Aus Abfall wird Ausrüstung: Outdoor-Marken setzen auf wiederverwertete Fasern

Industrieabfälle türmen sich auf Deponien und in Ökosystemen auf der ganzen Welt. Wir stellen euch einige Outdoor-Initiativen, Lieferanten und Marken vor, die diese ungenutzten Ressourcen für ihre Produkte wiederverwenden.

Viele Menschen sind mittlerweile mit dem Thema Textilabfälle vertraut. Weltweit wird nur ein sehr geringer Teil der Altkleidung gesammelt, und nur ein winziger Bruchteil davon wird derzeit recycelt. Zwar gibt es vielversprechende Entwicklungen, doch wird ein flächendeckendes Recycling von Textilien wahrscheinlich noch einige Jahre auf sich warten lassen. Wenn Marken diese vorhandenen Abfälle recyceln und in neue Produkte umwandeln, können sie den ökologischen Fußabdruck ihrer eigenen Kollektionen (z. B. Kleidung, Ausrüstung) verkleinern, also weniger Ressourcen und Energie verbrauchen. Gleichzeitig helfen sie dabei, den Müll auf unserem Planeten zu reduzieren, weil dieser Abfall nicht verbrannt oder deponiert wird, sondern in sinnvolle Produkte zurückfließt.

Wiedergewonnene synthetische Fasern in Outdoor-Bekleidung

Polyester

Polyester ist aufgrund seiner Festigkeit, Fähigkeit zum Feuchtigkeitstransport und schnellen Trocknung nach wie vor ein wichtiger Bestandteil von Outdoor-Textilien. Recyceltes Polyester, das häufig aus PET-Flaschen gewonnen wird, hat aufgrund der Reduzierung des Verbrauchs fossiler Rohstoffe an Bedeutung gewonnen. Lieferanten wie Repreve bieten Fasern für Kollektionen von The North Face und Vaude an. Es gibt jedoch Bedenken dagegen, dass lebensmitteltaugliches PET (also PET-Kunststoff, der z. B. für Getränkeflaschen verwendet wird), für Textilien verwendet wird. Denn: Aus PET-Flaschen können theoretisch immer wieder neue Flaschen hergestellt werden. Bei der Herstellung von Textilien aus PET werden häufig weitere Kunststoffe beigemischt, so dass diese nicht wieder recycelbar sind.

Parley for the Oceans sammelt in über 30 Ländern Plastikmüll an Küsten und verwandelt ihn über Partner wie PrimaLoft in funktionelle Textilien. Seaqual Initiative und Bionic Yarn verfolgen ähnliche Modelle und arbeiten mit der Fischereiindustrie und Küstengemeinden zusammen, um Plastikmüll zurückzugewinnen. Diese Bemühungen unterstützen die Kreislaufwirtschaft, indem sie einen wirtschaftlichen Wert für Abfälle schaffen, die sonst die Meeresökosysteme verschmutzen würden. Ihr Erfolg unterstreicht die Notwendigkeit von Inputs über den Flaschenstrom hinaus, insbesondere da Marken unter Druck stehen, auf Recyclingfähigkeit zu achten und die Abhängigkeit von Einwegmaterialien zu reduzieren.

Nylon

Die hohe Zugfestigkeit und Abriebfestigkeit von Nylon machen es zu einem beliebten Material für viele technische Outdoor-Anwendungen, von Klettergurten bis hin zu Regenjacken. Diese Eigenschaften haben auch zu einer breiten Verwendung in anderen Branchen geführt, und es gibt zahlreiche Abfallströme, die auf ihre Wiederverwertung warten. Econyl von Aquafil, das in Outdoor-Performance-Marken wie Garmont zu finden ist, verwandelt zurückgewonnene Teppiche, Stoffreste und andere Industrieabfälle in regeneriertes Nylon, das laut Hersteller unendlich oft recycelt werden kann.

Die Festigkeit von Nylon macht es auch beliebt für Marineausrüstung – insbesondere Fischernetze –, die manchmal als Geisternetze enden und durch ihre Drift in den Meeresströmungen immense Schäden an der Meeresfauna verursachen können. Gebrauchte Fischernetze stellen einen enormen potentiellen Input für recyceltes Nylon dar. NetPlus, entwickelt von Bureo, sammelt ausgediente Fischernetze an den Küsten Südamerikas und verarbeitet sie zu vollständig rückverfolgbaren, vollständig recycelten Fasern und Komponenten, die von Marken wie Patagonia verwendet werden.

Ausgediente Fischernetze von den Küsten Südamerikas werden zu Nylon für Textilien recycelt.

Foto: Jürgen Westermeier / Bureo

Wiedergewonnene Naturfasern in Outdoor-Bekleidung

Die Entwicklung von Lösungen aus recyceltem Nylon und Polyester signalisiert einen Wandel nicht nur in der Beschaffung, sondern auch in der Art und Weise, wie Marken im Hinblick auf langfristige Materialkreisläufe designen. Doch während die Outdoor-Branche den Einsatz von wiedergewonnenen Kunststoffen ausweitet, richtet sich das Augenmerk auch auf die Rückgewinnung von Naturfasern mit vergleichbarer Leistungsfähigkeit.

