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Von Pflanzen zu Performance:
Biobasierte Innovationen im Outdoor-Equipment 

Immer mehr Outdoor-Marken beginnen damit, fossile Kunststoffe durch biobasierte Materialien aus Holz und anderen nachwachsenden Rohstoffen zu ersetzen. Aber sind diese neuen Materialien wirklich besser für unseren Planeten? In diesem Guide untersuchen wir das Potenzial und die Problematiken von biosynthetischen Fasern und Biokunststoffen in funktioneller Ausrüstung der nächsten Generation.

In der sich ständig weiterentwickelnden Welt der Outdoor-Ausrüstung findet ein langsamer, aber deutlicher Wandel von fossilen Kunststoffen zu biobasierten Materialien statt. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber einer sticht besonders hervor: Biobasierte Materialien bieten eine erneuerbare Alternative zur Verwendung fossiler Ressourcen. In diesem Guide untersuchen wir den Bereich der biosynthetischen Fasern und biobasierten Kunststoffe und beleuchten ihre Anwendungen in Outdoor-Ausrüstung sowie die damit verbundenen ökologischen und ethischen Aspekte.

Biosynthetische Fasern: Eine Brücke zwischen Natur und Leistung

Das Europäische Komitee für Normung definiert biobasierte Produkte als Produkte, die „ganz oder teilweise aus Biomasse wie Pflanzen, Bäumen oder Meeresorganismen hergestellt sind. Biomasse kann Stoffe biologischen Ursprungs umfassen, ausgenommen Materialien, die in geologische Formationen eingebettet oder fossilisiert sind.“

Die weiteste Auslegung dieser Definition würde traditionelle Naturfasern wie Baumwolle oder Wolle einschließen. Im Zusammenhang mit Outdoor-Bekleidung wird der Begriff „biobasiert“ jedoch häufig verwendet, um sich spezifischer auf „Biosynthetics“ zu beziehen – eine Fusion aus natürlichen Rohstoffen und technischer Leistungsfähigkeit. Mit anderen Worten: Pflanzenmaterial wird mechanisch oder chemisch verarbeitet, um eine Faser mit ähnlichen oder identischen Eigenschaften wie herkömmliche fossile Kunststoffe herzustellen.

Wie Fasern auf Zellulosebasis hergestellt werden

Eines der bekanntesten Beispiele ist die Faser Tencel Lyocell, die aus Zellstoff aus FSC-zertifizierten und verantwortungsvoll bewirtschafteten Wäldern hergestellt wird. Hier wird in einem geschlossenen Kreislauf zunächst Zellstoff gewonnen, der dann chemisch zu einer viskosen Lösung aufgelöst, regeneriert und zu Fasern versponnen wird. Die resultierende Faser ist weich und glatt auf der Haut und daher besonders beliebt bei Marken wie Houdini und Tentree für ihre Basisschicht- und Activewear-Kollektionen.

Ein weiterer Innovator ist Spinnova, das ebenfalls Holzfaserstoff in Textilfasern umwandelt – allerdings ohne den Einsatz von Chemikalien. Stattdessen wird in einem mechanischen Verfahren das Holz zu einem Cellulosegel gemahlen, das dann zu Fasern extrudiert werden kann. Obwohl sich das Verfahren noch in der Skalierungsphase befindet, haben Marken wie The North Face, Bergans und Icebreaker bereits das Potenzial von Spinnova in ihren Produktlinien getestet.

Vorteile und Risiken von biosynthetischen Fasern in Outdoor-Bekleidung

Der Hauptvorteil von Biosynthetik liegt in ihrer erneuerbaren Herkunft und ihrem Potenzial, die mit der Produktion fossiler Fasern verbundenen Umweltauswirkungen zu reduzieren. So haben beispielsweise sowohl Spinnova als auch Tencel Lyocell einen relativ geringen CO2-Fußabdruck und sind recycelbar und biologisch abbaubar – sofern sie nicht mit nicht biologisch abbaubaren Fasern gemischt oder mit nicht abbaubaren Ausrüstungen oder Farbstoffen behandelt werden.

Die Einführung biosynthetischer Fasern ist jedoch nicht ohne Herausforderungen, und nicht alle biosynthetischen Fasern sind gleich. Es ist wichtig, die Art des Ausgangsmaterials – wie Holzfasern oder Mais – zu berücksichtigen, aus dem das Material gewonnen wird, sowie dessen spezifische ökologische und soziale Auswirkungen. Gibt es Nachhaltigkeitszertifizierungen? Ist die Produktion von fossilen Brennstoffen abhängig? Wurden Lebenszyklusanalysen durchgeführt?

