Die schönsten Winterwanderungen entdecken

Faszination Winterwandern –
Was muss man beachten? 

Wandern ist zu jeder Jahreszeit großartig, aber das Winterwandern setzt dem Ganzen ein weißes Krönchen auf. Verschneite Wälder, in Reif gepackte Bergspitzen, klirrende Kälte und so viel mehr Stille – eine andere Welt! Hier erfährst du alles, was du wissen musst, damit deine Winterwanderung zum Hochgenuss wird.


TEXT & FOTOS: André Tappe

Was macht Winterwandern so besonders?

Winterwandern ist meditativ. Die Ruhe unterwegs ist überwältigend und die kalte Luft fühlt sich schon beinahe reinigend an, wenn sie tief eingeatmet wird und schließlich dampfend wieder zum Vorschein kommt. Und dann dieses Licht! Immer anders, immer neu. Vor allem in den Bergtälern liegt morgens meist noch dichter Nebel über den Wiesen. Das Gefühl, beim Aufstieg plötzlich den Dunst zu durchbrechen und über einer geschlossenen Wolkendecke zu stehen ist einfach unbeschreiblich – und ab Spätherbst gar nicht so selten. Die verschiedenen Abschnitte einer Bergwanderung im Winter erscheinen wie in sich geschlossene kleine Welten.

Welche Vorteile bietet das Wandern im Winter?

Wer im Winter wandert, kann selbst auf häufig begangenen Winterwanderwegen völlig neue Blickwinkel entdecken. Die Hausrunde wird zum Abenteuer. Je nach Schneelage ist die kleine Nachmittagstour vom letzten Sommer aber auch schnell eine ausgewachsene Tagestour mit ordentlich Trainingseffekt. Dicke Oberschenkel und viele neue Eindrücke sind am Abend garantiert.

Winterwandern für Einsteiger:innen – so fängt man an!

Du willst endlich auch im Winter losziehen? Dann gibt es hier den wichtigsten Tipp: Gehe am Anfang eine Tour, die du kennst und die nicht zu abgeschieden ist. Die Geheimtipps mit Minipfaden können ziemlich nerven. Da sind nämlich plötzlich keine Pfade mehr! Ging es jetzt rechts oder links zwischen den Bäumen durch? War das die Abzweigung, oder die Lücke weiter vorne? Fragen, die sich niemand bei einer entspannten Einstiegstour stellen will. Gehe lieber einen gut markierten Weg, den auch andere kennen. So hast du gute Chancen, dass bereits ein paar »Locals« gespurt haben.

Winterwanderung verschneite Landschaft Fluss

Die richtige Ausrüstung zum Winterwandern

Grödeln oder Spikes

Die müssen einfach in den Rucksack. Gerade wenn es einige Zeit nicht geschneit hat, verwandeln sich Waldwege zu schier endlosen Eisplatten. Das kann einem die Tour ganzschön versauen. Auch das kleine Rinnsal, das plötzlich einen dicken Eispanzer auf dem abschüssigen Wegstück gebildet hat, ist nicht nur lästig, sondern durchaus gefährlich. Am besten sind hier Spikes, die sich schnell über die Schuhe ziehen lassen. Die stören nicht beim Gehen und unangenehme Stellen können gefahrlos überbrückt werden. Ob Spikes, Grödel oder Steigeisen – hier erfährst du, womit du auf deiner nächsten Winterwanderung sicher unterwegs bist.

Wanderstöcke

Auch im Winter eine willkommene Unterstützung, die für viel Extrastabilität sorgt. Achte bei den Stöcken auf ein Teleskopmodell, dann lassen sie sich leichter verstauen, wenn du sie gerade nicht brauchst. Beim Winterwandern übrigens ganz wichtig: Schneeteller, die ein tiefes Einsinken im Schnee verhindern. Die gibt’s von den meisten Herstellern paarweise zu kaufen und sie sind einfach zu wechseln. Welche Wanderstöcke sich für deine Winterwanderung eignen, erfährst du hier.

Berg- oder Wanderschuhe

Da kommt es auf die Tour und das Empfinden an. Die Schuhe zum Winterwandern sollten natürlich wasserfest sein. Eine Membran, beispielsweise von GORE-TEX, hält auch bei langen Touren in nassem Schnee die Füße zuverlässig trocken. Eine isolierende Einlegesohle und ein paar warme Wandersocken sind häufig ausreichend, um warm zu bleiben.

