10 Fragen an Dirk Rohrbach
Der langjährige Vortragsreferent verbringt seit Jahrzehnten viele Monate pro Jahr in den USA und lässt sich seine Begeisterung für Land und Leute auch von der neuen Regierung nicht vermiesen.
Dirk Rohrbach, 1968 in Hanau geboren, ist Fotograf und Abenteurer. Er zählt mit seinen preisgekrönten Live-Reportagen zu den renommiertesten und erfolgreichsten Vortragsreferenten. Seine fotojournalistischen Projekte wurden mehrfach prämiert und verfilmt. Dirk war Protagonist der TerraX-Produktion »Abenteuer Alaska« im ZDF und bei den arte-Fünfteilern »3000 Kilometer Yukon« und »6000 Kilometer westwärts«. Dirk ist Autor mehrerer Bücher, die bei Malik und National Geographic veröffentlicht wurden. Seit mehr als 30 Jahren bereist der promovierte Arzt intensiv Nordamerika und engagiert sich mit seinem Verein Tatanka Oyate für die Rettung der Sprachen der amerikanischen Ureinwohner. Er pendelt ohne festen Wohnsitz zwischen Amerika und Deutschland.
Aber klar. Ich lass mir doch von einem Mann im Weißen Haus nicht mein Amerika schlecht machen. Die grandiosen Landschaften, die Weite, die Wildnis und die herzlichen, gastfreundlichen Menschen bleiben ja. Also gibt es auch künftig unendlich viel zu entdecken und der Faszination, die von diesem riesigen, vielfältigen Land ausgeht, zu folgen.
Am Anfang war es vor allem die wilde Natur, die wir in Europa so gar nicht kennen. Die Prärie, die Wüste, aber auch die Berge. Die Rocky Mountains kommen ja ganz anders daher als zum Beispiel die Alpen.
Bei meiner Arbeit geht es mir aber vor allem um die Begegnung mit den Menschen, die ihr Ding machen. Und davon gibt es in Amerika erfrischend viele, Großträumer, Visionäre, Pioniere. Den Austausch mit ihnen finde ich unglaublich inspirierend.
Ganz ehrlich, Amerika war schon immer ein irgendwie gespaltenes Land mit tiefen Gräben zwischen den Fronten. Aber durch die Präsenz und die Lautstärke vor allem der Sozialen Medien wirkt es heute halt extremer.
Im Alltag der Menschen spielt das jedoch kaum eine Rolle, auch weil das föderale System in Amerika noch viel ausgeprägter ist als bei uns. Da zählt vielmehr, was auf Ebene der einzelnen Staaten oder noch konkreter in der Stadt oder Gemeinde passiert. Und wenn’s wirklich drauf ankommt, hilft jeder jedem, wie eigentlich überall auf der Welt.
Ich finde ja, dass wir in Europa, vor allem in Deutschland, das Glas immer noch zu oft halb leer sehen. Für die Amerikaner ist es meist halb voll, also trauen sie sich.
Dort überlegt man eher, was man tun muss, um sein Ziel zu erreichen und sucht nicht nach Problemen, die etwas scheitern lassen könnten. »Dream big and go for it!« Und das ist nicht bloß eine Plattitüde. Ich finde diese Herangehensweise in jedem Fall inspirierender als mitteleuropäische Bedenkenträger, die nur im Weg stehen😉
Ja, Reisen ist teurer geworden, vor allem Motels und Hotels, aber mitunter auch Campgrounds. Am günstigsten geht’s weiterhin mit Zelt und aus eigener Kraft, zu Fuß, mit Rad oder Boot.
Dabei erlebt man das Land auch viel intensiver, entschleunigt, kriegt schnell Kontakt zu den Menschen. Plattformen wie »Warm Showers«, vor mehr als 30 Jahren in den USA ins Leben gerufen, vernetzen zum Beispiel Radfahrer in Amerika und weltweit, inklusive Einladung zur Übernachtung und oft auch zum Dinner.
Punktum: Amerika bleibt ein Paradies für Outdoor-Fans, wo jeder Platz hat. Zumindest außerhalb der Hochsaison 😉
In Amerikas ist das Trinkgeld ja seit jeher Teil des Gehaltsmodells für Menschen in der Serviceindustrie. Die Löhne liegen oft auf Minimalniveau, und erst durch »Tips« wird’s dann hoffentlich halbwegs rentabel. 15 bis 20 Prozent sind in den USA mittlerweile Standard. Je nach Service halte ich mich zum Beispiel im Restaurant auch daran.
So »green« bin ich ja nach mehr 35 Jahren Reisen in Amerika nicht mehr 😉 Aber grundsätzlich sind Amerikaner unfassbar offen, herzlich und gastfreundlich. Und Deutschland lieben die meisten, weil sie entweder deutsche Vorfahren in der Familie haben oder mindestens einmal auf dem Oktoberfest gewesen sind.
Statistisch gesehen sind New York, Florida und die Westküste die Topdestinationen für Neulinge. Das macht für den Einstieg auch total Sinn, hier findet man »America at it’s best«.
Ich mag auch »Small Town America« sehr, also das kleinstädtische, ländliche, unbekannte Amerika im Herzland, rechts und links vom Mississippi. Da ist man als Besucher eher selten und sehr willkommen. Die Landschaft da ist vielleicht nicht immer so grandios wie zum Beispiel im Westen, aber die Geschichten und Menschen lohnen total.
Absolut. In Nashville hatte ich sogar mal ein Haus, vermietet. Und als die Mieter dann auszogen, war ich noch nicht soweit und hab’s wieder verkauft.
Die Amerikaner fragen mich oft, wo’s mir am besten gefällt. Fiese Frage. Aber irgendwie zieht es mich dann doch immer wieder gen Westen, Colorado, Oregon, Montana, Wyoming und vor allem Alaska.
Zum einen arbeite ich seit 2017 an meinem Langzeitprojekt »50 States«. Ich will alle Staaten der USA porträtieren, durch die Menschen, denen ich begegne. Einen ARD-Podcast dazu gibt es schon, Buch und große Vortragstournee folgen wohl 2026, wenn Amerika 250 Jahre alt wird. Außerdem möchte ich meine Flusstrilogie abschließen und nach dem Yukon und dem Missouri noch den Mississippi von der Quelle bis zum Meer paddeln. Und mir schwirrt schon seit Jahren ein Motorradprojekt durch den Kopf. Ich habe von meinem Onkel eine 1954er NSU Lux geerbt, die ich gerade restauriere. Mit der vom südlichsten Punkt Amerikas in Key West, Florida bis zum nördlichsten an der Prudhoe Bay in Alaska zu fahren, klingt extrem verlockend …
INTERVIEW: Michael Neumann
FOTOS: Archiv Dirk Rohrbach