Bikepacking mit Kind: Von Barcelona nach Girona

Mit Gravelbikes, Anhänger und ihrer dreijährigen Tochter radeln Max und Ines von der Antoni-Gaudí-Stadt Barcelona bis ins Radsport-Mekka Girona – vorbei an Traumstränden und durch hügeliges Hinterland. Bikepacking mit Kind ist für die beiden zwar eine andere Art von Abenteuer als ohne, aber mindestens genauso schön. Wenn nicht sogar schöner.

Warum eigentlich Bikepacking mit Kind?

Bikepacking ist anders, seit wir Eltern sind. Früher wollten wir uns vor allem einer sportlichen Herausforderung stellen, zügig vorankommen und möglichst viel Strecke machen. Unsere Lust auf Bikepacking ist auch als Mama und Papa gleich geblieben, aber wir haben einen Gang zurückgeschaltet. So klischeehaft es klingt, unser Fokus liegt nun mehr auf der gemeinsamen Zeit als Familie und es geht uns darum, gemeinsam unterwegs zu sein.

Aus dieser Motivation brechen wir nur wenige Monate vor der Geburt unseres zweiten Kindes noch einmal zu einem Familienabenteuer im Dreierteam auf. Wir packen unsere Koffer und nehmen mit: unsere dreijährige Tochter Romy, zwei Gravelbikes und ein Anhänger. Unser Reiseziel ist Katalonien in Nordspanien. Wir träumen schon lange davon, nach Barcelona und Girona zu reisen und die Distanz zwischen den beiden Städten passt perfekt für eine kleine Mehrtagestour. Es ist unsere erste Reise nach Katalonien und wir sind gespannt.

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    Leere Strände im Februar.
  • Bikepacking-Barcelona-Girona
    Spielpausen am Strand müssen sein.
  • Barcelona-Girona-Bikepacking
    Immer an der Küste entlang.

Los geht’s nach Barcelona!

Mit einem Kleinkind und mit einer schwangeren Frau wollen wir auf der Reise keine Risiken eingehen und möglichst wenig Stress haben. Deswegen planen wir vorab alles so gut wie möglich. Wie transportiert man eigentlich zwei Bikes, einen sperrigen Kinderanhänger und zusätzliches Gepäck im Flugzeug? Was passiert mit den Gepäckstücken und Reisetaschen während wir auf dem Rad unterwegs sind? Diese und viele weitere Fragen bereiten vor der Reise Kopfschmerzen. Unsere zwei Räder und der Hänger passen zum Glück locker in unsere Flugtaschen. Zudem finden wir heraus, dass wir Koffer und Taschen für zehn Euro pro Tag in dem Hostel lassen dürfen, das wir für unseren ersten Tag gebucht haben. Perfekt. Nachdem wir in Barcelona gelandet sind, müssen wir nur noch unser ganzes Gepäck mit der U-Bahn und viel Muskelschmalz zum Hostel bringen. Dann kann es losgehen.

Tag 1: Von El Prat nach El Masnou – 40 km und 170 hm

Am ersten Tag testen wir zunächst unser Rad-Setup: Max zieht einen Radanhänger, in dem unsere Tochter gerne schläft. Wenn sie aber wach ist, möchte sie alles sehen und die Reise mit uns erleben. Dafür haben wir vorne einen Kinder-Fahrradsitz, der auf dem Rahmen von Max’ Gravelbike montiert ist, sodass Romy zwischen ihm und dem Lenker des Fahrrads sitzt. Diese Doppellösung hat sich für uns bewährt. Weil wir die Barcelona gerne in Ruhe erkunden wollen, setzen wir die tägliche Distanz und vor allem die Höhenmeter am ersten Tag eher gemäßigt an. Der kulturelle Anspruch ist am ersten Tag größer als der sportliche.

Barcelona ist eine absolut sehenswerte Stadt. Und wir radeln mit großen Augen und über einige Umwege auf den Spuren des spanischen Architekten Antoni Gaudí und sind begeistert von den Radwegen in Barcelona. Vor unserer Reise haben wir einen Dokumentarfilm gesehen, in dem es hieß, dass die Stadt eine der fahrradfreundlichsten der Welt ist. Umso spannender ist es nun, das mit eigenen Augen zu sehen. Romys Fokus liegt eher auf den im Februar recht leeren Stränden und den zahlreichen Spielplätzen. Wie glücklich sie ist, als sie das erste Mal über den Strand läuft. Kurz nach dieser Strandpause erreichen wir unser Etappenziel El Masnou.