Eine andere Möglichkeit sind spezielle Winter-Wanderschuhe. Die gibt es mittlerweile von fast allen namhaften Herstellern. Sie haben in der Regel eine etwas weichere Gummimischung und ein Schnee-Profil, so sorgen sie für besseren Grip. Außerdem sind sie zusätzlich isoliert, also nochmals deutlich wärmer am Fuß.

Hier ist es wichtig, zwischen Winterschuhen und Winter-Wanderschuhen zu unterscheiden. Vor allem die bekannten Canada-Boots von Sorel und Kamik sind hervorragend, um lange bei sehr tiefen Temperaturen draußen zu sein, bieten aber als Wanderschuh wenig Halt. Hier hat Meindl, Hanwag oder Lowa die tauglicheren Modelle im Angebot.

Stirnlampe oder Taschenlampe

Die Tage im Winter sind kurz. Falls die Tour doch mal länger ausfällt, als ursprünglich vermutet, gehört eine gute Lampe in den Rucksack. So muss nicht gleich in Panik verfallen werden und der Rückweg lässt sich gut finden. Eine Stirnlampe ist richtig praktisch, da sie die Hände freihält. Aber auch eine kleine Taschenlampe ist ein nützlicher Helfer in der Dunkelheit. Mehr dazu erfährst du hier in unserer Kaufberatung.

Schneeschuhe

Weit nach oben, oder abseits der Wege. Schneeschuhe vergrößern die Auflagefläche der Füße und sorgen so für Auftrieb. Das bedeutet nicht, dass man bei einem halben Meter frischem Pulverschnee nicht einsinkt, aber die Tiefe wird deutlich verringert. Zudem hilft die gebogene Schnauze der Schneeschuhe beim Gehen. Sie schwimmt in der Bewegung auf und holt den Schneeschuh ohne Mühe wieder nach oben. So wird das Gehen weniger kraftraubend.

Es gibt Schneeschuhe in verschiedenen Größen und Ausstattungen für gemäßigtes Gelände, aber auch für steile Bergregionen. Hier solltest du ganz ehrlich auf deine Bedürfnisse eingehen, dann macht es am meisten Spaß.

Wanderrucksack

Hier gibt es spezielle Wintermodelle mit Schneeschuh- und Skihalterungen sowie Rückenzugriff. Je nach Art deiner Schneewanderung genügt jedoch auch ein normales Modell. Ein Rucksack mit gut belüftetem Rücken und Tragesystem ist auf alle Fälle angenehm, denn mit einem nassgeschwitzten Rücken friert man schneller. Welcher Rucksack der richtige für deine Wanderung im Schnee ist, erfährst du hier.

Notfallset

Das Erste-Hilfe-Set nicht vergessen. Ein Sturz, eine tiefe Stelle im Schnee, ein verstauchter Knöchel – all das ist im Winter schneller passiert als gedacht. Kurzum, ein vollständiges Erste-Hilfe-Set gehört mit in den Rucksack. Ganz wichtig: Eine Rettungsdecke oder ein Biwaksack! Beide sind leicht, winddicht und reflektieren im Notfall die Körperwärme, verhindern also ein Auskühlen. Auch eine Powerbank gehört im Winter zur Notfallausrüstung. Der Akku deines Handys entlädt sich bei Kälte schneller als gewohnt.

Winterwandern Thermosflasche

Was zieht man im Winter zum Wandern an?

Gute Kleidung ist beim Schneewandern essenziell. Hier, wie bei den meisten Wintersportarten, ist ein durchdachtes Zwiebelsystem ideal, um auf alles vorbereitet zu sein. Schneetreiben, feuchte Kälte im Tal, kräftige Sonne beim Aufstieg und beißend kalter Wind in exponierten Passagen. Da gibt’s nicht »Eins für alles«.

Lange Funktionswäsche

Schnelltrocknend, wärmend und angenehm sollte die erste Schicht sein. Ein herausragendes Naturmaterial ist hier Merinowolle, aber es gibt auch sehr funktionale Kunstfaserwäsche. Die trocknet etwas schneller, Merino ist dafür deutlich geruchsneutraler.

Warme Wandersocken

Je dicker, desto wärmer. Das Material der Wahl ist Wolle. Vor allem Socken aus einem Kunstfaser-Merino-Mix können viel Feuchtigkeit aufnehmen und nach außen transportieren. So bleiben die Füße trockener und damit wärmer. Aber Achtung: Wenn du mit deinen Ganzjahres-Trekkingstiefeln auch im Winter wanderst, passt du mit zu dicken Socken womöglich nicht in die Schuhe. Welche Socken sich für deine Winterwanderung eignen, erfährst du hier. 

