Dieser Name weckt hohe Erwartungen und auch die Angaben sind vielversprechend: Auf 184 Kilometern und mehr als 4.300 Höhenmetern schlängelt sich der Devil’s Trail einmal durch und rund um den Harz.
Auch wenn die teilweise kahlen Landschaften und die vom Borkenkäfer zerstörten Wälder der Vorhof zur Hölle sein könnten, hat der Harz wenig Teuflisches für mich als Gravelbiker. Ganz im Gegenteil: Mein Bikepacking-Herz schlug höher, als ich die Bilder des »Devil’s Trail« im Harz mit unzähligen Schotterwegen und anspruchsvollen, steilen Pisten sah. Der Name stammt nur vom Teufel, da dieser verkörpern soll, wie hart und herausfordernd diese Tour ist.
Der »Devil’s Trail«
Zusammen macht so ein Tag im Sattel einfach mehr Spaß: Gemeinsam leiden, am Gipfel abklatschen und gute Gespräche in den Pausen. Deswegen aktivierte ich vier meiner langjährigen Bike-Freunde, die alle echte Langstrecken-Veteranen sind: Martin Moschek, der direkt nach der Wende 1989 von Leipzig nach Indien radelte und später den Blog Biketourglobal ins Leben rief. Daniel Furchtmann, der ganz spontan 300 Kilometer nachts bei Gegenwind radelt und das Ganze für YouTube dokumentiert. Gunnar Dethlefsen, unser Fotograf, der seine Passion für das Radfahren begeistert mit Bildern festhält. Alexander Jung, eine echte Watt-Maschine, die uns theoretisch alle zusammen den Berg hochschieben könnte. Und ich, Nils Thomsen, der Erfinder der Hackenpedder-Route, die rund um Schleswig-Holstein führt.
Egal ob 1000 Kilometer in Norwegen, 2000 Kilometer in Kirgistan oder einfach mal so 400 Kilometer an einem Tag – jeder von uns hat in den vergangenen Jahren ordentlich Ausdauer aufgebaut. Zusammen wollten wir den Devil’s Trail als Training, Leistungscheck und Herausforderung fahren. Und um zu sehen, wo wir fitnesstechnisch gerade stehen. Aber es ging nicht nur um das Training – mit dem Abenteuer feierten wir gleichzeitig Gunnars Geburtstag, der sich diese Tour gewünscht hatte.
Man sagt ja immer, dass Vorfreude die schönste Freude sei. Somit beschäftigte ich mich lange mit Karten und Tourenberichten, studierte die Streckenführung und erstellte eine Übersicht, wann wir wo sein könnten. Darin sind Verpflegungsstopps sowie besondere Anstiege vermerkt. Mir ist diese Vorbereitung und Planung wichtig, um die Etappen besser einschätzen zu können.
Als ersten Meilenstein legte ich einen Supermarkt in Bad Lauterberg fest. Dieser liegt bei Kilometer 82. Hier ist dann schon ein großer Teil der 184 Kilometer langen Gesamtstrecke geschafft, wir sind unserem Ziel schon deutlich näher und wir verdienen eine richtige Pause. Den zweiten Stopp plante ich bei Kilometer 133 in Braunlage, wo wir eine Mittagspause machen wollten. Natürlich hatte der Rest unserer Gruppe keinen Blick in das Roadbook geworfen und mal wieder blind auf mich vertraut – typisch.
Fjällräven
139.95 EUR
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114.95 EUR
Fidlock
44.99 EUR
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59.95 EUR
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89.95 EUR
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129.95 EUR
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149.95 EUR
Um den Devil’s Trail an einem Tag zu schaffen, starten wir schon um fünf Uhr am Morgen. Als Startpunkt haben wir einen Campingplatz bei Bad Harzburg ausgewählt, da dieser direkt am Trail liegt. Noch im Dunkeln suchen wir uns den Weg durch das Gestrüpp. Doch schon bei der ersten Abfahrt kracht es bei Geburtstagskind Gunnar: Er hat eine quer laufende Regenrinne übersehen – Durchschlag! Hinten ist die Luft raus. Doch mit einer Kopflampe und dem Ersatzschlauch ist der Schaden schnell behoben. Kaum sind wir wieder auf dem Weg, der nächste Schlag: Gunnars Kette ist komplett verschlissen, die leichtesten Gänge springen. Abbruch oder weitermachen? Gunnars Wille ist zu groß, als dass Aufgeben eine Option wäre. Bei jedem Anstieg heißt es für ihn nun entweder Vollgas oder schieben. Na, das ist mal ein Geburtstagsgeschenk! Wie soll man das auch wissen als Nordlicht, das die kleinen Gänge nie nutzt? Kleiner Trost: An den wirklich steilen Passagen müssen wir in der Regel sowieso alle schieben.
Nach fünf Kilometern ohne weitere Panne sind wir warmgefahren. Die Sonne spitzelt über die Gipfel des Harzes und der Blick in die weite, offene und teilweise kahle Landschaft offenbart sich. Im Harz gibt es ganze Hänge voller toter, vom Borkenkäfer befallene Bäume. Das ist traurig, hat aber gleichzeitig eine ganz eigene Form von Schönheit. Es ist wie ein Weckruf, der sagt, dass alles vergänglich ist. Wer schon einmal in Skandinavien war, kennt vielleicht auch die gerodeten Waldflächen zur Holzgewinnung, welche einen ähnlichen, dystopischen Eindruck hinterlassen. Die Natur ist schon dabei, sich zu erholen und so durchfährt man auch wieder grüne und gesunde Waldteile.
