Alles für dein nächstes Microadventure

Klaus, ich will raus!

Die einen sagen ­Microadventure, die anderen Overnighter – gemeint ist eine Tour ohne lange Anreise, aber mit Übernachtung draußen. Wie das gelingt und Spaß macht, erklärt Klaus Auen, Berater bei Globetrotter Köln.

Hallo Klaus, ich muss mal den Kopf frei kriegen – und möchte mit den Öffis in die Eifel, wandern und einmal draußen schlafen. Gute Idee?

Natürlich, nichts geht über ein kleines Abenteuer zwischendurch. In der Eifel gibt es auch sogenannte Trekkingplätze: Holzplattformen im Wald, wo man nach Voranmeldung legal ein Zelt aufstellen kann.

Ist irgendwo im Wald schlafen nicht erlaubt?

Wildes Zelten ist in Deutschland verboten, vor allem im Sinne von richtigem Camping. Eine Grauzone ist dagege­­n das kurzzeitige Biwakieren mit Tarp oder Hängematte. Um nicht vom Förster geweckt zu werden, sollte man vorher fragen. In Dorfladen oder Kneipe weiß man fast immer, wer für den regionalen Wald verantwortlich ist – und noch nie wurde es mir verwehrt, dort eine Nacht zu verbringen.

Okay, normale Wanderausrüstung habe ich. Was brauche ich zusätzlich für meine Nacht?

Fangen wir mit dem »Bett« an. Auf einer Holzplattform, aber auch auf dem blanken Boden, brauchst du eine gut isolierende Schlafmatte. Da wäre zum einen die klassische Schaumstoffmatte. Egal ob Steigeisen oder Holzsplitter von der Plattform, diese einfachen Matten sind beinahe unzerstörbar, dazu sehr leicht und preisgünstig. Allerdings sind Packmaß und vor allem der Schlafkomfort nicht so besonders. Man liegt schon recht spartanisch.
Daher bevorzugen die meisten eine moderne, luftgefüllte Unterlage, nämlich eine Isomatte oder eine Thermo-Luftmatratze. Die Isomatte hat einen komprimierten Schaumkern, der sich beim Entrollen dehnt und so Luft ansaugt, deshalb nennt man das Prinzip auch »selbstaufblasend«. Du musst nur etwas nachpusten. Je nach Dicke ist das sehr bequem.
Der Luxus schlechthin für Draußenschläfer sind Thermo-Luftmatratzen – die haben zwar keinen Schaumkern und müssen komplett mit Luft gefüllt werden, nehmen es in Sachen Komfort aber mit dem heimischen Bett auf. Es gibt rucksacktaugliche Modelle mit einer Dicke von 10 Zentimetern und mehr. Besonders die Seitenschläfer unter uns werden das lieben. Damit die Thermo-Matratzen auch gut isolieren, haben sie eine leichte Füllung aus Kunstfaser oder Daune. 

Aber muss ich bei so einer Dicke nicht ewig aufpusten? Oder brauche ich gar eine Luftpumpe?

Weder noch. Bei cleveren Modellen dient der Packsack als Pumpe: Man verbindet ihn mit dem Matratzenventil, bläst nur leicht ins offene Ende des Sacks, der sich so mit Luft füllt. Wen es interessiert: Hier wirkt der Bernoulli-Effekt. Dann rollt man die Öffnung zusammen und presst die Luft in die Matte. So gelingt das Aufpumpen schnell und komfortabel. Und: Das Innere der Matte bleibt weitgehend frei von Feuchtigkeit aus der Atemluft. Solche Feuchtigkeit kann nämlich gefrieren oder zu Schimmelbildung führen. Grundsätzlich ist es sinnvoll, die Matratze nach der Tour ausgerollt und mit geöffnetem Ventil austrocknen zu lassen.

Aufpumpen einer Matte mithilfe des Packsacks

Wie pumpt man ganz easy dicke Matten auf?
Mit angewandter Physik (Bernoulli-Effekt): leicht in den Pumpsack pusten, weitere Luft strömt von selbst in den Sack. Den Sack von hinten zurollen – die Matte füllt sich.