Wanderhose

Eine wasserabweisende, leicht isolierte Hose macht Sinn. Das kann ein Softshell-Modell, eine klassische gewachste Fjällräven G1000-Hose oder eine Hose aus modernen Funktionsmaterialien sein. Hauptsache der Schnee bleibt draußen. Sehr praktisch: Eine eingearbeitete Gamasche am Beinabschluss. Wobei es Gamaschen auch extra gibt.

Fleecepulli

Ein Klassiker der einfach dazugehört. Wobei sich Fleece natürlich auch weiterentwickelt hat. Man bekommt heute sehr dünne und leichte Fleecepullover und -jacken mit verblüffend guter Wärmeleistung. Darunter auch viele Hoodies. Durch leistungsstarke Stretchmaterialien liegen die Pullis am Körper an, ohne die Bewegungsfreiheit einzuschränken.

Isolationsjacke

Die Warme für oben. Isolationsjacken bleiben beim Aufstieg oft über weite Strecken im Rucksack, vor allem wenn im Februar und März schon die Frühlingssonne rauskommt. Aber oben, wenn ein eisiger Wind über die Kämme pfeift, oder während Pausen, ist die leichte Jacke mit Daunen- oder Kunstfaserfüllung unverzichtbar.

Hardshelljacke

Der zuverlässige Wetterschutz. Eine Hardshelljacke besteht aus mehreren Schichten. Einem robusten Außenmaterial, einer Membran und manchmal noch einer zusätzlichen Isolationsschicht. Sie ist atmungsaktiv, aber absolut wasser- und winddicht.

Handschuhe und Mütze

Kühlen Kopf bewahren? Nicht hier draußen! Die Mütze muss mit und sollte auch ordentlich Wind vertragen. Am besten ist ein Modell mit eingearbeitetem Fleece, da zieht nichts durch. Die Handschuhe sollten vor allem warm und wasserfest sein. Ihr seid lange draußen, da sind klamme Finger zu vermeiden. Vor allem, wenn es nach Sonnenuntergang so richtig eisig wird. Um deinen Hals und Nacken vor Kälte zu schützen, gehört auch ein Schlauchschal aus Fleece oder Merinowolle zur Grundausrüstung.

Winterwandern Wegmarkierung

Tourenplanung von Winterwanderungen – was ist zu beachten?

Wähle keine völlig unbekannte Route – Schnee verändert die Landschaft. Daher ist es vor allem zu Beginn wichtig, eine Tour zu wählen, die du bereits kennst. Es ist am Ende schade, wenn die Orientierung mehr Raum einnimmt, als der Naturgenuss.

Verausgabe dich nicht – Der Winter hält nicht selten Überraschungen bereit. Tiefschnee, Eis oder brüchiger Harsch. Das kann auf Dauer sehr kräftezehrend sein und deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen. Gehe daher Touren, bei denen du normalerweise im Sommer noch gut Reserven übrig hättest.

Behalte das Wetter im Blick – Ein Wetterwechsel im Winter hält nicht selten einen Temperatursturz bereit. Ist die Sonne weg sinkt das Thermometer rapide. Achte hier immer auf zusätzliche Kleidung, die du im Notfall schnell überziehen kannst. Auch starker Schneefall kann vor allem im weglosen und bergigen Gelände problematisch sein. Die Fußspuren sind innerhalb von Minuten zugeweht und die Sicht ist gleich null. Das Ergebnis ist völlige Orientierungslosigkeit. Bei unbeständigem Wetter, informiere jemanden in deinem Umfeld und gib nach der Tour kurz Entwarnung.

Packe etwas Warmes ein – Eine Thermosflasche mit heißem Tee ist ein echter Segen. Wärmt von innen, wenn nötig und tut einfach gut. Wenn du in den Tee noch etwas Traubenzucker und Kochsalz einrührst, hast du die perfekte Elektrolyt-Tankstelle.

Beachte Wildruhezonen – Was in den Forstwäldern der Tieflagen höchstens lästig für die Tiere ist, kann in den Bergen eine lebensbedrohliche Situation sein. Aufgeschrecktes Wild rennt davon und verausgabt sich im tiefen Schnee, oder verletzt sich. Außerdem ist das Nahrungsangebot hier extrem spärlich. Verbrauchte Kalorien sind schwer aufzufüllen. Daher keine ausgewiesenen Wildruhezonen betreten und das Verlassen der Wege in Bergwäldern vermeiden.

