Dass Ausrüstung auch optisch gefällt und Frau sich damit wohlfühlt, gehört heute zur Freude am Produkt dazu – Alix von Melle (links) und Silke Sorgalla (rechts)
Silke Sorgalla und Alix von Melle haben in den 90er Jahren im Bekleidungsverkauf bei Globetrotter Hamburg angefangen. Heute ist Silke als Produktmanagerin für technische Bekleidung für die Auswahl des Sortiments zuständig. Alix ist Pressesprecherin von Globetrotter – und nebenbei Deutschlands erfolgreichste Höhenbergsteigerin (sieben 8000er zwischen 2006 und 2017).
Silke, Alix – wenn ihr an eure Anfänge denkt, was fällt euch da zum Thema Frauen-Ausrüstung ein?
Silke: (lacht) Dass es eigentlich keine gab. Nur Männerausrüstung in Größe S.
Alix: Die meisten Klamotten hingen sackartig am Körper runter. Nichts passte wirklich. Ebenso bei Spezialausrüstung wie Skitourenstiefeln, da blieben Frau auch nur die kleinsten Männergrößen. Für schmale Frauenfüße waren Blasen regelrecht vorprogrammiert. Die einfachen Alternativen hießen: aushalten oder gleich zuhause bleiben …
Wie hat sich das verändert?
Silke: Das haben nicht zuletzt die Frauen selbst angeschoben. Einen sehr wichtigen Schritt hat damals die schweizerische Outdoor-Marke Wild Roses getan. Eine Marke von Frauen für Frauen. Mit neuem Blick, neuen Ideen und neuen Lösungen. Danach zogen etablierte Marken nach. Jack Wolfskin etwa kam dann recht schnell mit einer brauchbaren Kollektion.
Und dann ging es schlagartig?
Silke: Teils, teils. Einige Hersteller arbeiteten erst mal nach der Methode »pink it and shrink it«. Also einfach Männerteile in vermeintlichen »Frauenfarben« und kleineren Größen rausbringen. Und gerne wurden sinnvolle Features weggelassen, die bei den Männern normal waren.
Was für Features meinst du?
Silke: Zum Beispiel die Unterarm-Reißverschlüsse bei Alpinjacken. Die brauchst du zur zusätzlichen Belüftung, wenn du bei Regen unterwegs bist und stark schwitzt. Offenbar dachte Mann, dass Frau sowas ohnehin nicht tut.
Alix: Es gab auch Marken, die das Thema richtig angegangen sind, so zum Beispiel Deuter mit den SL-Rucksäcken. Da sitzt jeder Gurt, jedes Polster an der richtigen Stelle. Und ein firmeneigenes Frauenteam ist maßgeblich in die permanente Weiterentwicklung involviert. Oder nimm meinen Klettergurt: In dem kann ich fast ewig sitzen und hängen, weil er für die weibliche Anatomie designt wurde. Die Unisex-Gurte früher haben immer gezwickt und gedrückt.
Ist die Anatomie also das Hauptkriterium?
Alix: Nicht nur. Wichtig ist, dass ein Produkt von vornherein auf die Bedürfnisse der Frauen ausgerichtet wird. Bei Schlafsäcken etwa gibt es inzwischen schmalere, anatomisch passende Grundschnitte, die mit einer besser isolierenden Fußbox kombiniert sind – der Schlafsack ist somit wärmer, und das bei gleichem oder sogar weniger Gewicht.
Silke: Da hat Alix recht. Am Anfang muss die Idee stehen; Schnitte, Material, Haptik oder Farben sind Mittel zur Umsetzung. Inzwischen ist das Angebot sehr breit und oft auch sehr gut.
Gilt das auch für die Optik?
Alix: (lacht) Allerdings. Früher war ich froh, wenn etwas passte, Aussehen und Farbe waren piepegal. Das hat sich geändert. Dass mir etwas optisch gefällt und ich mich damit wohlfühle, gehört jetzt zur Freude am Produkt dazu.
Haben sich auch die Frauen verändert?
Alix: Frauen haben bei der Ausrüstung keine Nachteile mehr, und das nutzen sie auch.
Silke: Der Frauenanteil bei den Globetrotter-Kunden ist größer geworden, und Frauen decken sämtliche Aktivitäten ab, vom Gassi-Gehen übers Traveln und Wandern bis zur Hardcore-Expedition. Frauen tun draußen dasselbe wie Männer.
Besteht bei der Ausrüstung noch irgendwo Verbesserungsbedarf?
Silke: In den Größen XS und S geben sich die Bekleidungskollektionen kaum Blößen. Aber wenn Frau nicht ganz der Norm entspricht, also kleiner, größer, dünner oder kräftiger ist, hat das Angebot Luft nach oben. Wir sind deswegen ständig in Gesprächen mit Designern und Herstellern. Das schaffen wir dann auch noch.
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