Kann ich Schaum- und Isomatte kombinieren?

Klar. Isolation und Komfort addieren sich. Das ist sinnvoll bei Wintertouren – aber auch, wenn du bei stabilem Wetter ohne Zelt draußen schlafen willst: Die Schaummatte als Unterlage schützt dann die Isomatte. Und selbst bei einem Loch in der Luftmatte bietet der Schaum Reserve für die Nacht.

Apropos Luftmatten-Loch: Ist das reparabel?

In der Regel ja. Das kannst du selbst machen oder in eine Globetrotter Werkstatt kommen.

Okay, Unterlage passt. Jetzt zum Schlafsack?

Genau. Die richtige Wahl hängt ganz simpel von der Jahreszeit ab. Gehst du bereits an Ostern, musst du noch mit Nachtfrost rechnen. Perfekt ist dafür der klassische Drei-Jahreszeiten-Schlafsack mit einer Komforttemperatur von minus 5 Grad. Ab Pfingsten und besonders im Juli und August, wenn die Nachttemperaturen nie unter die zehn Grad sinken, reicht ein leichter Sommerschlafsack.
Es kommt auch darauf an, wie kälteempfindlich jemand ist. Wer generell schnell friert, friert auch schnell im Schlafsack – und wählt dann besser eine Komforttemperatur, die fünf Grad unter der zu erwartende­­n Temperatur liegt.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Komforttemperatur und Extremtemperatur?

Die Extremtemperatur ist ein theoretischer Wert, der oft zusätzlich angegeben wird, sozusagen die Grenze zwischen Erfrieren und Überleben. Aber da wollen wir ja nicht hin, deswegen spielt bei Globetrotter nur die Komforttemperatur­­­ eine Rolle.

Die Gretchenfrage: Kunstfaser oder Daune?

Für den Allroundeinsatz ist eine Kunstfaser wie Polyester stressfreier. Polyester nimmt nur sehr wenig Feuchtigkeit auf und trocknet auch schnell wieder. Und etwas feucht wird der Schlafsack immer – sei es durch den Schläfer, der ja stetig Wasserdampf produziert, oder durch Kondenswasser im Zelt oder Tau im Freien. Kunstfaser steckt das gut weg und ist auch preislich erschwinglich.
Daune dagegen will stets gepflegt, aufgeschüttelt und getrocknet werden. Bei Nässe verklumpt sie und wärmt nicht mehr. Ihre große Stärke ist das geringe Gewicht bei bester Isolierung und minimalem Packmaß – das lohnt sich vor allem bei anspruchsvollen Touren und Minusgraden. Oder bei Expeditione­­n, wo jedes Gramm zählt.

Wie schütze ich mich nachts am schlauesten vor Wind und Wetter?

Mit Biwaksack, Tarp oder Zelt. Der Biwak­sack punktet bei Gewicht und Aufbau. Reinkrabbeln und fertig. Durch die mangelnde Belüftung bleibt jedoch viel Kondenswasser im System, es wird tendenziell feucht im Schlafsack. Für eine Nacht in der Eifel ist das okay, aber schwierig bei längeren Touren.
Ein Tarp ist eine als Regendach aufgespannte Zeltplan­­e – leicht und luftig. Du brauchst nur zwei Bäum­e oder Trekkingstöcke sowie ein paar Heringe zum Abspannen. Das Spannen sollte man vorab mal üben, bei Dunkelheit und eventuell Nieselregen ist man dann schneller fertig. Wer will, kann das Tarp auch mit einer Hängematte kombinieren – ob man darin gut schläft, sollte aber ebenfalls vorher getestet werden. Gerade Bauchschläfer haben oft Probleme.
Am komfortabelsten für deine Eifel-Nacht ist natürlic­­h ein kleines Zelt – so wie das Vaude Taurus UL. Es wiegt keine zwei Kilogramm, braucht nur wenige Heringe und bietet einer Einzelperson viel Platz. Zu zweit geht auch, aber dann muss man sich schon ein bisschen lieb haben.

Wie finde ich Plätze zum übernachten?

