Einfach ikonisch
Die Schweden mögen Dinge, die Bestand haben. Dinge, die elegant sind in ihrer Schlichtheit, klar in ihrer Zeitlosigkeit und praktisch in ihrem Nutzen. In der Outdoor-Welt ist dafür seit 65 Jahren Fjällräven zuständig. Ein Überblick über die Meilensteine der Firmengeschichte.
Sommertage in Schweden sind besonders. Besonders lang, besonders hell, besonders intensiv. Es sind Tage, in denen man sich verlieren kann. In dem Labyrinth der Schärengärten, in der Weite der Tundra, im Leben im Freien, dem Friluftsliv.
So auch in dem Küstenstädtchen Örnsköldsvik. Ungefähr 500 Kilometer sind es von hier nach Stockholm im Süden, genauso weit bis zum Polarkreis gen Norden. Drumherum liegt viel Wasser und noch mehr Wildnis. Hier an der Höga Kusten, der Hohen Küste, kommt im Jahr 1936 Fjällräven-Gründer Åke Nordin zur Welt. Und was macht man als Kind umzingelt von tiefen Wäldern und steilen Klippen? Man taucht ein in die Landschaft, paddelt und angelt, klettert und buddelt. Und wenn man tatsächlich mal drinnen ist, dann werkelt man an Dingen, die man draußen gebrauchen kann.
Åke macht sich die Welt schon früh, wie sie ihm gefällt. Findet er nicht die passende Ausrüstung für seine Abenteuer, stellt er sie kurzerhand selbst her. Was als jugendliche Tüftelei beginnt, wird in den folgenden Jahren und Jahrzehnten zu einer der bekanntesten Marken Schwedens: Fjällräven.
Im Alter von 14 Jahren sehnte sich Åke Nordin nach einem bequemen, aber lastfähigen Rucksack für seine Abenteuer im Fjäll. An der Nähmaschine seiner Mutter und mit dem Werkzeug seines Vaters konstruierte er im heimischen Keller den ersten Rucksack mit Holzrahmen.
Wasserdichte Außenhaut und luftiges Innenzelt gegen Kondensation: Åke Nordin erfindet das zweilagige Zelt. Diese Konstruktion kommt 1966 auch auf einer Grönland-Expedition zum Einsatz. Das Feedback der Teilnehmenden: »Wir wollen auch Bekleidung, die das kann, was deine Zelte können!«
Und so beginnt Åke an einer Stoffmischung zu tüfteln, die zu einem der Wegbereiter moderner Funktionsmaterialien werden sollte: G-1000. Der Mix aus Polyester und Baumwolle ist strapazier fähig, atmungsaktiv, bequem und trocknet schnell. Er hat alles, was es draußen braucht. Bis auf eine Sache: Er ist nicht wasserdicht. Da erinnert sich Åke, wie sie einst als Kinder beim Skispringen nicht nur die Skier gewachst haben, sondern auch ihren Hosenboden. Zeit zu experimentieren.
Als der 28-Jährige seine spezielle Wachsmischung auf den G-1000-Stoff aufträgt und mit dem Fön seiner Frau Esther erwärmt, ahnt er wohl kaum, dass er an einer Legende arbeitet. 1968 kommt mit dem Greenland-Jacket das erste Bekleidungsstück von Fjällräven auf den Markt – bis heute ein Klassiker.
Aus dem Nordin’schen Keller geht es in eine eigens gebaute Fabrik am Stadtrand von Örnsköldsvik. Bis heute steht hier das Fjällräven-Hauptquartier.
Angestiftet von Berichten über Rückenleiden bei Kindern und Jugendlichen entwirft Åke den Kånken. Der schlichte Rucksack ersetzt die schweren Ledermodelle und einseitigen Umhängetaschen. Dass der Kånken über die Jahrzehnte seinen Weg von skandinavischen Schulhöfen in die hippen Straßen von Toronto und Tokio finden würde – damit hat wohl auch Åke nicht gerechnet.
Das Hundeschlitten-Rennen für »Normalos« führt 300 Kilometer durch die arktische Wildnis und ist seit der ersten Ausgabe ein riesiger Erfolg.
Die Geburtsstunde des beliebtesten Wander-Events der Welt: Beim Classic laufen die Teilnehmenden 110 Kilometer des Kungsleden in Lappland. Mittlerweile findet der Classic in sieben Ländern auf vier Kontinenten statt.
Bei Fjällräven ging es nie darum, mit einem Hauch von Material so schnell und so weit wie möglich zu kommen. Es geht nicht darum, Strecke zu machen, es geht darum, die Strecke zu erleben. Ob zu Fuß, mit dem Boot oder mit dem Rad. Für Dinge wie diese haben die Schweden gerne eigene Bezeichnungen. So wie Hoja: das Radfahren aus Lust und Laune. Ein perfekter Name für eine Kollektion, mit der Fjällräven jetzt in seinem 65. Jahr auf ein neues Spielfeld rollt.
Die Hoja-Familie macht selbst auch Lust und Laune, weil sie so vielseitig und unkompliziert ist. Fahrradbekleidung, die sich nicht auf eine Sache festschreiben lässt, weil die größte Freiheit doch darin liegt, nicht zu wissen, wohin es einen treibt. Noch zu Fuß weiter oder zur Einkehr ins Café? Auf eine kurze Runde oder auf tagelange Ausfahrten? Mit denen kennt sich Fjällräven als Marke für die Langstrecke schließlich recht gut aus.
TEXT: Sissi Pärsch, Philip Baues
FOTOS: Fjällräven