Devold im Portrait
Wenn norwegisches Handwerk und hochwertige Schafswolle unter einem Fabrikdach in Litauen
zusammentreffen, entsteht Woll-Lust à la Devold.
TEXT: Michael Neumann
FOTOS: Archiv Devold
Devold? Sind das nicht die mit den Bohrmaschinen? Nee, die heißen DeWalt. Außerdem gibt es die erst seit 1924, während die Wurzeln Devolds auf 1853 datieren. Da nämlich kehrte Ole Andreas Devold von seinen Lehrjahren aus Deutschland ins norwegische Ålesund zurück, im Gepäck eine hochmoderne mechanische Strickmaschine. Damit produzierte er Wollunterwäsche und Fäustlinge für die lokalen Fischer. Im Laufe der Jahrzehnte etablierte sich Devold als sozialer Arbeitgeber in der Region und die Produktion wuchs zu einer der größten Textilfabriken Norwegens. Daneben baute Ole einen Staudamm samt Kraftwerk. So hatte er Wasser zum Wollefärben und Strom für den Antrieb der Strick- und Nähmaschinen. Nachdem das Kraftwerk in Betrieb genommen wurde, dauerte es nur ein Jahr, bis Devold den nächsten historischen Meilenstein erreichte. Vier Jahre nachdem Thomas Edison die moderne Glühbirne erfunden hatte, installierte Ole in seiner Weberei eine elektrische Beleuchtung. Die 125 Glühbirnen waren die ersten im Fjord und ihr Licht selbst von den umliegenden Bergen aus sichtbar.
Grundstoff der Textilherstellung war damals wie heute Wolle. Erst die des europäischen Hausschafs: robust und formstabil. Sie ist ideal als passiver Wärmespeicher bei trockener Kälte. Diese Wolle verwendet Devold noch heute bei den klassischen Norweger-Pullis und Strickmützen. Sie kommt bevorzugt von norwegischen Schafen oder von den Falklandinseln.
Dann entdeckte die Textilindustrie das Merinoschaf »neu«. Es stammt wohl aus dem nördlichen Afrika und wurde bis weit ins 18. Jahrhundert vornehmlich in Spanien gezüchtet. Das Monopol auf diese »spanische Wolle« wurde mithilfe drakonischer Strafen verteidigt. Die Wolle des Merinoschafs ist dünner und somit deutlich weniger kratzig und schneller trocknend. Und sie ist temperaturregulierend, atmungsaktiv und isoliert sehr gut. Aber Anfang des letzten Jahrhunderts lief dann die industriell in großen Mengen produzierte Kunstfaser der Wolle – egal in welcher Qualität – den Rang ab. Es dauerte bis Mitte der 1990er-Jahre, bis einige Schaffarmen in Neuseeland Merino wieder salonfähig machten.
1853 begann man im norwegischen Ålesund mit der Produktion von Wollpullovern für die lokalen Fischer.
1853 begann man im norwegischen Ålesund mit der Produktion von Wollpullovern für die lokalen Fischer.
Produziert in Europa
Im Laufe der Jahrzehnte wanderten große Teile der Textilproduktion in Europa in asiatische Niedriglohnländer ab. Nicht so bei Devold. Seit einigen Jahren betreibt das Unternehmen eine eigene Produktion in Litauen. Das garantiert, dass nahezu alle Produktionsschritte selbst kontrolliert und hinsichtlich Qualität und Arbeitsbedingungen optimiert werden können.
Von außen wirkt die graue Industriehalle auf halber Strecke zwischen Riga und Vilnius unauffällig zweckmäßig, innen jedoch zeigt sich ein völlig anderes Bild: Hier entsteht alles mit modernsten Maschinen unter einem Dach. Am Anfang steht ein Materiallager, in dem Abermillionen Meter aufgespultes Merinogarn auf ihren Einsatz warten. Das Garn wird in Tschechien gesponnen, nachdem die angelieferte Wolle zuvor in Bulgarien gewaschen wurde. In der nächsten Halle werden die Augen dann schon größer. Hier stehen Dutzende Strickmaschinen, die aus dem Faden Stoffe machen. Ruhig, aber beharrlich entstehen hier rund um die Uhr viele Quadratmeter Stoff, mal uni, mal mit Muster. Mitarbeitende überwachen den Prozess und legen ab und an eine Spule Garn nach, den Großteil der Arbeit erledigen jedoch diese Wunderwerke des Maschinenbaus. Einen Raum weiter erfolgen die Veredlung des Stoffes durch Dämpfen und Bügeln sowie der Zuschnitt. Auch hier übernehmen präzise Maschinen wieder den Löwenanteil. Alle Einzelteile werden dann mit einem Strichcode-Sticker versehen, bevor das Finale ansteht. Nebenan warten rund 100 Näherinnen darauf, aus den Teilen ein Kleidungsstück zu machen. Diesen Job kann kein Roboter und schon gar keine künstliche Intelligenz ersetzen. Hier zählen allein die Erfahrungen und Fingerfertigkeiten der Näherin – wie seit 1853. Im Anschluss werden die fertigen Stücke verpackt und in einem riesigen Kommissionierungslager vorgehalten. Hier wartet die Ware in über 65 000 Boxen darauf, dass sie auf Anforderung nach oben gespült und von kleinen Roboterwagen aufgelesen wird. Seit sie diese Anlage haben, so verrät Thor, der norwegische Fabrikleiter, hätten sie nur noch zwei Reklamationen bezüglich fehlerhaft gepackter Ware – pro Jahr.