Im Globetrotter Blog empfehlen die Draußenschläfer Jana und Patrick legale Spots in ganz Deutschland, außerdem Apps für Zelt-Möglichkeiten bei netten Privatleuten.

Hurra, Meine MATTE hat einen R-Wert. Aber Was ist das?

Der R-Wert beschreibt den Wärmedurchgangswiderstand. Je höher der R-Wert, desto besser isoliert eine Matte. Die Angabe findest du im Globetrotter Onlineshop zu jeder Matte unter »Technische Details«. Der R-Wert 3,0 ist okay bis etwa null Grad, spezielle Wintermatten erreichen R-Werte über 7. Mehr Infos hier.

PlanE B: Tarp statt zelt

Minimales Gewicht, große Wirkung: Ein Tarp schützt vor Regen, Tau und Sonne, vor fremden Blicken und fiesem Seitenwind – und nimmt unterwegs in Kanu, Radtasche oder Rucksack kaum Platz weg. Alles über Tarp-Typen, Material und Aufbau-Techniken hier.

Thema Verpflegung. Zuletzt gab es in der Survivalshow »7 vs. Wild« über 14 Tage nur sehr wenig zu essen. Geht das auch anders bei meiner kleinen Eifel-Tour?

Aber sicher. Ich nehme immer einen kleinen Gaskocher mit, damit kann ich mir jederzeit Kaffee oder eine Mahlzeit heiß machen. Gut essen ist übrigens auch unter Survival-Aspekten wichtig: Wenn du abends heiße Nahrung und Kalorien zuführst, kannst du nachts mit deiner Körperwärme besser deinen Schlafsack heizen und frierst nicht.
Die einfachste Lösung für einen heißen Happen im Nirgendwo sind gefriergetrocknete Trekkingmahlzeiten. Man kocht Wasser auf, kippt es direkt in die Tüte und hat nach wenigen Minuten ein erstaunlich leckeres Abendessen am Start. Du brauchst also auch kein Feuer machen – was im Wald ohnehin oft und auch zurecht verboten ist.

Was genau hast du in deiner Küche dabei?

Den winzigen Primus Express Stove, eine kleine Gaskartusche und einen leichten Topf zum Kochen von Wasser, Tee oder Kaffee, dafür genügt schon ein Liter Topfvolumen. Dazu ein langer Löffel zum Umrühren und Essen. Ein Feuerstahl zum Zünden des Kochers – das klappt immer, wenn das Feuerzeug mal nass oder leer ist. Das war’s auch schon.

Und woher kommt das Wasser im Topf?

Gute Frage. Nur selten wird man direkt am Schlafplatz Trinkwasser aus dem Hahn haben – an den Trekkingplätzen in der Eifel übrigens auch nicht. Dann muss ich Wasser entweder mitbringen oder vorhandenes Wasser – etwa aus einem Bach – filtern. Da ist Planung wichtig. Man will abends nicht ohne Wasser dastehen – aber eben auch nicht den ganzen Tag literweise Wasser schleppen, und dann gibt es 500 Meter vom Camp entfernt einen Dorfbrunnen.
Es ist also clever, das Trinkwasser beim letzten Wasserhahn vor dem Ziel aufzufüllen. Das kann an Friedhöfen oder Tankstellen sein, oder man fragt nett bei einem Bauernhof. Für alle Fälle kannst du noch den Befree-Wasserfilter von Katadyn mitnehmen – der wiegt fast nichts und macht bei Bedarf nahezu jedes Teich- oder Flusswasser genießbar.

50 Gerichte auf der Speisekarte

Trekkingmahlzeiten? Keine Bange, das schmeckt viel besser, als es klingt. Unsere Favoriten: Chicken Tikka Masala, Daal mit Reis (vegan) und natürlich Mousse au Chocolat. Über 50 Gerichte findest du hier.

Kocher: Es muss nicht immer gas sein

Alternativen zum kompakten Gaskocher sind bei Overnightern zum einen Minikocher mit Brennstofftabletten, zum anderen Hobo-Kocher, die Holzreste verbrennen. Hier bekommst du alle Infos.