Für Zellstoff bietet beispielsweise die NGO Canopy Leitlinien für eine waldfreundlichere Beschaffung. Mit anderen Worten: Die Beschaffung von Biosynthetik erfordert die gleiche Sorgfalt wie die Beschaffung herkömmlicher synthetischer Fasern.

Biobasierte Kunststoffe: „plastic is fantastic“ neu definiert

Wie biosynthetische Fasern werden auch biobasierte Kunststoffe vollständig oder teilweise aus pflanzlichen Quellen wie Mais, Zuckerrohr oder Rizinussamen gewonnen und bieten eine Alternative zu herkömmlichen Kunststoffen auf Erdölbasis. In der Outdoor-Ausrüstung werden diese Materialien in Produkten von Utensilien über Ausrüstungskomponenten bis hin zu Verpackungen verwendet.

Light My Fire, eine schwedische Marke, die für ihre langlebigen und tragbaren Outdoor-Koch- und Essgeschirre bekannt ist, stellt ihre gesamte Produktpalette auf biobasierte Kunststoffe um. Möglich wird dieser Wandel durch den Mass balance-Ansatz – ein System, bei dem biobasierte (z. B. Maisstärke) und fossile Rohstoffe während der Produktion gemischt werden, der Anteil an erneuerbaren Rohstoffen jedoch sorgfältig erfasst und anhand einer zertifizierten Berechnungsmethode bestimmten Produkten zugeordnet wird.

In ähnlicher Weise enthält die Stirnlampe Terra Scout H von Silva das Material Revo, eine Mischung aus recyceltem Kunststoff und Hanffasern. Damit ist sie laut Herstellerangaben die weltweit erste Stirnlampe, die fast vollständig aus biobasierten und recycelten Materialien besteht – wodurch der CO₂-Fußabdruck des Produkts im Vergleich zu herkömmlichen Kunststoffen um bis zu 90 % reduziert wird.

Sympatex hingegen nutzt landwirtschaftliche Abfälle, die nicht in Konkurrenz zur Nahrungskette stehen, um eine wasserdichte Membran herzustellen, die zu 25 % biobasiert ist. Dadurch werden die CO₂-Emissionen pro Kilogramm Polymer um 12 % gegenüber fossilen Alternativen gesenkt. Das Unternehmen plant, den Anteil erneuerbarer Rohstoffe als integralen Bestandteil seiner Strategie zur Erreichung seiner Klimaziele schrittweise zu erhöhen.

Vorteile und Herausforderungen von biobasierten Kunststoffen im Outdoordesign

Diese Beispiele zeigen, wie biobasierte Kunststoffe leicht in funktionelle Outdoor-Ausrüstung integriert werden können. Trotz dieser Fortschritte weisen biobasierte Kunststoffe jedoch bestimmte Probleme auf, die von Fall zu Fall geprüft werden müssen. Nicht alle sind biologisch abbaubar, und ihre Recyclingfähigkeit variiert, was die Abfallentsorgung am Ende ihrer Lebensdauer erschweren kann.

Darüber hinaus muss der Anbau von Rohstoffen für Biokunststoffe gegen die Lebensmittelproduktion und Landnutzungsbelange abgewogen werden, um unbeabsichtigte ökologische und soziale Auswirkungen zu vermeiden.

Es gibt mehrere Zertifizierungssysteme zur Validierung des Anteils biobasierter Materialien in einem Produkt, darunter „USDA Certified Biobased Product” und „OK Biobased”. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels gibt es jedoch kein weit verbreitetes Label, das eine verantwortungsvolle Beschaffung von Biokunststoffen garantiert. Aus diesem Grund ist es wichtig zu überprüfen, ob die Rohstoffe selbst von einer legitimen unabhängigen Zertifizierungsstelle validiert wurden.

Wie findet man sich im Dschungel der biobasierten Materialien zurecht?

Die Integration von biosynthetischen Fasern und biobasierten Kunststoffen in Outdoor-Ausrüstung ist ein proaktiver Schritt, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern, insbesondere in Produktanwendungen, in denen synthetische Eigenschaften nach wie vor erforderlich sind. Wie bei vielen neuen Technologien ist jedoch auch der Bereich der biobasierten Materialien weitgehend unreguliert und durch uneinheitliche Angaben gekennzeichnet.

Daher ist es für Verbraucher unerlässlich, sich nicht von unqualifizierten Marketingaussagen oder dem bloßen Vorhandensein eines „biobasierten” Labels beeinflussen zu lassen. Für die Hersteller ist es ebenso wichtig, dass die Umsetzung auf soliden Lebenszyklusanalysen und strengen Beschaffungsstandards basiert, um sicherzustellen, dass die Umstellung auf biobasierte Alternativen zu messbaren und überprüfbaren Umweltvorteilen führt.


Illustration: Padraig Croke
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