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  • Barcelona-Girona-Bikepacking
    Die Altstadt.
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    Radeln macht hungrig.
  • Bikepacking-Girona-Barcelona
    Voll bepackt durch das spanische Hinterland.

Tag 2: Von El Masnou nach Vallgorguina – 42 km und 1120 hm

Nachdem wir uns am ersten Tag erfolgreich aus der schönen, aber sehr großen Stadt heraus navigiert haben und gut vorangekommen sind, wagen wir uns an Tag zwei auf Schotterstraßen im hügeligen Hinterland. Schon kurz nach dem Küstenörtchen El Masnou, in dem wir übernachtet haben, wird es anstrengend und die steile Straße bringt unsere Schenkel zum Glühen. Sogar Max mit seinem leicht überladenen Setup – Anhänger hinten, Romy vorne und nur einem Kettenblatt – ist schon beim ersten Anstieg gefordert. Und auch Ines kämpft mit der Steigung. Aber wir beißen durch und bringen die Hügel mit teilweise bis zu 15 Prozent Steigung hinter uns.

Die Anstrengung wird belohnt. Auf steile Anstiege folgen weite Panoramablicke und flotte Abfahrten. Auch Romy liebt das zügige Bergabfahren. Das Ziel des zweiten Tages ist eine Herberge in einem alten herrschaftlichen Gebäude, das versteckt und einsam an einer Landstraße liegt und einen schönen Kontrast zu den touristischen Orten bietet, die wir bisher gesehen haben.

Tag 3: Von Vallgorguina nach Tossa de Mar – 56 km und 680 hm

An Tag drei ändern wir unsere Route kurz vor der Abfahrt, um etwas Höhenmeter zu sparen und um länger am Meer zu sein. Es ist die richtige Entscheidung für uns alle. Die Costa Brava ist beeindruckend und auf jeden Fall eine Reise wert. Für uns, die wir in der Nähe der Alpen leben und das Meer selten sehen, ist es immer ein besonderes Gefühl, an einer Küste entlangzufahren. Wir radeln durch die Partyhochburgen Calella und Lloret de Mar. Jetzt in der Nebensaison ist hier niemand und die großen, leeren Sandstrände sind viel schöner als erwartet.

Nach einer ausgiebigen Mittags- und Spielpause im Sand fahren wir mit Rückenwind während Romys Mittagsschlafs im Anhänger weiter Richtung Norden. Und rollen (oder eher kriechen) über die steilen Hügel der felsigen Costa Brava dem Tagesziel entgegen: die wunderschöne Bucht von Tossa de Mar. Haben wir schon erwähnt, wie sehr wir die Nebensaison lieben? Auch in den sonst so touristischen Orten, ist es im Februar ruhig. So können wir die alte Festung oberhalb der Bucht ganz entspannt mit dem Fahrrad erkunden, ohne uns durch Menschenmassen quetschen zu müssen.

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    Pause mit Aussicht.
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    Endlich ein Eis.

Tag 4: Von Tossa de Mar nach Girona – 50 km und 610 hm

Das große Finale führt ins Radsport-Mekka Girona. Ein Ort, den wir schon immer mal sehen und erleben wollten. Ein Ort voller radelnden Kaffee-Fans. Girona ist für Rennradlerinnen und Gravel-Fanatiker, was Finale Ligure für Mountainbike-Begeisterte ist. Aber zuerst müssen wir noch die Strecke bis dorthin hinter uns bringen. Wir folgen der schönen Küstenstraße entlang der Costa Brava (die wir bei einer zukünftigen Reise unbedingt weiter erkunden wollen). Dann geht es auf der schönen und ruhigen Passstraße Carretera de Sant Grau d’Ardenya über den Berg. Ruhig bezieht sich hier auf Autos, denn unzählige Menschen auf dem Rennrad kreuzten unseren Weg, in bunter Kleidung, gut gelaunt, lachend und quatschend.

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Nach einem ausgiebigen Picknick auf der Passhöhe, fahren wir ganz entspannt wieder bergab, weg von der Küste ins Hinterland. Wir folgen der alten Bahnlinie Via Verde, die mittlerweile zu einer «Gravel-Autobahn» umgebaut wurde. Selbst für uns mit überladenen Rädern und dem Kinderanhänger sind die letzten Kilometer bis Girona leicht zu bewältigen. Nicht mehr lange, bis zu unserem wohlverdienten Eis. Bisher ist Romy mit uns vor allem durch Italien gereist. Daher war der Mangel an Eisdielen auf unserer bisherigen Route ein großes Thema. Man kann sich also ihre großen Augen vorstellen, als wir in der Gelateria Rocambolesc ankommen. Ein Eiscreme-Paradies für Jung und Alt, mit allen möglichen Geschmacksrichtungen und unendlich vielen bunten Toppings. Wir finden gleich nebenan ein Café, in dem wir einen perfekten Flat White serviert bekommen. Auf der kultigen, knallroten Brücke Ponte de les Peixateries Velles sitzen wir eisschleckend und kaffeeschlürfend und sind einfach glücklich. Kann eine mehrtägige Radtour schöner enden? Wohl kaum.