Welches Messer ist besser?

Multitool, Taschenmesser oder doch ein richtiges Outdoor-Arbeitsmesser mit feststehender Klinge? Im Blog zeigen wir alle Typen mit Vor- und Nachteilen, ­geben Tipps zur Anwendung und zum Schärfen.

Das muss mit: Alles für deinen nächsten Overnighter.

Einmal alles bitte: Mehr als 10 Kilogramm muss
man dennoch nicht schleppen. Danke, Klaus.

Lohnt es, auch ein Multitool einzupacken?

Für ein 24-Stunden-Microadventure ist das nicht zwingend, aber grundsätzlich ist ein Tool wie das Leatherman Signal eine feine Sache – man hat stets einen kleinen Werkzeugkasten dabei. Die Zange reparier­­t den Reißverschluss, das Messer schneidet Käse, die Säge macht aus einem toten Ast einen Ersatzherin­­g. Sogar ein Feuerstahl ist eingebaut.

Und eine Taschenlampe?

Eine Stirnlampe ist Pflicht. In Mitteleuropa wird es selbst im Juni noch recht früh dunkel. Und bei Overnightern plant man ja oft eine späte Ankunft und einen frühen Start. Es sollte auch eine Stirn­­lampe sein, damit du beim Lagermachen die Hände frei hast. Moderne LED-Lampen wiegen praktisch nichts und lassen sich über diverse Leuchtmodi an die Anforderung anpassen: viel Licht zur Wegsuche, wenig Licht zum Lesen – oft auch ein Rotlicht für den schnellen Blick auf die Karte, ohne dass sich dabei die Augen auf grelles Licht umstellen müssen.

Was muss noch in deinen Rucksack?

Das Smartphone ist Navi, Kamera und Walkman in einem, aber auch die Notrufsäule bei Problemen. Deswegen sollte eine Powerbank als Stromreserve mit. Ansonsten habe ich je nach Tour noch Ersatzklamotten dabei und natürlich einige Leckereien: etwas Kaffeepulver, eine kleine Frenchpress-Kanne, Trockenfrüchte, haltbarer Käse, eine Dauerwurst und manchmal kommt sogar eine schöne Flasche Wein fürs Après-Trekking in den Rucksack.

Rucksack richtig packen und einstellen

Jede Menge Fächer und ­Riemen hat ein Rucksack
– und alle haben tatsächlich einen Sinn! Was wohin kommt, wie man die Last ergonomisch verteilt und dann fast unbeschwert wandert, erfährst du hier.

Alles klar. Aber welchen Rucksack nehme ich nun für einen Overnighter?

Wenn du einen klassischen Trekkingrucksack mit 70 Litern oder mehr Volumen hast, kannst du den natürlich nehmen. Aber dann pass beim Packen auf: Vorhandenes Volumen wird ja tendenziell genutzt – also ein zu großer Rucksack gerne mit unnützem Zeug vollgestopft. Wenn du mehrere Optionen hast: Leg erst das komplette Gepäck aus – und wähle dann den passenden Rucksack dazu. Ideal für deine Eifel-Nacht wäre ein Tourenrucksack mit 35 bis 50 Litern. Die sind für alpine Wanderungen konstruiert, kompakt und lassen viel Bewegungsfreiheit, trotzdem bieten sie ein vollwertiges Tragesystem für Lasten bis etwa 15 kg – mehr sollte es bei einem Overnighter auch keinesfalls sein.

Und was wiegt mein Eifel-Rucksack jetzt genau?

Schuhe und Wanderklamotten hast du an, auf dem Rücken trägst du – inklusive Ersatzkleidung, Proviant und dem Rucksack selbst – 10 kg. Geht doch.


TEXT UND FOTOS: Michael Neumann

Dieser Beitrag ist Teil des

Globetrotter Magazin #33, Frühjahr/Sommer 2024

Das Globetrotter Magazin #33 ist da: Auf Bikes nach Afrika? Campen in Schweden? Paddeln in Raja Ampat? Wohin auch immer, hier geht es los.
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