wissen: warum Motorrad und kein Auto? Das ist einfacher zu beantworten: Ein Motorrad ist viel günstiger in Anschaffung und Versicherung und es braucht auch deutlich weniger Benzin. Aber klar, ein Fahrrad wäre natürlich noch günstiger gewesen.
Wohin wolltest du?
Ann-Kathrin: Ich hatte eigentlich kein Ziel. Ich habe am Anfang den Autozug von Hamburg nach Lörrach gebucht. Das Ticket hat mein Vater spendiert – als Geschenk nach dem Abitur. Aber damit hatte es sich dann auch mit dem Support durch meine Eltern. Ich höre das immer wieder: Die hat bestimmt reiche Eltern. Aber das stimmt nicht. Nullkommanull. Von Lörrach ging es dann ohne großen Plan gen Süden. Wenn ich eine schöne Straße gesehen habe, habe ich sie genommen.
Anfangs finanziert sich Ann-Kathrin durch Jobs auf Bauernhöfen. 2021 veröffentlicht sie ihr Buch »Bikergirl« im Riva-Verlag, das sogar auf der Spiegel-Bestsellerliste landet. Hinzu kommen heute Erlöse durch ihre hohe Social-Media-Reichweite auf YouTube und Instagram.
Wie weit hat dich dein Motorrad mittlerweile gebracht?
Ann-Kathrin: Motorräder. Zwei musste ich bereits aufgeben. Eines ist an einer Tankstelle abgebrannt, das andere hat nach einem Sandsturm auf Teneriffa den Geist aufgegeben. Alles in allem habe ich Afrika, Südamerika, Nordamerika, Thailand und Island bereist – und ganz Europa. Mittlerweile liegen über 100.000 Kilometer hinter mir.
Wovor hat der Affe Angst?
Ann-Kathrin: Ich habe auf meinen Reisen gelernt, die Angst wegzuschieben, da ich sie mir oft gar nicht erlauben kann. Anfangs hatte ich – typisch Mädchen – Angst vor Spinnen. Mittlerweile hatte ich so viele Spinnen in meinem Zelt, dass die Angst einem Normalzustand gewichen ist. Wie jeder Mensch habe ich natürlich Verlustängste, was Eltern und Freunde angeht. Und ich will nicht verlieren, was ich habe: als Affe auf Bike frei durch die Welt reisen. Dabei geht das so schnell. Ein Unfall, eine Krankheit, und alles ist vorbei. Die Angst, »nicht gelebt zu haben und etwas zu verpassen«, habe ich jedenfalls schon bewältigt. Wenn ich jetzt sterbe, sterbe ich glücklich.
Seit Februar gehst du im TV-Format »Let’s Dance« an den Start. Bist du noch dabei, wenn dieses Interview Mitte April erscheint?
Ann-Kathrin: Mein Ehrgeiz ist groß. Allerdings kann ich nicht wirklich tanzen. Ich bin zwar sportlich, doch sich drei Schritte am Stück, geschweige denn eine ganze Choreografie zu merken, da hört es bei mir schon auf. Ein Problem sind auch die hochhackigen Schuhe. Vorne Nagelbettentzündung und hinten fliegt dauernd meine Hacke raus. Ich sehe es einfach als großes Abenteuer und hoffe, dass ich die erste Runde überstehe.
Ist die Rente sicher?
Ann-Kathrin: Das Geld, was du auf dem Konto hast, macht dich nicht aus. Das sehen natürlich die meisten Menschen anders. Aber so viel wichtiger ist es, im Moment zu leben, denn das Geld nutzt nichts, wenn deine Uhr abgelaufen ist. Ich habe auch früher nie Geld gehabt. Wenn ich dann mal Kühe gemolken und zehn Euro hatte, habe ich mich reich gefühlt. Aber klar, mittlerweile kann man mit Social Media gut Geld verdienen, doch das wird nie meine Botschaft sein. Ich will den Leuten lieber zeigen, dass man auch mit wenig Geld reisen kann und Ranz geil ist.
»Ich will fahren, ich will Power unter meinem Arsch, ich will über Feldwege brettern.«
INTERVIEW: Michael Neumann
FOTO: Ann-Kathrin Bendixen