Unsere Globetrotter Ausrüstungstipps aus dem Devold-Sortiment
Seit 2015 fertigt Devold in dieser umweltzertifizierten Fabrik in Litauen »Made in Europe«. In vollautomatischen Webmaschinen wird Garn zu Stoff, der eine Halle weiter verarbeitet wird.
Seit 2015 fertigt Devold in dieser umweltzertifizierten Fabrik in Litauen »Made in Europe«. In vollautomatischen Webmaschinen wird Garn zu Stoff, der eine Halle weiter verarbeitet wird.
Ode an die Wolle
Stolz der gesamten Produktion ist aber der Rohstoff selbst: die feine Merinowolle aus neuseeländischer Aufzucht. 34 handverlesene Farmen mit vielen Tausend Tieren arbeiten exklusiv für Devold. So müssen sie ihre Wolle nicht den schwankenden Preisen der Börse unterwerfen, sondern bekommen ein solides Fixum und bei besonders guter Qualität der abgelieferten Wolle noch einen Bonus. Dieses Wissen um die Herkunft der Naturfaser ist ein wichtiger Baustein in Devolds Sheep-to-shop-Philosophie, in der sich die Marke zu vollständiger Rückverfolgbarkeit und Transparenz in der Wertschöpfungskette verpflichtet. Den Rekord für das »dickste Fell« hält übrigens ein entlaufenes australisches Schaf namens Chris, das 42 Kilo Schurwolle auf den Rippen hatte, als man es fand. Im Idealfall sind es rund zehn Zentimeter feinster Wolle, die man den Tieren einmal im Jahr abschert. Für Devold kommen dabei aber nur bestimmte Körperpartien infrage. Dort kann die Wolle nahezu abriebfrei wachsen, was eine besonders feine Faser begünstigt.
Stolz der gesamten Produktion ist aber der Rohstoff selbst: die feine Merinowolle aus neuseeländischer Aufzucht. 34 handverlesene Farmen mit vielen Tausend Tieren arbeiten exklusiv für Devold. So müssen sie ihre Wolle nicht den schwankenden Preisen der Börse unterwerfen, sondern bekommen ein solides Fixum und bei besonders guter Qualität der abgelieferten Wolle noch einen Bonus. Dieses Wissen um die Herkunft der Naturfaser ist ein wichtiger Baustein in Devolds Sheep-to-shop-Philosophie, in der sich die Marke zu vollständiger Rückverfolgbarkeit und Transparenz in der Wertschöpfungskette verpflichtet. Den Rekord für das »dickste Fell« hält übrigens ein entlaufenes australisches Schaf namens Chris, das 42 Kilo Schurwolle auf den Rippen hatte, als man es fand. Im Idealfall sind es rund zehn Zentimeter feinster Wolle, die man den Tieren einmal im Jahr abschert. Für Devold kommen dabei aber nur bestimmte Körperpartien infrage. Dort kann die Wolle nahezu abriebfrei wachsen, was eine besonders feine Faser begünstigt.
Und so wird dann eben ein echter Hautschmeichler daraus, der noch mit weiteren Vorteilen punktet: Da Merino eine gewisse Menge an Feuchtigkeit speichern kann, wirkt es durch die damit einhergehende Verdunstungskälte temperaturregulierend. Einen weiteren Pluspunkt kann man auf der Devold-Homepage entdecken, wenn man rechts oben dem kleinen Reiter »Protection Wear« folgt. Da Merino auch feuerfest ist, schätzen etwa Beschäftigte in der Hochofenindustrie den Stoff und alle Formen von Schutzbekleidung daraus. Der vielleicht größte Merino-Vorteil – für die tragende Person, aber auch für die Mitmenschen – ist jedoch die Eigenschaft, dass die Feinwolle nicht so schnell Gerüche annimmt und man seinen Expeditionspartner darin auch noch nach drei Wochen gut riechen kann. Und während die Produktionsstätte in Litauen erst in den nächsten Jahren durch Solar- und thermische Energie klimaneutral werden soll, erfüllt Merino als Rohstoff viele Nachhaltigkeitskriterien schon seit Jahrhunderten: »Wolle ist biologisch abbaubar, erneuerbar und dadurch vergleichsweise umweltfreundlich«, weiß Craig Smith, Geschäftsführer der Devold-Niederlassung in Neuseeland. Er kontrolliert die Wollbeschaffung der Marke und sagt: »Wolle erfüllt alle Voraussetzungen für den Erfolg in einer Welt, die in Plastik zu ertrinken droht.«
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