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    Zwischen Küste und Kultur.
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    Pause in kleinen spanischen Cafés.

Tag 5: Mit dem Zug zurück nach Barcelona

Max hat für unsere zwei »Ruhetage« in der vor Radfahrer:innen wimmelnden Stadt Girona das Spiel Radprofi-Bingo erfunden: Wer einen Radprofi als erstes erkennt, bekommt Punkte. Wenn der Radprofi uns sogar grüßt, gibt es doppelte Punktzahl. Romy trägt voller Stolz ihr »Fahrradtrikot« – ein T-Shirt mit der Aufschrift »Eat, Sleep, Cycle«. Unsere kleine Familie fügt sich damit gut in den vom Radsport geprägten Ort ein. Wir verbringen viel Zeit historischen Altstadt, sehen teure Rennräder und besuchen hippe Cafés, bevor wir mit dem Zug zurück nach Barcelona fahren. Mit dem Fahrrad und Anhänger im Zug zu reisen, ist deutlich entspannter, als wir dachten und gar kein Problem. Um die Reise abzurunden, gönnen wir uns eine weitere Sightseeing-Radtour der großartigen Stadt Barcelona. Für alle, die sich Barcelona mal in Ruhe anschauen wollen: Der Februar ist aus unserer Sicht der perfekte Monat dafür.

Natürlich verbringen wir auch wieder ein paar Stunden am Strand, bevor wir zurück zu dem Hostel in der Nähe des Flughafens radeln, wo wir unsere Koffer und Fahrradtaschen zu Beginn der Reise im freundlichen Hostel Mucha Masia gelassen haben. Nach einer letzten Nacht, noch mehr frittiertem Essen und mit einem starken Gefühl, dass wir bald wiederkommen werden, steigen wir in den Flieger Richtung Heimat.

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    Farbenfrohe Häuser in Girona.
  • Bikepacking-Girona-Barcelona
    Pausen am Spielplatz müssen sein.
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    Strahlender Sonnenschein im Februar.
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    Frisches Obst und Gemüse.

Fazit der Radreise von Barcelona nach Girona

Katalonien hat uns absolut begeistert: perfekte Fahrrad-Infrastruktur, schöne Sandstrände, unzählige Spielplätze, die freundliche Menschen und eine allumfassende Begeisterung für den Radsport. Und das alles bei warmem, sonnigem Wetter bereits im Februar. Diese besondere Reise wird uns definitiv für immer in Erinnerung bleiben. Wir genossen hier Familienzeit, entspanntes Radfahren und erkundeten gleichzeitig neue Orte – eine magische Kombination.

Tipps für die Abenteuer-Planung mit Kind

  • Die sportliche Herausforderung nicht in der Etappenlänge suchen. Mit Kindern muss man immer mal wieder an Spielplätzen, Eisdielen und am Strand anhalten. Das kostet viel Zeit. Wer Etappen zu lange plant, kommt am Ende gestresst und sehr spät am Ziel an. Wer sich trotzdem auspowern möchte: lieber steil bergauf mit mehr Höhenmeter und ohne E-Bike.

  • Pausen flexibel gestalten: Man sollte immer genug Essen für die ganze Familie dabei haben und sich nicht im Vorfeld auf bestimmte Essenszeiten und Zwischenziele versteifen. Bei uns gilt: Schlafenszeit = Powerhour. Das heißt, sobald die Kids im Hänger schlafen, wird nicht angehalten. Auch wenn wir an einem hübschen Café vorbeikommen.

  • Planung nach dem Grundsatz: So flexibel wie möglich, so vorbereitet wie nötig. Eine ganze Woche im Voraus zu buchen, kann sehr die Freiheit und Spontanität nehmen, die das Bikepacking ausmachen. Wir recherchieren Übernachtungsmöglichkeiten immer im Voraus, buchen aber erst am Tag davor oder spätestens am frühen Nachmittag des jeweiligen Tages. So sind wir zwar flexibel, kommen aber gleichzeitig nicht in die Verlegenheit bei Dunkelheit noch ein Bett zu suchen.

TEXT: Ines Thoma und Max Schumann

FOTOS: Max Schumann

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