Grob halten wir uns an meinen Plan, allerdings dauern die Anstiege doch länger als wir es uns mit unserer norddeutschen Flachland-Erfahrung vorgestellt hatten. Einfach mal sieben Kilometer den Berg raufkurbeln? Das gibt’s bei uns sonst nicht … Schon auf den ersten 80 Kilometern nach Bad Lauterberg sammeln wir 2.500 Höhenmeter. Die Gruppe teilt sich bei den Anstiegen kurzzeitig immer wieder auf, da unser Tempo beim klettern teilweise recht unterschiedlich ist. Gerade bei langen Touren tut man gut daran, seine eigene Wohfühlgeschwindigkeit zu treten.
Angekommen in Bad Lauterberg, machen wir es uns vor dem Supermarkt gemütlich und stopfen allerlei wenig gesunde, aber dafür energiereiche Lebensmittel in uns rein. Die Energieversorgung muss aufrechterhalten werden!
Über Braunlage und am Brocken vorbei
Gut gestärkt verlassen wir gegen Mittag Bad Lauterberg. Die Sonne kommt raus, sodass wir gar nicht merken, wie schnell die nächsten 50 Kilometer an uns vorbeifliegen. Ehe wir uns versehen, sitzen wir mit einem Döner in der Hand in Braunlage. Von hier sind es noch knapp 50 Kilometer und es wartet direkt der gefürchtete Wurmberg auf uns. Mit seinen 950 Metern über Null ist er der höchste Punkt des Devil’s Trails. Bei teilweise zwölf Prozent Steigung auf Geröll schieben wir öfter, als uns lieb ist. Doch stoisch ziehen wir unser Programm durch: Treten, schieben und wieder treten und wieder schieben, bis wir nach und nach den Gipfel erreichen. Interessant zu erwähnen ist, dass der Devil’s Trail ab der Höhe von Schierke nach Ilsenburg gute 15 Kilometer entlang des Grünen Bandes, der ehemaligen innerdeutschen Grenze führt.
Das landschaftliche Highlight kommt zum Schluss. Eine knackige zehn Kilometer Abfahrt liegt vor uns, zur linken erscheint der Brocken, der höchste Berg Norddeutschlands, als Silhouette in der untergehenden Sonne. Die kahle, weite Graslandschaft, durchzogen von ruhigen Flussläufen und Bächen und die goldene Abendstimmung prägt sich ein und bleibt bei uns allen im Gedächtnis.
Nach 14 Stunden kommen wir kurz vor Einbruch der Dunkelheit wieder am Campingplatz an. Davon saßen wir elf Stunden im Sattel. Drei Stunden nutzten wir für Selfies, abklatschen oder Verschnaufpausen. Irre, wie kurz sich insgesamt drei Stunden Pause anfühlen können. Am Ziel erwartet uns Alex, der leider bei Kilometer 120 aufgrund von Rückenschmerzen frühzeitig den Trail verlassen musste. Wir klatschen ein letztes Mal zufrieden und glücklich ab. Prost – dieser Ausflug hat sich mehr als gelohnt!
Konzept des Trails
Der Devil’s Trail wird als Mountainbike-Trail geführt. Aus meiner Sicht eignet sich die Strecke aber auch hervorragend für das Gravelbike. Technisch sind keine besonderen Fähigkeiten erforderlich. Der Trail wurde von der HARZ-Agentur GmbH in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern erschaffen. Wenn man sich zwei oder drei Tage Zeit nimmt, bietet sich eine ideale Gelegenheit, in einem gemächlichen Tempo die Schönheiten dieser Region zu erleben.
Der Devil’s Trail hat ein ähnliches Konzept wie die Harzer Wandernadel. Entlang der Route gibt es acht Checkpoints. Dort muss man sich einen Stempel abholen, um zu beweisen, dass man den Trail tatsächlich gemeistert hat. Der Trail führt immer wieder hoch zu markanten Bergen oder Aussichtsplattformen und man hangelt sich von Gipfel zu Gipfel und nimmt auf dem Weg immer wieder die Stempel der Checkpoints mit. Zu den Höhepunkten zählen dabei die Hanskühnenburg, der Große Knollen, der Matthias-Schmidt-Berg und der Wurmberg. Wider Erwarten ist der Brocken nicht Teil der offiziellen Route, aber er ließe sich auf eigene Faust ganz einfach in die Tour integrieren. Wer sich offiziell als Devil’s Trail Finisher feiern lassen möchte, meldet sich mit einer kleinen Startgebühr an und erhält sogar die benötigten Unterlagen per Post.
Mehr Infos und Anmeldung unter: www.devils-trail.de
Fazit zum Devil’s Trail im Harz
Der Harz ist trotz oder gerade aufgrund seiner Karg- und Schroffheit immer einen Besuch wert und bietet das perfekte Trainingslager. Gerade auch für uns Norddeutsche durch die gute Erreichbarkeit. Die Strecke stellt einen Belastungstest auch für Ultra Gravel Events dar und bietet genügend Versorgungsmöglichkeiten unterwegs. Wenn man noch den Brocken zum Track hinzufügt, stehen am Ende etwa 5.000 Höhenmeter auf der Uhr – das wäre dann wohl wirklich teuflisch!
TEXT: Nils Thomsen
FOTOS: Gunnar Dethlefsen