Lawinengefahr beachten – Wenn du im alpinen Gelände unterwegs bist, musst du, wie Skitourengeher auch, die Lawinensituation im Auge behalten. Das bedeutet, du checkst den Lawinenlagebericht vor der Tour und hältst dich zwingend von Gefahrenzonen fern. Zudem brauchst du die komplette Lawinen-Sicherheitsausrüstung, also Lawinenpiepser, Schaufel und Sonde und musst diese bedienen können.

Winterwanderung Alpenvorland

Traumziele – Wohin zum Wanderurlaub im Winter?

Frost, Reif, alles ganz schön, aber Winterwandern oder einen Wanderurlaub im Winter verbinden doch die meisten mit Schnee und davon bitte viel. Da gibt es in Deutschland vier besonders empfehlenswerte Regionen mit besten Schneechancen:

Der bayerische Alpenrand

Im südlichsten Bayern wird Deutschland steil und ragt bis knapp unter 3.000 Meter über den Meeresspiegel. Vor den hohen Alpenkämmen liegt vom Allgäu im Westen, bis zum Osten bei Berchtesgaden das Alpenvorland. Hier gibt es endlose Winterwander-Möglichkeiten, in Höhenlagen zwischen 1.000 und 2.000 Metern. Man kann auf eigene Faust starten, oder auf präparierten Winterwanderwegen auf Tour gehen. Allein die Region Oberstdorf bietet 140 km gesicherte Winterwege, die sich vom Tal bis in die höheren Lagen des Allgäus ziehen. 
Übrigens: Wenn’s lange richtig kalt ist, frieren viele Seen am Alpenrand vollständig zu. Wenn die Schlittschuhfahrer unterwegs sind, lässt sich auf den Seen auch Wandern und man erreicht völlig neue Ecken. Informiere dich hier, die Tourismusregionen geben oft Infos heraus, wenn die Eisdecke dick genug ist. Grundsätzlich erfolgt das Begehen des Eises auf natürlichen Seen auf eigene Gefahr und jedes Risiko sollte vermieden werden.

Bayerns wilder Osten: Der Bayerische Wald

Wer lieber durch endlose Wälder wandert, findet im bayerischen Wald perfekte Bedingungen. Vor allem die Wildnis des ursprünglichen Nationalparks ist im Winter ein ganz besonderes Erlebnis. Natürlich muss auch hier nicht auf Gipfelgenuss verzichtet werden. Allein im Arberland gibt es 18 Berge mit über 1.000 Meter ü.d.M. Der Große Arber erreicht sogar 1.456 Meter. Ambitionierte Ziele, aber sehr lohnenswert.

Deutschlands Südwesten: Der Schwarzwald

Er grenzt im Westen an die Rheinebene, eine der mildesten Regionen des Landes, ist aber selbst alles andere als mild. Der Schwarzwald mit seinen Natur- und Nationalparkregionen ist eine gewaltige Wetterbarriere mit über 1.500 Meter hohen Bergen. Also Fachjargon beiseite: Es schneit da oben wie Sau! Nicht umsonst kommen von hier einige der erfolgreichsten Skispringer, haben sie doch den ganzen Winter hindurch perfekte Schneebedingungen. Der Schwarzwald ist ein wahres Wintersportparadies! So finden sich hier auch sagenhafte 950 km präparierte Winterwanderwege. Ganz zu schweigen von den nicht präparierten.

Der steile Norden: Im Harz wird’s rau!

Er liegt gerade mal 250 km südlich von Hamburg und erreicht an seinem höchsten Punkt, dem Brocken, 1.141 m. Der Harz ist bei weitem die mächtigste Erhebung in Deutschlands Norden. Bedeutet, hier bleibt alles hängen, was an feuchter Luft vom Meer ins Inland kommt, steigt an den Hängen auf, kühlt ab und entlädt sich. Im Winter in den Höhenlagen als Schnee. Wer den skandinavischen Norden kennt und liebt, fühlt sich hier wohl. Oben auf den Kämmen sind die windgepeitschen Bäume nicht selten mit einer dicken Schnee- und Reifschicht eingepackt. Ein Paradies für Winterwanderer!

Na, Lust bekommen? Eine Region zum Ausprobieren für dich dabei? Dann schnüre die Wanderstiefel und los geht‘s!

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