Daunen

Daunen bieten ein außergewöhnlich gutes Wärme-Gewichts-Verhältnis und eine hohe Komprimierbarkeit, was sie für Outdoor-Bekleidung und Schlafsäcke für kalte Wetterbedingungen unverzichtbar macht. Da Daunen auch in Alltagsgegenständen wie Bettdecken und Kissen verwendet werden, lassen sie sich relativ einfach in großem Maßstab zurückgewinnen und wiederverwenden. Das RENU-Programm von Allied Feather & Down sammelt gebrauchte Daunen, reinigt und sterilisiert sie und testet sie anschließend, um die hohen Füllkraftstandards von Marken wie Nemo zu erfüllen. Re:Down verfolgt ein ähnliches Modell und gewinnt Federn aus ausrangierten Bettwaren und Bekleidung zurück, um sie als Füllmaterial für Daunenjacken von Marken wie Mammut zu verwenden.

Dank gut ausgebauter Sammelsysteme und Lieferketten ist recyceltes Daunenmaterial heute eine der am besten skalierbaren wiedergewonnenen Naturfasern in der Outdoor-Branche. Dies hat es einigen großen Outdoor-Marken wie beispielsweise Rab und Mountain Equipment ermöglicht, ganze Kollektionen aus recyceltem Daunenmaterial zu entwickeln, das zunehmend in Mainstream-Funktionsbekleidung verwendet wird. 

Auch Globetrotter hat 2024 eine Daunenjacke von Mountain Equipment entwickelt und in seinen Stores sowie online verkauft, die mit gesammelten Daunen der Globetrotter-Kund:innen gefüttert wurde. 

Neben der Wiederverwendung von Abfällen hat recyceltes Daunenmaterial auch den Vorteil, dass es die Nachfrage nach Daunen von lebenden Tieren reduziert und zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks von isolierter Bekleidung beiträgt.

Wolle

Wolle ist bekannt für ihre hohe Isolierfähigkeit, Atmungsaktivität und Geruchskontrolle – Eigenschaften, die sie für Unterwäsche, Midlayer und sogar Oberbekleidung geeignet machen. Recycelte Wolle wird bereits häufig aus Produktionsabfällen und Altkleidern zurückgewonnen. Sie wird in der Regel mechanisch zerkleinert und zu neuen Garnen versponnen oder zu Stoffen gewebt. Damit ist Wolle eines der wenigen Beispiele für erfolgreiches Textil-zu-Textil-Recycling, das es heute gibt, wobei Manteco zu den bekanntesten Anbietern zählt. Marken wie Finisterre haben begonnen, diese recycelte Wolle in ausgewählte Produkte zu integrieren, wodurch sie ihren CO2-Fußabdruck reduzieren und gleichzeitig die Leistungsmerkmale der Faser erhalten.

Ein Teil der Wolle gelangt jedoch nie in die traditionellen Textillieferketten. Lavalan sieht darin eine verpasste Chance und gewinnt aus europäischen Schafzuchtbetrieben geringwertige Wolle zurück, die sonst weggeworfen oder kompostiert würde, und verarbeitet sie zu atmungsaktiver, funktioneller Isolierung. Das Ergebnis ist ein Material, das mit synthetischen Isolierungen in Oberbekleidung und Bettwaren konkurriert und gleichzeitig ein landwirtschaftliches Nebenprodukt verwertet. Es wird von Outdoor-Marken wie Fjällräven verwendet. Sowohl wiedergewonnene als auch recycelte Wolle bieten eine umweltfreundlichere Alternative und tragen dazu bei, die Lebensdauer und den Wert eines ansonsten ressourcenintensiven Materials zu verlängern.

Der koventionelle Anbau von Baumwollte geht mit hohen Kosten für die Umwelt einher.

Foto: Emma Dau / unsplash

Wie geht es weiter mit wiedergewonnen Materialien?

Angesichts der riesigen Mengen an recycelbaren Abfällen und der bereits bestehenden effektiven Sammelsysteme für viele Materialien bieten wiedergewonnene Fasern einen vielversprechenden Weg, um Abfall und andere Umweltauswirkungen in der Outdoor-Branche deutlich zu reduzieren.

Die Skalierbarkeit bleibt jedoch ein ständiges Hindernis. Ob aufgrund begrenzter Lieferketten, Faserverlust oder hoher Kosten – viele geschlossene Kreislaufsysteme sind in großem Maßstab nach wie vor nicht praktikabel. Und während einige Lösungen Fortschritte in Richtung kommerzieller Rentabilität zeigen, bleiben andere Nischenprodukte oder sind für eine breite Einführung zu kostspielig.


Text & Illustration: Jonathan Eidse
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